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News: Knock-out beim Menschen

Bei Mäusen funktioniert es, bei Menschen bisher noch nicht: Manipulationen am Erbgut embryonaler Stammzellen. Bisher - denn jetzt gelang zwei Forschern genau dieser Eingriff.
Stammzellen
Sie mussten schon als 'Modell' für etliche Krankheiten herhalten: knock-out-Mäuse, bei denen ganz bestimmte Gene gezielt ausgeschaltet werden. Möglich ist diese Manipulation durch die Technik der homologen Rekombination. Hierbei schleusen die Wissenschaftler DNA-Stücke mit dem entsprechenden mutierten Gen in embryonale Stammzellen ein. Das Gen kann dann genau in die richtige Stelle des Genoms springen und hier die alte Version ersetzen und damit lahmlegen.

Die veränderten Stammzellen werden dann in Blastocysten eingesetzt und von scheinschwangeren Mäusen ausgetragen, sodass die Wissenschaftler in den nachfolgenden Mausgenerationen die Folgen ihrer Manipulationen beobachten können. So lassen sich bei Mäusen nahezu beliebig genetische Sequenzen austauschen, entfernen und manipulieren.

Was bei Mäusen funktioniert, sollte auch beim Menschen möglich sein. Denn auch humane embryonale Stammzellen möchten die Forscher gerne gezielt verändern können, gelten doch die noch undifferenzierten Zellen, aus denen alle 220 im menschlichen Körper vorhandenen Zelltypen entstehen können, als Hoffnungsträger der Zukunft. Sie sollen neues Gewebe bilden und "Ersatzteile" für beschädigte Organe liefern.

Allerdings unterscheiden sich embryonale Maus- und menschliche Zellen in einigen grundlegenden Merkmalen. Deshalb lassen sich die Vorgaben für die Prozeduren nicht einfach von Maus auf Mensch übertragen. Thomas Zwaka von der University of Wisconsin-Madison hat nun zusammen mit James Thomson, der vor knapp fünf Jahren die ersten humanen embryonalen Stammzellen isolierte und kultivierte, versucht, dieses Problem zu lösen.

Die Forscher kamen hier einen guten Schritt weiter. Nachdem es ihnen zunächst misslang, mittels chemischer Reagenzien die Gene in die Zellen einzuschleusen, verwendeten sie kurze Elektropulse, um die Membranen kurzzeitig durchlässiger zu machen. Diese so genannte Elektroporation wird bei Mauszellen schon lange angewandt, doch sind diese kleiner als menschliche Zellen. Also passten die Forscher die Elektropulse dem größeren Durchmesser an. Außerdem veränderten sie das Medium, in dem sie die Zellen während der Prozedur züchteten. Und diese kleinen Veränderungen im Rezept brachten schließlich den Erfolg.

So gelang es ihnen nun, durch homologe Rekombination aus dem Genom menschlicher embryonaler Stammzellen ein bestimmtes Gen zu entfernen, das für das seltene Lesch-Nyhan-Syndrom verantwortlich ist. Bei dieser Stoffwechselkrankheit fehlt ein bestimmtes Enzym – mit drastischen Folgen für die Patienten: Zu den Symptomen gehört, dass krankhaft an Fingern und Lippen nagen und sich so selbst verstümmeln.

Durch das gezielte Ausschalten des Gens können die Forschern nun die Folgen der Krankheit an menschlichen Stammzellen untersuchen. "Dies ist ein großer Erfolg auf dem Feld der humanen Stammzellforschung", betont Zwaka. "Es bedeutet, dass wir alle Arten von genbasierten Erkrankungen im Labor simulieren können – zumindest die meisten von ihnen."

Die beiden Wissenschaftler wollen jedoch Gene nicht nur gezielt entfernen, sondern auch neue einsetzen. So sollen auffällige Markergene helfen, passende Zelltypen für bestimmte Therapien heraus zu sortieren. "Solche Knock-Ins könnten dabei hilfreich sein, eine spezifische embryonale Stammzelle aus einer gemischten Population zu trennen", erläutert Zwaka. "Ob Sie Dopmanin-Neuronen brauchen, ob Sie Herzzellen brauchen, es handelt sich immer um Zelllinien. Wir glauben, dass diese Technik hierfür sehr wichtig werden wird."

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