7 Fakten zur Papstwahl : Habemus Fakten!

Nach dem Tod von Papst Franziskus versammeln sich in Rom die Kardinäle und wählen in absoluter Abgeschiedenheit seinen Nachfolger. In der Vergangenheit waren das nicht immer Mehrheitsentscheidungen. Im Konklave flogen auch schon mal die Fäuste, wurden Stimmen gekauft oder fiel die Entscheidung durch eine Taube.
1. Ausgewählt von einer Taube
»Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen« (Matthäus 16, 18). Mit diesem Auftrag zur Verkündung des Glaubens ernennt Jesus in der Bibel seinen Jünger Simon Petrus zum ersten Papst. Jedenfalls führt der Heilige Stuhl ihn als Nummer eins in seiner langen Liste der Päpste – einen Titel, den es damals aber noch nicht gab. Als erster Bischof Roms, der den Titel »Papa«, also Papst, trug, gilt der heilige Marcellinus, der 29. Nachfolger Petri. Er saß von 296 bis 304 auf dem Heiligen Stuhl.
Das Auswahlverfahren des geistlichen Oberhaupts der römisch-katholischen Kirche hat sich über fast zwei Jahrtausende hinweg entwickelt. In den frühen Tagen des Christentums versammelte sich dazu der Klerus Roms. Oft waren auch Laien hinzugeladen. Dieses auf Konsens beruhende Modell sollte die Einheit der örtlichen christlichen Gemeinschaft festigen. Wenn es stimmt, was der Chronist Eusebius von Caesarea (um 260–um 340) berichtet, wurde bei diesen Zusammenkünften aber nicht immer diskutiert, abgewogen und mehrheitlich gewählt. Fabian, so schrieb er, wurde im Jahr 236 Papst, weil eine Taube auf seinem Kopf landete – ein Zeichen, das in jener Zeit als göttliche Bestätigung gedeutet wurde.
1059 sprach Papst Nikolaus II. in seinem Dekret »In nomine Domini« den Kardinälen das alleinige Recht zur Papstwahl zu. So wollte er die Einmischung von Laien begrenzen und für mehr Ordnung in dem Verfahren sorgen.
2. Konklave ohne Dach über dem Kopf
So einfach wie bei Fabian gestaltete sich die Wahl danach nie mehr. Immer wieder kam es zu Verzögerungen, weil sich die Kardinäle partout nicht auf einen Kandidaten einigten. Nach dem Tod von Papst Clemens IV. im Jahr 1268 etwa versammelte sich das Kardinalskollegium in Viterbo und kam zwei Jahre lang nicht vom Fleck. Bis die Behörden der nordwestlich von Rom gelegenen Stadt die Geduld verloren und die Kardinäle kurzerhand im Bischofspalast einschlossen, ihnen die Mahlzeiten kürzten und schließlich sogar das Dach des Gebäudes herunterrissen, um sie Wind und Wetter auszusetzen. Es dauerte dann noch einmal ein Jahr, bis sie 1271 endlich Gregor X. auf den Heiligen Stuhl hoben.
Gregor X. zog daraus die Lehre und verkündete 1274 auf dem 2. Konzil von Lyon in seiner päpstlichen Bulle »Ubi periculum« (lateinisch: »wo Gefahr ist«) zahlreiche Regeln zur Papstwahl. So sollten sich die Kardinäle während des Konklaves (von cum clave, lateinisch: »mit Schlüssel«) abgeschottet von der Außenwelt verständigen und in dieser Zeit keine Einkünfte erhalten. Das zeigte Wirkung: Seit 1316 dauerte kein Konklave länger als ein halbes Jahr.
Kontakte zur Außenwelt waren und sind bis heute nicht erlaubt. So wurden die Kardinäle, die 1958 Johannes XXIII. wählten, noch buchstäblich eingemauert und mussten in der engen Sixtinischen Kapelle auf schlichten Schlafkojen nächtigen. Unter derlei Umständen ging es nicht immer friedlich zu. Im Konklave 1605 etwa erhitzten sich die Gemüter in den Lagern zweier Kandidaten derart, dass einer der Kardinäle mehrere Knochenbrüche erlitt. »Es ist der einzige bekannte Fall einer schweren Verletzung«, schreibt der Historiker Frederic Baumgartner von der Virginia Polytechnic Institute and State University.
Nach dem Konklave sind die Kardinäle, aber auch Nonnen, Reinigungskräfte, Köche und so weiter an das absolute Schweigegebot gebunden. Wo vorher nichts nach innen dringen sollte, soll nun nichts mehr nach außen gelangen.
3. Zweidrittelmehrheit – ohne Wahlkampf
Damit ein neuer Pontifex maximus (lateinisch: »oberster Brückenbauer«) mit möglichst viel Rückenwind ins Amt starten kann, beschloss die Versammlung des 3. Laterankonzils von 1179 die Zweidrittelmehrheit für die Papstwahl. Diese Regel sollte die Einheit der Kirche sicherstellen, insbesondere in Zeiten von Glaubensspaltungen (Schismen) und politischer Instabilität. Zuvor hatten einfache Mehrheiten mitunter zu erheblichen internen Spannungen geführt.
