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Quantencomputer : Korrektur auf kleinster Ebene

Es ist nicht einfach, Fehler zu korrigieren, ohne sie anzusehen. Dennoch müssen auch die scheuen Atome kontrolliert werden, um eines Tages mit Quantencomputern zig Rechnungen gleichzeitig - und fehlerfrei - durchzuführen.
Quanten sind anders. Während sich ein Fußball in einem Augenblick entweder nur links- oder rechtsherum drehen kann, rotieren Quanten gleichzeitig nach links und rechts. Verrückt, mit Sicherheit. Noch verrückter ist, dass Quanten dieses Kunststück nur beherrschen, solange niemand zusieht. Sobald ein Physiker seine Messapparatur einschaltet, werden die Quanten zu winzigen Fußbällen und drehen in eine einzige Richtung. Superposition von Zuständen nennen Wissenschaftler dieses Sowohl-als-auch, das bei jeder Messung in einen der überlagerten Zustände kollabiert.

Die Verrücktheiten greifen um sich, wenn Forscher überlegen, wie sie die seltsamen Fähigkeiten nutzen können. Eine der beliebtesten Ideen ist der Quantencomputer: Seine Schaltungen rechnen mit Hilfe der Superposition alle unzähligen Varianten eines Problems gleichzeitig durch. Auf diese Weise könnte beispielsweise ein raffinierter Chiffriercode durch superparalleles, aber dennoch simples Probieren aller Möglichkeiten in einem einzigen Durchgang geknackt werden. Zukunftsmusik, doch bereits jetzt schwitzen Mathematiker an kryptografischen Verfahren, die auch Quantencomputer-sicher sein sollen.

Eine der Hürden, die es auf dem Weg zum realen Quantenrechner zu nehmen gilt, ist die Kontrolle und Korrektur der Prozesse. Quanten haben nämlich die unpraktische Angewohnheit, ab und zu spontan ihre Drehrichtung zu ändern – mit fatalen Folgen für das Ergebnis der Rechnung. Was fehlt, ist ein System, mit dem die Instruktoren den Quanten in die Karten schauen können, ohne deren Abläufe zu stören. So ein System haben nun Physiker um John Chiaverini vom National Institute of Standards and Technology offenbar gefunden – wenn auch bislang nur im Labormaßstab.

Träger der Information waren im Experiment der Forscher Beryllium-Atome. Eines davon wurde in einen unbekannten Startzustand versetzt. Ohne den Wissenschaftlern etwas über seine Rotation zu verraten, wurde es dann mit zwei weiteren Atomen zusammengebracht und wechselwirkte so stark mit diesen, dass alle drei Atome sich wie ein einziges Teilchen verhielten. Physiker sprechen von einer "Verschränkung", bei welcher die Atome ihre Informationen miteinander teilen, ohne sich gegenseitig zu stören. Anschließend simulierte das Team mit einem künstlichen Fehler einen natürlichen Wechsel des Zustands, den sie anschließend messen wollten – ganz so, als füge ein Lehrer heimlich falsche Zahlen in die Matheklausur seiner Schüler ein.

Als Werkzeug für den Umgang mit den Atomen diente eine raffinierte Ionenfalle, in der Laserstrahlen die Quanten einzeln bewegen und manipulieren konnten. Damit trennten die Wissenschaftler das ursprüngliche Ion und seine beiden später hinzugekommenen Partner. Letztere nahmen sie genauer unter die Lupe, wodurch das System zwangsläufig aus der Superposition in einen einzigen Zustand kollabierte. Dabei verriet es jedoch, ob das Ursprungs-Ion mit einem künstlichen Fehler verändert worden war oder nicht. Mit einem gezielten Laserpuls konnte es bei Bedarf wieder in den korrekten Zustand versetzt werden.

Gegenwärtig ist der Aufwand für die Kontrolle eines einzelnen Quants natürlich noch sehr groß. Prinzipiell lässt sich die Methode jedoch auf Systeme mit mehr Teilchen und anderen Zuständen als Rotationen übertragen. Also durchaus ein Grund für einige schlaflose Nächte bei den Kryptografen.

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