Renaturierung: Wie man tote Korallenriffe zum Leben erweckt

Die Hoffnung hat sich verändert. Sie ist größer geworden, vielfältiger und bunter. 30 Jahre lang glich der Meeresgrund am Salisi'-Besar-Riff in Indonesien einer Wüste aus grauem Korallenschutt. Dynamitfischerei hatte die einst reiche Unterwasserwelt vor Bontosua Island zerstört. Doch dann nahm ein ehrgeiziger Plan Gestalt an: das Hope Reef. Zusammen mit Korallenfachleuten und der lokalen Bevölkerung wollte der Katzenfutter-Hersteller Sheba Leben in die Ruinen zurückbringen.
Das 2019 gestartete Vorhaben gehört zu einer großen Initiative von Shebas Mutterkonzern Mars, der sich seit rund 20 Jahren in verschiedenen Ländern der Erde für die Wiederherstellung zerstörter Riffe engagiert. Das Gebiet vor Bontosua Island ist dabei zu einer Art Vorzeigeprojekt geworden. Mit einer eigens dafür entwickelten Methode hat das Team hier zunächst ein 50 Meter langes Riff restauriert. Es formt aus der Luft betrachtet das Wort HOPE, den englischen Begriff für Hoffnung. Die Hoffnung soll künftig weiter wachsen. Bis 2029 ist in dem Gebiet die Sanierung von insgesamt 185 000 Quadratmetern Rifffläche geplant. Damit gehört das Projekt zu den größten seiner Art weltweit.
Korallen unter Druck
Solche Hoffnungsschimmer können die Riffe der Erde auch dringend gebrauchen. Denn sie gehören zu den am stärksten bedrohten Ökosystemen der Meere. Schätzungen zufolge ist weltweit höchstens noch halb so viel Fläche mit lebenden Korallen bedeckt wie in den 1870er Jahren. In den letzten Jahrzehnten hat sich dieser Verlust beschleunigt. Und selbst in Riffen, die noch nicht vom Korallenschwund erfasst wurden, hat sich die Artengemeinschaft verändert.
Dieser Wandel im Ozean hat eine ganze Reihe von Ursachen: Überfischung, zerstörerische Fangmethoden, Nähr- und Schadstoffbelastung und invasive Arten setzen den Riffen vielerorts zu. »In einigen Regionen hat man solche Probleme inzwischen etwas besser im Griff als noch vor einigen Jahrzehnten«, sagt Korallenexperte Sebastian Ferse vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen. Anders als noch in den 1980er Jahren fließen etwa in die flache Meeresbucht Kāne'ohe Bay auf Hawaii keine ungeklärten Abwässer mehr. Und vor den Philippinen werfen Fischer zwar immer noch ab und zu Dynamit ins Wasser, um Fische zu betäuben oder zu töten. Doch das ist längst nicht mehr so verbreitet wie noch in den 1980er und 1990er Jahren.
Entwarnung gibt es trotzdem nicht. Denn viele Riffe und ihre Bewohner kämpfen längst nicht nur mit lokalen Problemen. »Seit vielleicht fünf Jahren ist der Klimawandel die weltweit größte Bedrohung«, sagt Sebastian Ferse. Immer häufiger durchziehen heftige Hitzewellen die Ozeane, mit denen die Baumeister der Riffe nicht gut zurechtkommen. Korallen bestehen aus kleinen Polypen, die Kalkskelette bilden. Sie leben normalerweise in einer Art Wohngemeinschaft mit winzigen Algen zusammen, die ihnen energiereichen Zucker liefern. Doch wird das Wasser zu warm, werfen die Korallen ihre Mitbewohner hinaus. Dadurch verlieren sie nicht nur ihre Farbe, sondern auch einen Teil ihrer Energieversorgung. Zwar können sie trotzdem noch eine Zeitlang überleben, doch ihnen droht massiver Stress bis hin zum Hungertod.