Aber natürlich lassen sich auch vermeintlich geheime und faire Wahlen manipulieren. Kardinal Rodrigo Borgia etwa kaufte sich im Konklave 1492 kurzerhand so viele Stimmen, dass er als Papst Alexander VI. aus der »Wahl« hervorging. »Nach Kirchenrecht ist eine solche gekaufte Wahl zwar moralisch höchst anstößig, aber trotzdem gültig«, kommentierte der Historiker Volker Reinhardt von der Universität Fribourg den Vorgang gegenüber dem Deutschlandfunk.
Auch wenn diese Form offener Bestechlichkeit heute kaum denkbar ist, könnten die Kardinäle in diesen Tagen Verbotenes tun. Zwar dürfen sie ihre Meinungen diskutieren und auch sagen, wen sie wählen. Jede Form der Absprache ist jedoch streng verboten und würde, wenn sie aller verordneten Verschwiegenheit zum Trotz herauskommt, die Exkommunikation bedeuten. Kein Kardinal darf sich explizit um die Stelle bewerben, folglich gibt es auch keine Reden von Kandidaten. Allein der Heilige Geist soll die Kardinäle von Wahlgang zu Wahlgang leiten – bis die Zweidrittelmehrheit erreicht ist.
Übrigens erlaubte Papst Johannes Paul II. in seiner Apostolischen Konstitution »Universi Dominici gregis« wieder eine einfache Mehrheit – und zwar, wenn das Konklave zu lange dauerte. Viele bangten daraufhin um die Einheit der Kirche, weshalb Benedikt XVI. die bewährte Zweidrittelregel wiederherstellte – egal, wie viele Wahlgänge am Ende nötig sind. Karol Wojtyła selbst wurde übrigens im achten, sein Nachfolger Benedikt XVI. schon im vierten und Franziskus im fünften Wahlgang zum Nachfolger Petri erhoben. Diese Wahlen dauerten also nicht länger als ein, zwei Tage.
4. Einmischung weltlicher Herrscher
Zwischen dem 17. und dem frühen 20. Jahrhundert beanspruchten katholische Monarchen, insbesondere die Herrscher von Österreich, Frankreich und Spanien, ein exklusives Mitbestimmungsrecht. Dank dieses Jus exclusivae konnten sie die Wahl politisch unerwünschter Kardinäle verhindern, indem sie vorab einem der teilnehmenden Kardinäle die Namen von Ausschlusskandidaten mitteilten.
Bei der Papstwahl von 1903 hatte sich Kaiser Franz Joseph von Österreich beispielsweise gegen Kardinal Mariano Rampolla ausgesprochen, einen engen Vertrauten des gerade verstorbenen Papsts Leo XIII. Obwohl Rampolla zunächst von vielen unterstützt wurde, beeinflusste das Veto die Entscheidung der Kardinäle. Sie einigten sich im siebten Wahlgang schließlich auf den Patriarchen von Venedig, Giuseppe Sarto. Der hatte die Kardinale zunächst inständig gebeten, ihn nicht zu wählen – bis er seinen Widerstand aufgab und als Papst Pius X. dieses weltliche Vetorecht abschaffte. Die geistliche Unabhängigkeit der Kirche war wiederhergestellt.
5. Der kurze Ruhm des Kardinalkämmerers
Sobald ein Papst stirbt (oder zurücktritt), beginnt die Sedisvakanz. In dieser Zeit übernimmt der Kardinalkämmerer eine zentrale Rolle. Der Camerlengo ist für die Verwaltung der weltlichen Angelegenheiten der Kirche zuständig und tritt zu Lebzeiten des Papstes kaum in Erscheinung. Erst wenn sein Dienstherr stirbt, erscheint er auf der großen Bühne. Früher stellte er in feierlichem Ritus den Tod des Papstes fest, indem er ihm mit einem Hämmerchen auf die Stirn klopfte, den Toten mit dem Taufnamen ansprach und dreimal fragte: »Schläfst du?« Erst dann stellte der Camerlengo fest: »Vere, Sanctus Pater mortuus est.« (»Wahrhaftig, der Heilige Vater ist tot«) Dieses Ritual hat Johannes Paul II. abgeschafft.
Doch noch immer ist es der Camerlengo – heute in Gestalt von Kardinal Kevin Farrell –, der den Tod des Papstes öffentlich verkündet, dessen Wohnung versiegelt und die Beerdigung vorbereitet. Auch beaufsichtigt er die rituelle Zerstörung des Fischerrings. Eigentlich soll diese päpstliche Insignie in so viele Teile zerschlagen werden, wie es Kardinäle gibt. Mittlerweile werden die Ringe nur noch durch eine Gravur oder einen Schnitt entwertet. Nach ihrer Zerstörung verschwinden die Überreste der Fischerringe in den vatikanischen Archiven. Öffentlich ausgestellt werden sie nicht. Franziskus trug übrigens einen vergleichsweise schlichten, lediglich vergoldeten Silberring.
