Kommunikation: Viele geben Rat, obwohl sie keine Ahnung haben

Es gibt viele Gründe, warum Menschen anderen mit Rat zur Seite stehen. Voraussetzung sollte allerdings sein, dass man auch über das dafür notwendige Wissen verfügt. Doch das ist oft nicht der Fall, berichtet ein Forschungsteam um Ishani Banerji von der Clemson University (USA) im Fachjournal »Journal of Behavioral Decision Making«.
In einer Reihe von explorativen Studien konfrontierte das Team insgesamt mehr als 3100 Probandinnen und Probanden mit einem fiktiven Szenario: Eine Person hatte die Aufgabe, eine logische Symbolreihe zu vervollständigen, die Versuchsperson bekam dieselbe Aufgabe vorgelegt und konnte – sofern sie wollte – der ersten einen Rat geben. Lehnte sie das ab, bekam die erste Person stattdessen einen Rat von jemand anderem, und die Versuchsperson durfte die Studie in diesem Fall etwas früher beenden.
Um zu prüfen, welche Motive Ratschlägen zu Grunde liegen, gaben die Forschenden ihren Probandinnen und Probanden unterschiedliche Anreize. Entweder profitierten lediglich diejenigen, die über die finale Lösung des Logikrätsels entscheiden sollten, von einer richtigen Antwort – oder die Berater hatten auch etwas davon. In einer letzten Gruppe verloren im Fall einer falschen Antwort beide eine geringe Geldsumme. Im Anschluss an die Gelegenheit, Rat zu geben, bearbeiteten die Versuchspersonen ähnliche Logikaufgaben; außerdem schätzten die Teilnehmenden ihre Fähigkeit, die Logikaufgabe zu lösen, selbst ein.
Dabei zeigte sich: Wer sich selbst gute Kompetenzen attestierte, hatte zuvor eher Rat gegeben. Tendenziell galt dasselbe für objektiv bessere logische Fähigkeiten, allerdings deutlich weniger. Und egal, ob sie die Aufgabe richtig oder falsch beantwortet hatten: In beiden Fällen gab die Mehrheit einen Rat. Daran änderte sich auch in einer Variante nichts, in der die Teilnehmenden Feedback zu ihren Fähigkeiten bekamen, bevor sie mit der eigentlichen Aufgabe konfrontiert wurden. Dabei bearbeiteten sie zunächst eine Übungsaufgabe und erhielten Rückmeldung, ob ihre Lösung richtig oder falsch war. Eine weitere Änderung betraf die Coverstory: Im Rahmen einer Quizshow ging es für die Person, die am Ende entscheiden musste, ob sie einen gegebenen Rat befolgt, angeblich um 10 000 US-Dollar – oder den Verlust des bisher erspielten Geldes. Selbst in dem Wissen, die vorherige Übungsaufgabe falsch beantwortet zu haben, wollten noch rund drei Viertel der Versuchspersonen in diesem Setting Rat geben und dies nicht jemand anderem überlassen.
Doch warum geben Menschen offenbar so gerne Rat? Im Experiment zeigte sich, dass es kaum mehr Ratschläge gab, wenn die Ratgeber selbst von einer richtigen Antwort profitierten. Daraus schließt das Forscherteam, dass die Probanden mit ihrem Rat in erster Linie schlicht helfen wollten. Allein diejenigen Teilnehmenden, die bei einer falschen Antwort zu befürchten hatten, selbst Geld zu verlieren, waren etwas sparsamer mit Ratschlägen.
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