Solche Korallenbleichen treffen die Riffe in letzter Zeit immer häufiger und nehmen immer größere Dimensionen an. Laut der US-amerikanischen Wetter- und Ozeanografie-Behörde NOAA hat 2023 die vierte und bislang größte Massenbleiche begonnen. Sie betrifft mittlerweile mehr als 80 Länder, rund 84 Prozent aller Korallengebiete. In Australien meldete etwa das Australian Institute of Marine Science (AIMS) im August 2025 massive Schäden sowohl im Great Barrier Reef als auch in den Riffen Westaustraliens. »Es gibt diesmal kaum Gnade für unsere Riffe im Nordwesten«, berichtet Korallenforscher James Gilmour vom AIMS in einer Pressemitteilung. »Wir hatten große Hoffnung in Gebiete wie die Rowley Shoals, Nord-Kimberley und Ningaloo gesetzt, die vorher selten oder nie solche Bleichen erlebt haben. Jetzt sind aber auch sie stark getroffen worden. Die Klimaerwärmung ist auch dort angekommen.«
Zu allem Überfluss führt der hohe Kohlenstoffdioxidgehalt in der Atmosphäre nicht nur zu steigenden Temperaturen. Das Gas löst sich im Wasser und bildet dabei Kohlensäure. Die dadurch ausgelöste Versauerung der Ozeane stört die Fortpflanzung und die Kalkabscheidung der kleinen Riffarchitekten und setzt sie zusätzlich unter Stress. Kommen noch weitere Belastungen vor Ort hinzu, droht ein großflächiges Korallensterben.
Der Wert der Riffe
Die geschädigten Riffe seien sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich ein Desaster für die betroffenen Regionen, sagt Sebastian Ferse. Weltweit erschaffen mehr als 800 Korallenarten ganze Unterwasserstädte, die einem Drittel aller bekannten Meeresbewohner ein Zuhause bieten. Die zahllosen Mikroorganismen und Pilze sind dabei noch gar nicht mit eingerechnet. Und ein Großteil der Riffbewohner ist bisher wahrscheinlich noch nicht einmal entdeckt worden. Manchen Schätzungen zufolge gibt es in diesen Lebensräumen mindestens 800 000 Arten, andere kommen sogar auf deutlich höhere Werte. »Das ist höchst erstaunlich, wenn man bedenkt, dass alle Korallenriffe zusammen gerade einmal 0,1 Prozent der Meeresfläche einnehmen«, findet Sebastian Ferse. »Es sind die wertvollsten Lebensräume, die wir im Ozean haben.«
Doch nicht nur die Natur profitiert von den Unterwasserstädten. Hunderte Millionen Menschen in den rund 100 Staaten der Welt, vor deren Küsten Korallen vorkommen, ziehen Nutzen aus ihren Riffen. Das gilt nicht nur für diejenigen, die von lokaler Fischerei oder dem lukrativen Rifftourismus leben, der weltweit schätzungsweise 40 Milliarden US-Dollar pro Jahr einbringt. Auch für den Küstenschutz sind intakte Riffe von enormem Wert. Bei einem Sturm können sie mehr als 90 Prozent der Energie aus den Wellen abfangen und so als Schutzschild für Gebäude, Infrastruktur und Menschen dienen. »Man schätzt, dass sich die jährlichen Schäden durch Stürme und Überschwemmungen ohne Riffe verdoppeln würden«, sagt Sebastian Ferse. Insgesamt soll der ökonomische Wert der Korallenriffe bei zehn Billionen US-Dollar pro Jahr liegen.
Die International Coral Reef Society (ICRS), eine der wichtigsten Vereinigungen von Korallenfachleuten, fordert daher massive Anstrengungen, um die kostbaren Ökosysteme zu retten. Unerlässlich sei dafür einerseits, die Treibhausgasemissionen drastisch zu senken, andererseits müssten Schutzmaßnahmen vor Ort ausgeweitet werden. Als dritte Säule empfiehlt die ICRS aber auch, geschädigte Riffe aktiv zu restaurieren. Dies könne den Korallen eine Atempause verschaffen, bis längerfristige Maßnahmen greifen.
»Wir können derzeit gar nicht in so großem Stil restaurieren, wie es angesichts der Schäden nötig wäre«Sebastian Ferse, Korallenforscher
Zwar können Korallenriffe sich durchaus aus eigener Kraft regenerieren. Sogar von den Atombombentests, die das US-Militär in den 1940er und 1950er Jahren auf den Marshallinseln durchführte, haben sie sich zum Teil wieder erholt. Doch das gelingt nicht immer. Wird die ganze Riffstruktur durch Dynamitfischerei zerstört oder wachsen zu wenige Korallen nach, brauchen die Unterwasserstädte mehr Unterstützung.
