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News: Kormorane bevorzugen den Platz in der Speisekammer

Wenn Sie direkt neben der Speisekammer sitzen, sind Sie wahrscheinlich auch schneller satt als jemand, der lediglich weiß, die Vorräte befinden sich irgendwo im Umkreis von drei Kilometern. Und genau nach dem Prinzip leben grönländische Kormorane: Sie suchen ihre Jagdgebiete so geschickt aus, dass sie dreißig Mal schneller an ihre Nahrung gelangen als andere Seevögel.
Wenn Warmblüter in kalten Gegenden leben, müssen sie sich auf irgend eine Weise vor der Kälte schützen. So haben zum Beispiel Seehunde ein dickes, wasserfestes Fell und Wasservögel ein warmes und ebenso wasserdichtes Federkleid. Zusätzlich bilden die Tiere eine isolierende Fettschicht aus. Nach der Bergmannschen Regel sind die meisten Bewohner kalter Regionen auch größer als ihre Artgenossen aus wärmeren Gegenden, da ihr Verhältnis von Volumen zu Oberfläche dann günstiger ist.

David Grémillet und Sarah Wanless vom National Environment Research Council haben nun herausgefunden, dass diese Regel auf Kormorane (Phalacrocorax carbo) nicht zutrifft. Die Körpergröße von Tieren aus dem kalten Grönland unterscheidet sich kaum von der ihrer Artgenossen aus südlicheren europäischen Gewässern (Herbstausgabe der NERC News, 1. September 2000). Die Wasservögel bilden offensichtlich auch in sehr kalten Gegenden nur eine dünne Isolationsschicht aus, und ihre Federn saugen sich zum Teil sogar mit Wasser voll.

Zudem haben die Untersuchungen ergeben, dass Kormorane aus Grönland keineswegs mehr fressen als ihre südländischen Verwandten, sie sind nur deutlich effektiver in ihrem Fressverhalten. Das widerlegt die Annahme vieler Fischer, nach der diese Vögel maßgeblich zur Reduzierung der Fischbestände beitragen sollen.

"Kormorane wählen in kaltem Wasser lediglich ihre Jagdreviere sehr geschickt aus. Sie halten sich vorwiegend an Stellen auf, an denen Fisch im Überfluss vorhanden ist, das ist das Geheimnis ihres Erfolges", so Grémillet. "Selbst wenn sie ihre Jungen aufziehen, müssen die Vögel in Grönland nur vierzig Minuten am Tag tauchen. Im Gegensatz dazu sind brütende Kormorane in der Normandie 2,5 Stunden am Tag unter Wasser." "Eine Höchstleistung der Anpassung haben wir in der Nähe der Disko-Bucht in Grönland gesehen. Dort, wo Flüsse das Wasser eisfrei halten, fischen die überwinternden Kormorane gerade mal neun Minuten am Tag", fügt Wanless hinzu. Damit gelangen die Vögel ganze dreißig Mal schneller an die für sie notwendige Nahrung, als bisher bei Wasservögeln beobachtet wurde.

Eine neue Debatte könnte sich allerdings um die Winterquartiere der Kormorane ranken. Denn die Vögel ziehen in der kalten Jahreszeit ins Landesinnere und wählen verständlicherweise vorwiegend flache, fischreiche Seen oder Fischfarmen als Bleibe – Gebiete also, an denen ihr Schnellimbiss gesichert ist. Aber nicht, dass Sie jetzt denken: Ein ordentlicher Schnellimbiss oder ständige Kühlschranknähe machen schlank!

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