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Sprachbegabter Gorilla: Koko ist tot

Über 1000 Gebärden soll das Gorillaweibchen Koko von seiner Trainerin gelernt haben. Jetzt ist die große Prominente unter den »sprechenden« Affen gestorben.
Koko und Francine Patterson

Das berühmte Gorillaweibchen Koko ist tot. Wie die Gorilla Foundation in einer Pressemitteilung mitteilt, starb der Affe am 19. Juni 2018 in Kalifornien im Zoo von San Francisco im Schlaf. Koko erlangte internationale Bekanntheit, weil sie angeblich in einer Art Gebärdensprache mit Menschen kommunizieren konnte. Rund 1000 Zeichen soll sie aktiv beherrscht haben und rund doppelt so viele verstanden.

Kokos Sprachvermögen geht zurück auf die Bemühungen ihrer Trainerin, der Tierpsychologin Francine »Penny« Patterson. Die damalige Doktorandin an der Stanford University nahm den Gorilla mit einem Jahr in ihre Obhut und begann, ihn in einer abgewandelten Form der amerikanischen Gebärdensprache, der von ihr erfundenen Gorilla Sign Language, zu unterrichten. Später zogen die beiden ins kalifornische Woodside um, Patterson wechselte an die Santa Clara University.

Laut Patterson nutzte Koko nicht nur das ihr beigebrachte Zeicheninventar, sondern kombinierte dessen Elemente kreativ zu neuen Symbolen mit komplexer Bedeutung. Mangels einer Gebärde für Fingerring soll Koko beispielsweise die Zeichen für Finger und Armreif kombiniert haben. Mit Hilfe der Gebärden habe sie Wünsche geäußert, ihre Gefühle ausgedrückt und sogar gelogen. All das spräche für ein hohes Maß an Intelligenz und Empathie. Aus Sicht der Gorilla Foundation hat Koko damit auch die Rolle eines »Botschafters« für Gorillas und Menschenaffen allgemein gespielt. Zahlreiche Prominente waren bei dem Affen zu Besuch, zudem tauchte Koko diverse Male im Fernsehen auf.

Über die Jahrzehnte wurde das Verhältnis der Forscherin zu Koko allerdings immer enger – so weit, dass nur noch wenige Außenstehende die Erkenntnisse von Patterson objektiv überprüfen konnten. So ist auch heute noch unklar, ob Koko tatsächlich das ihr von Patterson nachgesagte Sprachvermögen besaß oder nicht. Eine allen wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Untersuchung ist nie erfolgt. Patterson ließ sie aus Sorge um den Affen nicht zu. Ohne eine solche Auswertung stehen jedoch Fehlinterpretationen Tür und Tor offen: Hatte Koko wirklich ein Mitteilungsbedürfnis oder erspielte sie sich lediglich Belohnungen? Produzierte sie so lange Gebärden, bis ihre Betreuer unterschwellig Zufriedenheit signalisierten? Ignorierten die Betreuer sinnlose Zeichen und konzentrierten sich stattdessen auf solche, für die sich eine stimmige Bedeutung rekonstruieren ließ?

Bemerkenswert an Kokos Leben ist auch ihre Vorliebe für Katzen, die sie fürsorglich wie eigene Junge behandelte. Ihr erstes Kätzchen, das von ihr »All Ball« genannt wurde, bekam sie im Jahr 1984 geschenkt. Als es ein Jahr später aus der Forschungsanlage entwich und von einem Auto überfahren wurde, habe Koko mit einer Art Weinen reagiert und schließlich »Schlafen. Kätzchen.« gebärdet.

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