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Künftige Kriege: Angriff im Orbit

Satelliten sind heute unverzichtbar, aber nur schwer vor möglichen Aggressionen zu schützen. Wie lässt sich ein Kampf im All verhindern?
Raumflugkörper attackiert Satelliten mittels Laserstrahl.

Was der Amateur-Satellitenbeobachter am 30. Januar 2020 beim Kurznachrichtendienst Twitter schrieb, klang wie aus einem futuristischen Spionagethriller: Cosmos 2542, ein russischer Beobachtungssatellit, würde den amerikanischen Spionagesatelliten USA 245 verfolgen, wobei der Abstand zwischen 150 und 300 Kilometern schwanke. USA 245 veränderte seine Umlaufbahn, um seinem Verfolger zu entkommen. Daraufhin passte auch Cosmos 2542 seine Flugbahn an, irgendwann waren die beiden Objekte lediglich 20 Kilometer voneinander entfernt. Das seien alles nur Indizien, schrieb der Beobachter, aber viel deute darauf hin, dass ein russischer Satellit gerade sein US-Pendant inspiziere.

Die Tweets erregten die Aufmerksamkeit von Laura Grego, einer Astrophysikerin und Weltraumtechnologin, die im Rahmen ihrer Forschungsarbeit Satelliten katalogisiert. Schon vor Jahren hat sie damit begonnen, den Austausch zwischen Amateurbeobachtern zu verfolgen. Vor Szenarien wie dem beschriebenen Vorfall fürchten sich Fachkundige wie sie, könnten sie doch einen Krieg im Weltraum auslösen. Ein solcher wäre keine gewalttätige Auseinandersetzung, bei dem sich die Parteien im Orbit gegenseitig erschießen. Es wäre auch keine Kampfhandlung, die von großer Höhe ausgeht. »Satelliten werfen keine Bomben ab«, sagt Grego. »Da gibt es bessere, schnellere oder preiswertere Alternativen.« Stattdessen bedeutet Weltraumkrieg: Angriff auf Satelliten. Mit entsprechender Ausrüstung hätte Cosmos 2542 seinen Gegenspieler beschädigen oder sogar in Stücke sprengen können. Wäre dergleichen passiert, wäre es vermutlich zu einem Gegenschlag der USA gekommen – etwa durch die Zerstörung eines russischen Raumflugkörpers. Und schon hätte der erste Krieg im Weltall begonnen.

Die meisten Länder der Erde sind erheblich von zivilen Satelliten abhängig, die etwa Signale für GPS, Kreditkartentransaktionen, Krankenhaussysteme, Fernsehstationen und Wetterberichte übertragen. Die Liste der von ihnen versehenen Dienste ist schier endlos, und viele Bereiche unserer modernen Gesellschaft funktionieren nicht mehr ohne sie. Insbesondere die USA sind zusätzlich auf ihre militärischen Kommunikations- und Überwachungssatelliten angewiesen. Daher könnte ein Weltraumkrieg für die Vereinigten Staaten dramatische Folgen haben – wohl mehr als für jede andere Nation.

Satelliten sind einfache Ziele

Da sich Satelliten als helle Punkte auf vorhersehbaren Umlaufbahnen bewegen, sind sie im Grunde eine leichte Beute. Sie ausreichend zu verteidigen, ist fast unmöglich. Daher würden Militärs den Weltraum wohl als »offensiv-dominante« Umgebung klassifizieren, was so viel bedeutet wie: Angriff ist dort eine einfachere und billigere Strategie als Verteidigung.

Die USA reagierten im Januar 2019 auf die Bedrohung, indem sie die unabhängige militärische Abteilung United States Space Force schufen, mit der Begründung, Russland und China hätten das All »bewaffnet«. Der Weltraum sei ab nun ein Ort, an dem Kriegshandlungen denkbar wären. Die Space Force solle dabei dem Schutz der US-amerikanischen Satelliten dienen.

Der Vorfall mit Cosmos 2542 hätte das Potenzial gehabt, eine »brandgefährliche Situation im Weltraum zu schaffen«, wie der damalige Chef der Space Force, General John Raymond, gegenüber dem »Time Magazine« betonte. Bis heute wissen jedoch weder Grego noch die Amateurbeobachter, was der russische Satellit damals tatsächlich im Schilde führte. Ihre naheliegendste Vermutung ist, dass er sie provozieren oder einschüchtern und im besten Fall etwas beobachten wollte, was nicht für seine Augen bestimmt war. Denn er verhielt sich ähnlich, wie man es von russischen Fischtrawlern kennt. Diese nähern sich immer wieder amerikanischen Navy-Schiffen mit genau diesem Ziel.

