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News: Knochenbrüche durch Cadmium

Auch noch so abgelegene Gebiete in den Rocky Mountains müssen nicht unbedingt von Menschenhand unberührt sein. Im so genannten Erz-Gürtel, einer Gegend, in der Bergleute früher Cadmium abbauten, sind Schneehühner regelrecht mit dem Metall verseucht. Das Gift wird dort durch den Regen aus den stillgelegten Minen gewaschen und reichert sich bis zur hundertfachen Menge der Bodenkonzentration in den Zweigen der Weiden an, von denen sich die Vögel im Winter hauptsächlich ernähren. Die Cadmiumbelastung der Hühner ist so hoch, dass als Folge ihre Knochen brüchig werden und sie nur noch dünnschalige Eier legen.
Cadmium ist ein weiches und silbrig-weißes Metall, dass in aufladbaren Batterien, zur Herstellung von Legierungen und beispielsweise beim Verchromen von Autoteilen eingesetzt wird. Für Organismen ist Cadmium allerdings gefährlich, denn es reichert sich in der Leber und den Nieren an und entfaltet seine Giftigkeit, indem es wichtige Enzymreaktionen blockiert. Cadmium wurde außerdem als krebserzeugend und erbgutschädigend eingestuft. Im so genannten "Erzgürtel" der Rocky Mountains im Süden Colorados wurde das begehrte Metall mehr als ein Jahrhundert lang abgebaut. Doch die stillgelegten Minen kommen nicht zur Ruhe, denn der Regen wäscht das Enzymgift aus den riesigen Abraumhalden der Bergwerke heraus. Und das bleibt auch in dieser entlegenen Gegend nicht ohne Folgen für die Natur.

James R. Larison von der Oregon State University fand zusammen mit anderen Biologen heraus, das Schneehühner der Art Lagopus leucurus in dieser Gegend so stark mit Cadmium verseucht sind, dass ihre Knochen sehr leicht brechen und sie nur noch dünnwandige Eierschalen produzieren (Nature vom 13. Juli 2000). 44 Prozent der untersuchten Tiere aus einem Gebiet von 10 000 Quadratkilometern wiesen eine toxische Konzentration des Giftes auf, 57 Prozent litten an Nierenschäden. Außerhalb des Erzgürtels wiesen die Vögel dagegen nur einen normalen Cadmiumgehalt auf. Die Forscher kommen außerdem zu dem Ergebnis, dass das erschreckende Ausmaß der Vergiftung im Zusammenhang mit der Ernährungsweise der Schneehühner im Winter steht. Zu dieser Jahreszeit fressen sie nämlich hauptsächlich die aus der Schneedecke ragenden Zweige von Weiden, da andere Nahrungsquellen knapp sind. Weiden reichern das Gift jedoch in einer bis zu 100 Mal höheren Konzentration an, als es im Boden vorliegt.

Im Winter kommt es für die Tiere hart auf hart, meint Larison: "Ihre Knochen brechen leicht, so dass sie jünger sterben und nicht genug Calcium besitzen, um normale Eierschalen aufzubauen". Verschlimmernd wirkt sich außerdem der Umstand aus, dass die Gebiete, in denen Cadmium vorkommt, gewöhnlich arm an Calcium sind. Vögel, die mit der Nahrung zu wenig Calcium aufnehmen, reichern jedoch mit einer größerer Wahrscheinlichkeit eine toxische Konzentration des Metalls an. "Die Ursache, dass die Cadmium-verseuchten Populationen nicht ausgelöscht werden, besteht darin, dass jedes Jahr Neulinge aus Gebieten mit normalem Cadmium-Gehalt eintreffen und so die gestorbenen Tiere ersetzen", erklärt Larison.

Die Biologen sind der Meinung, dass das giftige Metall aus den stillgelegten Minen weitere Wildtiere, wie beispielsweise weitere Vogelarten, Hirsche, Elche Schneehasen und Biber schädigt, die ebenfalls Weidenzweige fressen. Ähnliche Vergiftungserscheinungen entdeckten Ökologen vor einigen Jahrzehnten bei Wanderfalken, die aufgrund des hohen DDT-Gehaltes nur noch dünnschalige Eierschalen produzierten (DDT and the Peregrine Falcon).

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