Wie aber kann die aussehen? »Das hängt ganz von der Situation vor Ort ab«, betont Sebastian Ferse. Zunächst müsse man die Probleme des jeweiligen Riffs genau analysieren, um anschließend konkrete Methoden und Ziele für die Sanierung zu definieren. Zusammen mit einem internationalen Team von Fachleuten hat der Forscher einen Überblick über die bisher getesteten Werkzeuge mitsamt ihren Vor- und Nachteilen zusammengestellt.
Der Werkzeugkasten der Riffsanierer
Eine der ältesten und am häufigsten angewandten Vorgehensweisen besteht darin, kleine Korallenstücke aus einem gesunden in ein geschädigtes Riff zu verpflanzen. Vor allem verzweigt wachsende Arten sind ohnehin darauf eingerichtet, dass ab und zu kleine Äste abbrechen, die auf festem Untergrund wieder anwachsen können. Deshalb funktionieren solche gezielten Transplantationen recht gut: Im Schnitt überleben mehr als 60 Prozent der Fragmente an ihrem neuen Standort. »Diese Methode eignet sich allerdings nur für lokal begrenzte Schäden, wie sie zum Beispiel durch Schleppnetze, Stürme oder Dynamitfischerei entstehen«, erklärt Sebastian Ferse. Denn jede Koralle muss einzeln aufwändig per Hand befestigt werden. Zudem kann ein Riff Schaden nehmen, wenn man dort häufig Fragmente für solche Projekte erntet.
Nachhaltiger ist die Korallengärtnerei, bei der abgebrochene Ästchen erst einmal im ruhigen Flachwasser oder in an Land stehenden Tanks heranwachsen. So können sie sich in ihrer empfindlichen Jugendphase geschützter entwickeln. Eine Analyse von Ferses Forschungsteam zeigt jedoch kaum Unterschiede in den Überlebensraten zwischen direkt ausgepflanzten und vorher aufgepäppelten Korallen. Einen Vorteil hat die Korallengärtnerei trotzdem: Die aufgezogenen Schützlinge lassen sich in kleinere Fragmente aufteilen, die erneut heranwachsen. So entsteht mehr Material für Transplantationen.
Beide Methoden eignen sich allerdings vor allem für schnell wachsende, verzweigte Korallen wie die Vertreter der Gattung Acropora. Doch zu einem gesunden Riff gehören auch massive Arten wie etwa die Bergige Steinkoralle Orbicella faveolata, die eher wie ein Unterwasserhügel aussieht als wie ein verzweigter Baum. Oder aber die Große Sternenkoralle Montastraea cavernosa, die optisch an einen rundlichen Badeschwamm erinnert. Davon ein Stück abzubrechen, ist nahezu unmöglich.
Das Mote Marine Laboratory in Florida hat eine Methode entwickelt, mit der man auch solche Arten unterstützen kann. Bei der sogenannten Mikrofragmentierung sägt man mit einem Diamantsägeblatt kleine Stücke von etwa einem Quadratzentimeter Größe aus der Koralle heraus und befestigt sie auf einer Kachel. Nach etwa zwölf Monaten kann man sie entweder weiter teilen oder auspflanzen. Einmal auf Riffsubstraten oder abgestorbenen Korallenskeletten befestigt, vereinen sich die einzelnen Fragmente leicht zu einer größeren Kolonie. Studien berichten von hohen Überlebensraten und einem raschen Wachstum.