Wie nah dürfen sich Satelliten kommen?

Mitte März 2020 twitterte der eingangs erwähnte Amateurbeobachter schließlich, dass USA 245 ein Manöver durchgeführt habe, das ihn für die kommenden Wochen, wenn nicht Monate, tausende Kilometer weit weg von seiner ursprünglichen Bahn führe. Anschließend flog auch Cosmos 2542 woanders hin. Laura Grego antwortete damals auf den Tweet Folgendes: »Ein guter Zeitpunkt, um eine gemeinsame Auffassung darüber zu entwickeln, wie nah zu nah ist.«

Die Astrophysikerin ist Teil der Union of Concerned Scientists, einer gemeinnützigen Organisation, die sich mit der Gefahr eines Weltraumkriegs beschäftigt. Laut deren Mitgliedern ließen sich kriegerische Auseinandersetzungen im Weltall am ehesten durch den Abschluss eines internationalen Abkommens verhindern. Die Verhandlungen dazu sind allerdings festgefahren. »Diplomaten arbeiten nie schnell«, meint Grego, doch im Moment würde überhaupt nichts mehr vorangehen.

Dabei ist die Bedrohung eskalierender Kampfhandlungen im Orbit mit unkalkulierbaren Konsequenzen für die Zivilbevölkerung real. Das bestätigt nicht nur der Vorfall mit Cosmos 2542, sondern auch Aussagen von Experten deuten darauf hin: »Ich kann zwar nicht sagen, ob ein Weltraumkrieg unmittelbar bevorsteht«, sagt John Lauder, der mehr als 30 Jahre an Überwachungsbemühungen des amerikanischen Geheimdienstes zur Rüstungskontrolle anderer Staaten beteiligt war. »Aber bestimmte Entwicklungen machen den Weltraum unsicherer«, meint er. Die Kriegsgefahr nehme rasant zu.

Die ersten Anti-Satelliten-Waffen

Schon seit Anbeginn der Satellitentechnik existieren Mittel und Wege, die Flugkörper aufzuspüren und sogar zu bekämpfen. Der erste Satellit war Sputnik 1. Die damalige Sowjetunion schickte ihn am 4. Oktober 1957 in den Erdorbit. Sogleich wurde das Objekt von Amateuren mit Kameras verfolgt; ähnlich erging es seinen Nachfolgern. Und bis zum Frühjahr 1959 hatte die Defense Advanced Research Projects Agency der USA bereits ein Satellitenüberwachungsnetz aufgebaut. Es folgte die erste US-amerikanische Anti-Satelliten-Waffe, eine Rakete namens High Virgo, die im September 1959 erstmals zu Testzwecken startete. Die UdSSR zog nach: 1963 schickte das Land eine Anti-Satelliten-Waffe auf die Umlaufbahn eines defekten russischen Satelliten, manövrierte sie in seine Nähe und ließ sie dort explodieren.

Diese anfänglichen Machtdemonstrationen im Weltraum ebbten jedoch rasch wieder ab. Stattdessen richteten die USA und die Sowjetunion ihre Aufmerksamkeit während des Kalten Kriegs vorrangig auf das Gleichgewicht der Atomwaffen. Zwar bauten die USA auch in den folgenden Jahrzehnten fleißig Satelliten, »die zu vielem fähig waren, sehr zuverlässig funktionierten und Milliarden von Dollar kosteten«, sagt Brian Weeden von der Secure World Foundation, einer privaten Stiftung, die sich unter anderem für die friedliche Nutzung des Weltraums einsetzt. »Aber die Satelliten wurden nicht mit der Intention gebaut, dass sie einen Feind bekämpfen müssen.« Und als die UdSSR im Jahr 1991 schließlich auseinanderbrach, nahm Amerika wohl an, es würde den Weltraum für immer dominieren, vermutet Weeden.

2001 tauchte das Thema Weltraumkrieg dann kurz auf der Agenda der USA auf, als der neue Verteidigungsminister, Donald Rumsfeld, einen Bericht vorlegte, der vor der Verwundbarkeit der USA im Weltall warnte. Mit »A Space Pearl Harbor« wurde darin auf den Überraschungsangriff der Japaner auf den US-Flottenstützpunkt Pearl Harbor vor Hawaii im Jahr 1941 angespielt. Der Tenor: So etwas dürfe sich im All nicht wiederholen. Im Anschluss begann sich Douglas Loverro, ehemaliger Leiter verschiedener militärischer und ziviler US-amerikanischer Raumfahrtprogramme, für eine Art Weltraumstreitkraft einzusetzen. »Aber dann ereignete sich 9/11, und alle vergaßen den Weltraum«, erinnert sich Loverro.

