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News: Knochenwuchs auf Kommando

Viele Frauen leiden nach ihren Wechseljahren an Knochenschwund, auch bekannt als Osteoporose. Die bisherigen Therapien konnten den Abau der Knochen zwar aufhalten, doch einmal verlorene Substanz nicht ersetzen. Nun haben Mediziner entdeckt, daß Hormonsiganle aus dem Gehirn und nicht die Knochenzellen untereinander das Wachstum steuern. Möglicherweise können Ärzte bald über die Steuerung dieses Hormons erneutes Knochenwachstum anregen.
Vor allem für Frauen jenseits der Wechseljahre könnte die Entdeckung einer deutsch-amerikanischen Forschergruppe Segen verheißen: Wie sie in Cell vom 21. Januar 2000 berichtet, deuten neue Untersuchungen daraufhin, daß das Gehirn das Knochengewebe durch Hormonsignale zum Wachstum anweisen. Das könnte erklären, warum bisher Therapien kaum greifen, und es könnte neue Ansätze in der Osteoporose-Behandlung eröffnen

"Alle heutigen Therapieansätze zur Osteoporose sind unbefriedigend, doch es bestehen gute Chancen, daß sich das in Zukunft ändert", konstatiert Michael Amling, Leiter der Experimentellen Unfallchirurgie am Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf. Gemeinsam mit Kollegen aus den Vereinigten Staaten fand der Mediziner heraus, daß das Knochenwachstum zentral vom Gehirn reguliert wird. Diese Entdeckung bedeutet einen Dogmenwechsel in der medizinischen Forschung. Bislang waren Experten davon ausgegangen, daß die Knochenzellen direkten Kontakt untereinander aufnehmen und sich mitteilen, wann und wo Knochensubstanz auf- oder abgebaut werden soll. Aber anscheinend wird dies über ein Hormon zentral gesteuert. "Das Hormon Leptin, das zunächst mit der Steuerung des Fettstoffwechsels in Verbindung gebracht wurde", sagt Amling, "übermittelt Signale aus dem Gehirn an das Knochengewebe." Versuche an Mäusen, die entweder ein defektes Übergewichts-Gen hatten und somit kein Leptin bilden konnten, oder denen der Hormon-Rezeptor an den Zielzellen fehlte, brachten die Forscher auf die Spur. Neben Übergewicht hatten die Tiere viel stabilere Knochen mit einer dichteren Struktur als gesunde Nager. Ein Mangel an Leptin entsprach demnach quasi einer umgekehrten Osteoporose.

Das erkläre, warum bisherige Therapien nicht halfen, sagte Amling. Bislang können die Ärzte nur den Knochenabbau aufhalten, nicht jedoch zu neuem Wachstum anzuregen. Die neuen Erkenntnisse eröffnen jetzt möglicherweise einen Eingriff in den Leptin-Haushalt, der einen Neuaufbau der Knochenmasse bedeuten könnte. Untersuchungen haben gezeigt, daß eine teilweise Minderung der Leptinmenge im Körper zu einer Erhöhung der Knochenmasse führen könne, ohne zu Übergewicht zu führen. Möglicherweise läßt sich der Leptin-Signalweg derart beeinflussen, daß nur das Knochengewebe anspreche. Auch die Heilungsdauer von Knochenbrüchen könnte so gezielt verkürzt werden. Ob und wann das jedoch der Fall sein wird, können die Forscher heute noch nicht absehen.

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