Alle Methoden, mit denen man aus Fragmenten neue Korallen heranziehen kann, liefern allerdings nur Klone der ursprünglichen Kolonie. Es fehlt folglich an genetischer Vielfalt. Die aber wäre wichtig, damit sich die sanierten Riffe später an neue Herausforderungen anpassen können. Für dieses Problem gibt es nur eine sinnvolle Lösung: Sex. Viele Korallen stoßen – oft gesteuert von den Mondphasen – große Wolken von Eiern und Spermien aus. Die Eizellen werden also im freien Wasser befruchtet und entwickeln sich zu sogenannten Planula-Larven. Diese treiben je nach Art einige Tage bis Wochen im Wasser, bevor sie sich an geeigneten Standorten ansiedeln und so den Grundstock für neue Kolonien bilden. Doch lässt sich dieser natürliche Fortpflanzungsprozess auch gezielt nutzen, um genetisch vielfältige Korallen für die Restaurierung zu züchten und diese dann in Riffen auszubringen? Eine Gruppe um Valérie Chamberland von der Korallenschutzorganisation SECORE International hat Eier der Hirnkoralle Favia fragum in Zuchttanks befruchtet und die so gewonnenen Larven auf kleinen Betonsternen angesiedelt. Nach vier Wochen verteilte das Team die vierzackigen Gebilde mitsamt ihren Bewohnern in einem Riff vor der Karibikinsel Curaçao. Durch ihre Form verkeilten sich die Sterne rasch in Spalten oder wurden von anderen Bewohnern festzementiert. Etwa zehn Prozent der Larven überlebten, nach einem Jahr wuchs auf zwei Dritteln der Betongebilde noch mindestens eine Hirnkoralle. Nach Einschätzung des Teams lassen sich Korallen mit dieser Methode schneller und damit kostengünstiger aussäen als auf konventionellem Weg ohne den Einsatz von Betonsternen. Deshalb könnte das Verfahren größere Sanierungsprojekte ermöglichen.
Allerdings vergehen mitunter Jahre, bis aus den gezüchteten Larven ein richtiger Korallenstock entsteht. Zudem müssen sehr viele davon herangezogen werden, da die meisten von ihnen vorher sterben. Und: Die Methode mit den Betonsternen hat sich bislang vor allem in Riffen mit vielfältiger Struktur bewährt. Wo nur noch beweglicher Schutt über den Meeresgrund rollt, finden weder die Saateinheiten noch die Larven selbst genügend Halt.
In solchen Fällen kann es helfen, gezielt festes Substrat auf den Meeresgrund zu bringen. In den 1970er Jahren hat man das mit eher bizarren Methoden versucht: Als künstliche Riffe sollten etwa ausrangierte Eisenbahnwaggons, Flugzeuge oder Autoreifen dienen. Die Resultate waren ernüchternd. Die Reifen rissen sich mitunter los, wurden an die Strände gespült oder prallten gegen noch intakte Riffe. Zudem setzten etliche der verwendeten Materialien giftige Stoffe frei. »Insgesamt war das eher eine Art Müllentsorgung unter dem Deckmantel des Naturschutzes«, sagt Sebastian Ferse.
Stählerne Spinnen als Grundlage
Inzwischen gibt es deutlich bessere Möglichkeiten. Im Rahmen der Mars-Initiative zur Restaurierung von Korallenriffen haben Fachleute ein Verfahren entwickelt, bei dem eine Metallkonstruktion für den nötigen Halt sorgt. Sie erinnert an eine stählerne Spinne mit sechs Beinen. Das Metall dieser so genannten Riffsterne wird mit Harz und Sand beschichtet, damit Korallen sich gut daran anheften können. Wie ein Netz lassen sich diese Strukturen über zerbröselte Riffbereiche verteilen. Nach ein paar Jahren sind sie oft komplett mit Korallen überwachsen und kaum noch zu erkennen.
Laut Angaben des Konzerns wurden bereits in zwölf Ländern insgesamt rund 87 000 Riffsterne installiert – oft mit Unterstützung von ortsansässigen Korallen-Fans. Allein am Hope Reef in Indonesien sollen mehr als 800 der stählernen Spinnen auf dem Meeresgrund stehen. Die Auswirkungen sind beachtlich: Die von Korallen bedeckte Fläche ist um 68 Prozent gewachsen, und es schwimmen dort 58 Prozent mehr Fischarten als zuvor.
Auch Forscherinnen und Forscher bescheinigen dem Projekt Erfolge. Ein Team um Rindah Talitha Vida von der IPB University im indonesischen Bogor hat untersucht, wie sich die Sanierung auf die Architektur der Unterwasserstadt ausgewirkt hat. Nach drei Jahren ähnelte die kleinräumige Struktur der wiederaufgebauten Flächen bereits der von gesunden Riffen. In dieser Zeit hatten sich so viele verzweigte Korallen angesiedelt, dass ein abwechslungsreicher Lebensraum für kleine Fische und viele andere Bewohner entstanden war. Es fehlten allerdings die massiven, langsam wachsenden Korallenstöcke, die vor allem für große Fische wichtig sind. Um auch diese zurückzubringen, müsse man verschiedene Sanierungsmethoden kombinieren, folgert das Team. Das dauere zwar länger, lohne sich aber. Denn Riffe mit einer Vielzahl unterschiedlicher Korallenformen könnten widerstandsfähiger gegenüber Umweltveränderungen sein.
