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Flugreisen: Klimawissenschaftler fliegen öfter als andere Forscher

Im Durchschnitt reisen Klimaforscher jährlich häufiger mit dem Flugzeug als andere Wissenschaftler. Das zeigt eine Umfrage. Gleichzeitig strengen sie sich mehr an, ihre Emissionen auszugleichen.
Auch Klimaforscher fühlen Flugscham.

In den vergangenen Jahren hat eine wachsende Zahl von Klimaforschern die bewusste Entscheidung getroffen, ihren Kohlendioxid-Fußabdruck zu reduzieren, indem sie Flugreisen vermeiden. Eine Analyse legt jedoch nahe, dass Klimawissenschaftler trotz dieser Bemühungen mehr reisen und fliegen als Forscher anderer Disziplinen.

Für die Studie, die im Magazin »Global Environmental Change« erschienen ist, wurden mehr als 1400 Wissenschaftler aus 59 Ländern befragt, wie oft sie fliegen und warum, und zwar bereits im Jahr 2017, bevor es auf Grund der Coronavirus-Pandemie weit verbreitete Reisebeschränkungen gab. Die meisten Befragten stammten aus den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und Australien.

Klimaexperten, die etwa 17 Prozent der Befragten ausmachten, fliegen laut der Studie durchschnittlich fünfmal pro Jahr, Forscher, die sich auf andere Gebiete spezialisiert haben, dagegen viermal. Klimawissenschaftler nutzen Flugzeuge auch häufiger aus beruflichen Gründen als ihre Kollegen, nehmen aber weniger internationale Flüge aus persönlichen Gründen in Anspruch. Flugreisen werden mit zunehmender Berufserfahrung in allen Disziplinen häufiger, wobei Klimaforschungsprofessoren im Durchschnitt neunmal pro Jahr fliegen, diejenigen in Nicht-Klimadisziplinen achtmal.

Der Unterschied ist zwar nicht enorm, doch er summiert sich zu einer »kolossalen Menge an Flugreisen«, sagt Lorraine Whitmarsh, Umweltpsychologin an der University of Bath, Großbritannien, die die Studie leitete. »Diese Zahlen sind ziemlich krass und sollten ein Weckruf für die gesamte Wissenschaft sein.«

Ferngesteuerte Feldarbeit

Ein Teil der Umfrageergebnisse lässt sich durch den Umfang der Feldforschung erklären, die laut Whitmarsh oft an abgelegenen Orten durchgeführt werden muss. Sie und ihre Kollegen hätten dies in ihrer Studie berücksichtigt. Das Ergebnis habe sich dadurch nicht verändert.

Auch internationale Konferenzen könnten einen Einfluss haben, sagt Kim Cobb, Klimawissenschaftlerin am Georgia Institute of Technology in Atlanta. An Sitzungen, bei denen es um die Beschlüsse weltweit gültiger Maßnahmen geht, nehmen Hunderte von Forschern aus verschiedenen Ländern teil.

»Man braucht häufig mehrere Sitzungen, um mit den Daten Schritt zu halten und sicherzustellen, dass sie in der ganzen Gemeinschaft verbreitet werden«, sagt Cobb. Sie war schockiert, als sie erfuhr, dass etwa 80 Prozent ihrer persönlichen Kohlendioxidemissionen im Jahr 2017 durch Flugreisen verursacht wurden. Seitdem bemüht sie sich, weniger zu fliegen.

Die Studie zeigte auch, dass Klimaforscher eher versuchen, die Emissionen des Fliegens zu kompensieren. Etwa 44 Prozent der Klimaforscher und 26 Prozent der Nicht-Klimaforscher sagten, sie hätten dies mindestens einmal getan. Und fast 30 Prozent der Klimaforscher gaben an, dass sie sich auf Grund des CO2-Fußabdrucks dafür entschieden hätten, nicht zur Arbeit zu fliegen, verglichen mit nur 5 Prozent der Nicht-Klimaforscher.

»Es sieht nicht so aus, als ob wir vollständig dazu übergegangen wären, weniger zu fliegen«, sagt Nadir Jeevanjee, Atmosphärenphysiker bei der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration in Princeton, New Jersey. Doch sie glaube, es gebe ein Bewusstsein dafür, dies zu tun.

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