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News: Kosmische Einbahnstraße

Schwarze Löcher sind nicht leicht zu entdecken. In den letzten Jahren konnten Astronomen zwar einige Exemplare ausfindig machen, letztlich handelte es sich dabei jedoch immer um indirekte Hinweise. Nun scheint sowohl mit dem Weltraumteleskop Hubble als auch mit dem Röntgenobservatorium Chandra der direkte Nachweis des Ereignishorizonts eines Schwarzen Lochs gelungen zu sein.
Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie sagt die Existenz Schwarzer Löcher voraus: Oberhalb einer bestimmten Masse – etwas mehr als drei Sonnenmassen – lassen die Gravitationskräfte jegliche kompakte Materie zusammenstürzen und verdichten sie auf einen unendlich kleinen Punkt. Die Gravitation dieser Singularität ist so groß, dass sie nicht nur Materie aus dem Umfeld in sich hineinzieht, auch Licht kann ihrer Anziehungskraft nicht widerstehen. Sie lassen sich deshalb nur schwer nachweisen: Ihre starke Gravitation beeinflusst Bahnen und Geschwindigkeiten anderer Himmelskörper und das lässt sich beobachten.

Es gibt aber auch noch einen anderen Weg, auf dem sich die "hungrigen Mäuler" im All offenbaren können: Man müsste ihren Ereignishorizont entdecken. Er beschreibt die Fläche um das Schwarze Loch, ab der es für Licht und damit auch für alles andere kein Entkommen mehr gibt. Da kein anderes Objekt einen Ereignishorizont ausbilden kann, wäre eine solche Beobachtung der sichere Nachweis eines Schwarzen Lochs.

Nun ist es Michael Garcia und seinen Kollegen vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics offenbar gelungen, mit Hilfe des Röntgenobservatoriums Chandra und anderen Röntgensatelliten wie ROSAT, den Ereignishorizont von Schwarzen Löchern zu entdecken. Die Wissenschaftler untersuchten so genannte Röntgennovae. Hierbei handelt es sich um Systeme, bei denen sporadisch Gas von einem Stern mit ausgedehnter Atmosphäre zu einem Neutronenstern oder einem Schwarzen Loch strömt – dabei entsteht Röntgenstrahlung. Die Astronomen beobachteten nun, dass Zwillingssysteme mit Schwarzem Loch nur ein Prozent der Energie eines Systems mit Neutronenstern emittieren, obwohl theoretisch die gleiche Menge an Materie angesogen und entsprechende Energie abgestrahlt wird (Tagung der American Astronomical Society vom 11. Januar 2001, zur Veröffentlichung eingereicht in Astrophysical Journal).

Was ist der Grund? Bei einem Neutronenstern wird Energie in Form von Strahlung frei, wenn Materie auf ihn hinab fällt und seine Oberfläche trifft. Aufgrund der kleineren Masse kann der Stern die Strahlung nicht halten – sie wird für uns sichtbar. Schwarze Löcher hingegen haben keine Oberfläche, auf die Materie treffen kann. Stattdessen verschwindet jegliche Materie und Strahlung, wenn sie den Ereignishorizont überschreitet, und bleibt für uns unsichtbar. "Es ist ein wenig seltsam zu sagen, wir haben etwas entdeckt, dadurch dass wir fast nichts gesehen haben. Aber auf den Punkt gebracht, ist das genau das, was wir gemacht haben", äußert sich Garcia.

Auch das Weltraumteleskop Hubble konnte vermutlich den Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs beobachten. Das Team um Joseph Dolan vom NASA Goddard Space Flight Center beobachtete regelmäßige Blitze im ultravioletten Bereich, die vermutlich von stark aufgeheizten Gasblasen stammten, die auf einer spiralförmigen Bahn in ein Schwarzes Loch stürzten. Die Entdeckung ergab sich aus einer eingehenden Analyse von Daten, die Hubble schon 1992 am 6000 Lichtjahre entfernten System Cygnus XR-1 aufzeichnete (Tagung der American Astronomical Society vom 11. Januar 2001).

Die beobachteten Fluktuationen im ultravioletten Spektrum bezeichnen die Astronomen auch als dying pulse train. Ohne einen Ereignishorizont würden die Lichtblitze heller werden, wenn die Gasblase auf die Oberfläche des Himmelsobjekts aufschlagen. Das ist nicht der Fall. Wie bei den Beobachtungen von Chandra, werden die Blitze schwächer und ihr Spektrum verschiebt sich zu größeren Wellenlängen. Auch die Pulsfrequenz – ein Effekt der starken Gravitation – wird kürzer, bis das Blitzen aufhört, wenn die Gasblase den Ereignishorizont überschreitet.

Die Astronomen fanden leider nur zwei Beispiele für einen dying pulse train. Das eine Ereignis hatte sechs schwächer werdende Pulse, das andere sieben. Aus diesem Grund ist Dolan noch vorsichtig. Er meint, dass noch eine minimale Chance besteht, dass es sich lediglich um statistische Schwankungen handeln könnte. Andererseits stimmen die Ergebnisse genau mit den Erwartungen der Astrophysiker überein – es spricht also vieles dafür, dass auch Hubble einen Ereignishorizont im Visier hatte.

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