Sebastian Ferse hält das Hope Reef ebenfalls für ein gelungenes Beispiel einer Riffsanierung. Das Team arbeite dort nicht nur mit internationalen Forschern und Forscherinnen zusammen, sondern bilde auch Menschen vor Ort in Restaurierungstechniken, im Monitoring der Korallen und im wissenschaftlichen Arbeiten aus. »Auch mit noch so viel Engagement können wir aber kein Riff so nachbauen, wie es vor seiner Zerstörung war«, betont Sebastian Ferse. Das sei auch nicht das Ziel. »Es geht vielmehr darum, die Selbstheilungskräfte des Ökosystems zu aktivieren, damit es sich eigenständig regenerieren kann.« In Florida hat der Biologe Riffe gesehen, in denen sich natürliche und restaurierte Bereiche kaum noch voneinander unterscheiden ließen. Und auch in Südostasien, wo die Wiederherstellung wegen des größeren Artenreichtums noch schwieriger ist, lässt sich der Zustand geschädigter Unterwasserstädte in wenigen Jahren deutlich verbessern.
Blick in die Zukunft
Doch ob das alles ausreichen wird, ist fraglich. »Wir können derzeit gar nicht in so großem Stil restaurieren, wie es angesichts der Schäden nötig wäre«, sagt Sebastian Ferse. Aufwand und Kosten sind so hoch, dass sich die Projekte meist auf relativ kleine und ökologisch besonders wertvolle Gebiete beschränken. Deshalb tüfteln Fachleute weltweit an neuen Technologien, die sich effektiver und in größerem Maßstab einsetzen lassen. Im Gespräch sind etwa Unterwasserdrohnen, die vollautomatisch Larven aussäen und den Erfolg solcher Maßnahmen überwachen, berichtet der Experte. Auch neue Substrate, die sich ohne spezielle Befestigung im Riff verhaken, könnten Kosten senken. Und eine sorgfältigere Auswahl der ausgepflanzten Korallen könnte helfen, ihre Überlebenschancen zu verbessern.
»Die Idee ist, dass probiotische Bakterien einer Koralle helfen könnten, Hitzestress besser zu überstehen«Anna Roik, Korallenforscherin
So versuchen inzwischen etliche Forschungsgruppen, gezielt hitzeresistentere Varianten zu züchten – bisher mit bescheidenem, aber durchaus messbarem Erfolg. Eine andere Idee: Bakterielle Helfer sollen die wärmegeplagten Polypen unterstützen. Denn ähnlich wie Menschen tragen auch Korallen zahlreiche Mikroorganismen in sich. Und ihr Mikrobiom beeinflusst ihre Hitzeempfindlichkeit, wie eine Gruppe um Anna Roik vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel bei Untersuchungen in Thailand herausgefunden hat. In der Andamanensee haben die Forscherinnen und Forscher zunächst nach hitzetoleranten Korallen der Gattungen Pocillopora und Porites gesucht. Mit zerkleinertem Gewebe von diesen Überlebenskünstlern haben sie dann weniger widerstandfähige Artgenossen geimpft. »Die Idee ist, dass probiotische Bakterien mit nützlichen Funktionen einer Koralle helfen könnten, Hitzestress besser zu überstehen«, erklärt Anna Roik. Tatsächlich ließ sich so zumindest ein Teil des Mikrobioms übertragen. Die behandelten Korallen blichen in 34 Grad warmem Wasser deutlich weniger aus als unbehandelte Artgenossen.
Viel Zeit bleibt allerdings nicht mehr, um neue Rettungsmethoden zu entwickeln und den Korallen der Erde eine Zukunft zu sichern. »Knackpunkt werden die nächsten zwei bis drei Jahrzehnte sein«, meint Sebastian Ferse. »Wenn wir da nicht vorankommen, könnten wir angesichts der Klimaprognosen den Großteil der Riffe verlieren.« Doch die Hoffnung bleibt bunt.
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