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Kreislaufwirtschaft: Dünger aus Trockentoiletten besteht Praxistest

Urin und Fäkalien von Menschen stecken voller Nährstoffe für Pflanzen. Ob sie ein sicherer Kunstdüngereinsatz sind, sollte nun ein Test zeigen.
Trockentoilette in einem Park in Frankreich
Trockentoiletten wie diese kommen ohne Wasser aus. Werden fest und flüssig zudem getrennt aufgefangen, liefern sie geeignete Grundstoffe für die Herstellung ökologischer Dünger.

Mit aufbereitetem Urin und Kompost aus Fäkalien lassen sich Gemüsepflanzen offenbar genauso gut düngen wie mit Vinasse, einem aus Energiepflanzen recycelten Dünger. Das hat ein Expertenteam um Ariane Krause vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau in Großbeeren bei Berlin nun gezeigt. Die Gruppe hat dazu Weißkohl unter verschiedenen Bedingungen angebaut und die Ergebnisse verglichen. Im Magazin »Frontiers in Environmental Science« veröffentlichen Krause und Kollegen ihre Studie.

Dass die Ausscheidungen der Menschen als Dünger taugen, ist keine neue Erkenntnis. Bis in die jüngere Vergangenheit wurden Urin und Kot als begehrter Rohstoff eigens eingesammelt und vor der Stadt auf die Felder gekippt. In der modernen, hochprofessionalisierten Landwirtschaft haben sie jedoch mit künstlichem Mineraldünger ein hochwirksames und billiges Konkurrenzprodukt – allerdings auch eins, das schwer wiegende Umweltfolgen hat. So wird der darin enthaltene Stickstoff aus Erdgas gewonnen, Phosphor wird in so großer Menge in Minen abgebaut, dass die Reserven langsam knapp werden.

Menschliche Ausscheidungen, die alle erforderlichen Elemente enthalten, könnten darum helfen, diese Mineralien wieder zurückzugewinnen. Dazu müssen sie jedoch konkurrenzfähig und sicher sein: Urin und Kot können beispielsweise Krankheitserreger und Arzneimittelrückstände enthalten, die nicht in die Umwelt und schon gar nicht in die angebauten Pflanzen gelangen sollen.

Krause und Team testeten nun unter anderem Urin, der ein Aufbereitungsverfahren durchlaufen hat. Dabei wird der enthaltene Stickstoff zunächst mikrobiell umgewandelt. Das Resultat wird im Anschluss durch Aktivkohlefilter geschickt und schließlich aufkonzentriert. Fäkalien wurden in ihrem Test in Kompostanlagen mit Sägespänen und geringen Mengen Grünschnitt und Stroh verkompostiert. Beide Behandlungen sorgen laut Analysen dafür, dass das Endprodukt weitgehend frei von Schadstoffen ist. Von 310 Chemikalien ließen sich im Kohl am Ende nur noch zwei nachweisen: das Schmerzmittel Ibuprofen und Carbamazepin, das gegen epileptische Anfälle eingesetzt wird. Allerdings müsse man eine halbe Million Kohlköpfe verzehren, um die Dosis einer einzigen Tablette dieses Medikaments aufzunehmen, rechnet das Forscherteam vor.

Während in ihren Tests die urinbasierten Dünger den Nahrungsbedarf der Nutzpflanzen ähnlich gut deckten wie Dünger der Biolandwirtschaft, lieferte der aus Fäkalien gewonnene Kompost für sich genommen keine ausreichende Stickstoffmenge. Als Bodenverbesserer und Kohlenstoffbinder könnte er dennoch gute Dienste leisten.

Komposttoiletten liefern die Ressource in Reinform

Seit Jahren versuchen Experten, den Düngerschatz in den menschlichen Ausscheidungen zu heben, wobei sich Klärschlamm als Ausgangsmaterial anbietet. Krause und Team betrachteten nun speziell den Fall der Trocken- oder Komposttoilette. In diesen Toiletten wird nicht mit Wasser nachgespült, stattdessen deckt man das große Geschäft zum Beispiel mit Sägemehl ab. Ein Teil des Urins wird vom Sägemehl gebunden, der Rest sickert in einen Auffangbehälter. So lassen sich beide Stoffe getrennt voneinander und im Idealfall ohne unerwünschte Beimengungen gewinnen. Zudem spart das Verfahren Wasser und Energie. Im Klärschlamm reichern sich dagegen häufig Mikroplastik und Schwermetalle an, bei der energieintensiven Aufbereitung geht außerdem Stickstoff verloren oder endet in der Umwelt.

Komposttoiletten haben sich in den vergangenen Jahren als mobile, umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Toiletten erwiesen, insbesondere im Außenbereich. Zum Einsatz kommen sie unter anderem bei Open-Air-Festivals, in Kleingartenanlagen oder beim Camping. Den Urin für ihren Test bezogen die Forscherinnen und Forscher um Krause bei der EAWAG, dem Wasserforschungsinstitut der ETH Zürich, das Trockentoiletten auf dem Campus installiert hat.

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