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Ökologie: Kohlenstoffspeicher Mangrovenwald

Mangroven_teaser
Mangrovenwälder bestehen aus verschiedenen Baum- und Straucharten, die an das Salz und den schwankenden Wasserstand dieses Lebensraumes angepasst sind. Charakteristisch ist das Gewirr aus Luftwurzeln, mit denen diese Bäume die Sauerstoffzufuhr zu ihren Wurzeln sichern und das für das Ökosystem als Ganzes von großer Bedeutung ist. Das Dickicht bremst Strömungen, Stürme und große Räuber und bietet so unzähligen Arten ein Refugium – insbesondere den Jungtieren. Mangrovenwälder sind die Kinderstuben vieler wichtiger Speisefische.

Aber die Wurzeln haben noch eine weitere Funktion: Dadurch dass sie das Wasser beruhigen, sind sie veritable Sedimentfallen: Bis zu zehn Meter dick werden die Schlammschichten, auf denen und mit denen diese Ökosysteme wachsen. Was Flüsse anschwemmen oder Fische ausscheiden, bleibt zwischen den Wurzelstelzen der Mangroven liegen.

Mangrovensäume | Mangrovenwälder säumen die Küsten vieler tropischer und subtropischer Regionen. Das Gewirr ihrer Luftwurzeln bietet vielen Tieren Unterschlupf und fängt Sedimente ein, die metertiefe Schlickschichten bilden.
Der schwarze Schlick enthält deswegen auch große Mengen organische Materie. Bis zu 50 Mal schneller als konventionelle tropische Regenwälder binden Mangroven Kohlenstoff, vermuten Wissenschaftler. Doch erst kürzlich fanden sie heraus, wie gigantisch dieses biologische Kohlenstoffreservoir wirklich ist. Ein Team um den Ökologen Daniel Donato vom US-Landwirtschaftsministerium hat jetzt eine umfassende Bilanz der oberirdischen Biomasse, des Kohlenstoffanteils im Boden und seiner Tiefe für 25 Mangrovengebiete am Indischen und Pazifischen Ozean vorgelegt. Die Gesamtmenge an Kohlenstoff, die diesen Ökosysteme nach der Berechnung weltweit speichern, ist enorm: Zwischen 4 und 20 Milliarden Tonnen des Elements liegen dort begraben. Die höhere Zahl entspricht dem Dreifachen des weltweiten Jahresverbrauch an fossilen Brennstoffen.

Schon die oberirdische Biomasse der Gezeitenwälder ist beträchtlich: Sie bindet nach den Erkenntnissen der Forscher pro Hektar 159 Tonnen reinen Kohlenstoff. Der Löwenanteil jedoch steckt im Boden – über 800 Tonnen liegt dort im Durchschnitt auf einem Hektar vor, mehr als das Vierfache anderer Wälder. Angesichts der tiefen, dunklen Schlämme typischer Mangrovenwälder hatten Forscher das schon länger vermutet, doch für eine genauere Schätzung fehlten bisher die Daten. Die Wissenschaftler um Donato haben diese Lücke nun ein Stück weit geschlossen, indem sie vor Ort nachschauten, was sich tatsächlich auf und im Boden verbirgt.

Dazu identifizierten sie auf Luftbildern geeignete Querschnitte durch den jeweiligen Mangrovensaum, auf dem sie dann vor Ort alle 25 Meter ein Bohrloch anlegten. Anhand des Bohrkerns bestimmten sie Tiefe und Kohlenstoffgehalt des Bodens, und eine Inventur aller Bäume und Holzreste in einem Radius von sieben Metern um die Bohrstelle leistete das gleiche für die oberirdische Vegetation.

Wurzelgewirr | Die feinen Wurzelhaare an den Stelzen dieser Mangroven sind besonders effektive Sedimentfallen.
Der Lohn der Mühe sind genauere Erkenntnisse als je zuvor über den Kohlenstoffhaushalt der Mangrovenwälder, deren Speicherfähigkeit sich spektakulär bestätigte: Sie machen zwar nur 0,7 Prozent der weltweiten Waldfläche aus, enthalten jedoch bis zu zehn Prozent allen in Wäldern gespeicherten Kohlenstoffs. Das macht sie zu einem signifikanten Faktor für das globale Klima. Bis zur Hälfte aller Mangrovenwälder verschwanden allerdings in den letzten 50 Jahren, und der Verlust geht bis heute weiter.

Auf der Basis ihrer neu gewonnenen Daten schätzen Donato und Kollegen, dass zehn Prozent aller Kohlendioxidemissionen im Zusammenhang mit veränderter Landnutzung tatsächlich aus der Abholzung der Mangroven stammen – ein gigantischer Beitrag für ein flächenmäßig so kleines Ökosystem. Mit wenig Aufwand könnte man eine überproportional große Menge Treibhausgase einsparen und so das Klima schützen – abgesehen vom Schutz der Lebensgrundlage lokaler Fischer, deren Beute hier groß wird. (lf)

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  • Quellen
Nature Geoscience 10.1038/ngeo1123, 2011

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