Ansonsten führt der Camerlengo während der Sedisvakanz alle täglichen Geschäfte des Heiligen Stuhls. Sein Wappen ziert in dieser Zeit alle offiziellen Dokumente. Nur Entscheidungen, die einem Papst vorbehalten sind, darf er nicht treffen. Diese ritualisierte Rolle unterstreicht die Bedeutung von Kontinuität und Handlungsfähigkeit auch in Zeiten, in denen die Kirche ihr Oberhaupt verloren hat.
6. Man muss nur Mann und katholisch sein
Nach dem Kirchenrecht kann grundsätzlich jeder getaufte und mindestens 35 Jahre alte männliche Katholik zum Papst gewählt werden. Doch seit 1378 gingen alle Päpste aus dem Kreis der Kardinäle hervor – und es ist wenig wahrscheinlich, dass sich dies in absehbarer Zeit ändern wird. Gleichwohl ist es lediglich Ergebnis einer Tradition. Im Fall des Falles, dass doch ein Laie oder ein Nichtbischof gewählt wird, müsste er umgehend geweiht und in das Bischofsamt eingeführt werden. Erst dann könnte er das Papstamt übernehmen.
Derzeit gibt es 252 Kardinäle. Der jüngste, Mykola Byczok aus Australien, ist 45 Jahre alt, der älteste, Angelo Acerbi aus Italien, wird im Herbst 100. Nachdem Papst Paul VI. im Jahr 1970 verfügte, dass nur Kardinäle unter 80 Jahren wahlberechtigt sind, reduziert sich die Zahl derer, die in diesen Tagen den 267. Bischof von Rom – also den Papst – bestimmen, auf 136. Davon haben drei abgesagt; zwei aus gesundheitlichen Gründen, einer, weil er sich vor einem weltlichen Gericht wegen Veruntreuung, Amtsmissbrauchs und weiterer Taten verantworten muss.
7. Das Handy bleibt draußen
Auch heute noch findet das Konklave unter streng kontrollierter Abgeschlossenheit statt. Seit 1996 dürfen die Kardinäle aus aller Welt immerhin im vatikanischen Gästehaus wohnen, dem Domus Sanctae Marthae. In dem ehemaligen Krankenhaus hatte auch Franziskus seine Wohnung. Es bietet zwar mehr Komfort als die einstigen Schlafkojen in der Sixtinischen Kapelle, im Vergleich zu den oft prächtigen Residenzen der Kardinäle sind die Unterkünfte aber recht karg.
Das Einsperren soll vor allem jedwede Kommunikation in und aus dem Konklave unterbinden: keine Handys, keine Kontakte, keine Medien. Störsender verhindern digitale Lecks – und zeugen davon, dass der Vatikan auch den eigenen Gottesmännern nicht vertraut.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang der Roman »Konklave« (2016) von Robert Harris. Denn darin beschreibt der Autor detailliert eigentlich geheime Vorgänge. Das an die Öffentlichkeit gelangte Tagebuch eines Kardinals, so Harris, habe ihm dabei geholfen. Außerdem beruft sich der Autor auf Gespräche mit einem Kardinal aus dem Umkreis von Papst Franziskus. Nicht alle Interna sind gleichermaßen von Brisanz: Der verstorbene Kölner Kardinal Joachim Meisner hatte nach der Wahl von Benedikt XVI. ausgeplaudert, dass es zur Feier des Tages Eis und Sekt gab.
Die Abstimmungen finden in der Sixtinischen Kapelle statt, unter Michelangelos berühmten Fresken. Einer von drei Auszählern – Scrutatores – liest die Stimmzettel nach jedem Wahlgang laut vor. Anschließend werden diese in einem eigens aufgebauten Ofen verbrannt. In einem zweiten Ofen erzeugen bestimmte chemische Substanzen entweder schwarzen oder weißen Rauch. Der Rauch zieht durch einen unscheinbaren Schornstein, der in den Tagen des Konklaves weltweit live zu beobachten ist. Auch diesmal wird weißer Rauch, begleitet von Glockengeläut, die Wahl des 267. Pontifex bestimmen.
Nach der Wahl wird es voraussichtlich Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin sein, der den Gewählten fragt, ob er das Amt annimmt und welchen Namen er führen möchte. Das neue Oberhaupt der weltweit 1,4 Milliarden Katholikinnen und Katholiken zieht dann das weiße Gewand an, das angesichts der unterschiedlichen Leibesfüllen vorsorglich in drei Größen bereitliegt. Nach der Umkleide geht es auf den zentralen Balkon des Petersdoms, wo Kardinaldiakon Dominique Mamberti verkündet: »Annuntio vobis gaudium magnum: Habemus Papam« – »Ich verkünde euch große Freude: Wir haben einen Papst.«
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