Satelliten im Weltraum |

In der Zwischenzeit hatten auch Frankreich, Japan, Großbritannien und Indien ihre eigenen Satelliten gestartet. Hinzu kamen viele weitere Nationen, die solche Geräte mit Hilfe anderer Länder gefertigt und ins All befördert hatten, darunter Deutschland. Loverro und seine Kollegen sowie Abgeordnete des Repräsentantenhauses drängten weiterhin auf die Einführung einer Weltraumsparte des Militärs – lange ohne Erfolg. Doch im Februar 2019 ordnete der amerikanische Präsident Donald Trump plötzlich per Dekret an, eine »Space Force« einzurichten. »Auf magische Weise wurden wir wiederbelebt«, sagt Loverro.

Ende 2019 wurde eine militärische Abteilung für den Weltraum dann offiziell gegründet. Zunächst ging es jedoch eher um bloße Rhetorik als um handfeste Details. Etliche abfällige Bemerkungen in sozialen Netzwerken waren die Folge. Das Image der Abteilung wurde nicht besser, als ihre erste offizielle Handlung darin bestand, Tarnuniformen für ihre Soldaten zu präsentieren, deren »Schlachtfeld« ein Büro ist. Das Logo, das unübersehbare Ähnlichkeiten mit dem Abzeichen der Sternenflotte in der Fernsehserie »Star Trek« aufwies, tat ein Übriges. Ab Juni 2020 wurde die Sache dann ernster. Die Verantwortlichen begannen damit, Experten zu rekrutieren, sich mit internationalen Verbündeten zu koordinieren und Kriegsszenarien am Computer zu simulieren.

Große Bandbreite an orbitalen Waffen

Mittlerweile können Militärs aus einem umfangreichen Sortiment an Anti-Satelliten-Waffen, kurz ASAT-Waffen, auswählen. Die schlagkräftigste Option ist eine Lenkrakete, die von der Erde aus abgefeuert wird. Die USA und Russland besitzen solche ASAT-Raketen seit dem Kalten Krieg. Inzwischen haben auch China und Indien zu Testzwecken derartige Lenkflugkörper auf ihre eigenen Satelliten geschossen. Der jüngste Versuch fand im April 2020 in Russland statt.

Eine weitere Möglichkeit besteht im Einsatz manövrierfähiger Satelliten wie Cosmos 2542. Herkömmliche Satelliten lassen sich in der Regel nicht beliebig lenken, da sie unter anderem aus Gewichtsgründen nur kleine Antriebe haben. Solche, die Aufgaben wie Auftanken oder Reparaturen übernehmen, müssen allerdings voll manövrierfähig sein. Sie könnten dann genauso dazu dienen, andere Satelliten auszuspionieren oder sie sogar abzuschießen.

In den letzten Jahren haben die USA und Russland zudem Satelliten eingesetzt, die kleinere Subsatelliten in Umlaufbahnen einbringen können: Cosmos 2542 setzte etwa Cosmos 2543 aus, der dann ebenfalls USA 245 verfolgte. Die Amerikaner wiederum haben mit X-37b eine kompaktere, robotergestützte Version des Spaceshuttles, das ebenfalls kleinere Flugkörper aussenden kann.

Deutschland und seine Satelliten

Der erste deutsche Satellit startete im Jahr 1969 an Bord einer amerikanischen Scout-Rakete von Vandenberg, Kalifornien. Weil seine Solarpanele bläulich schimmerten, taufte man ihn »Azur«. Er sollte für ein Jahr Daten über die kosmische Strahlung und ihre Wechselwirkung mit der Magnetosphäre liefern. Am 29. Juni 1970 brach die Verbindung zu Azur jedoch aus ungeklärten Gründen ab, und seither umkreist er stumm die Erde. Die Bundesrepublik Deutschland war damit die siebte Nation mit Satelliten im All.

In den 1970er Jahren folgten weitere deutsche Satelliten, etwa Dial und Aeros 1 und 2, die der Erforschung der oberen Atmosphäre dienten, oder Symphonie 1 und 2, deutsch-französische Koproduktionen und die ersten geostationären Kommunikationssatelliten aus Europa. Ende der 1980er Jahre kamen TV-Sat 1 und 2 dazu. Die Geräte waren die bis dahin schwersten kommerziellen Kommunikationssatelliten und sollten eine neue Fernsehnorm einführen. Das missglückte, und die beiden umkreisen die Erde schon seit Jahrzehnten auf so genannten »Friedhofumlaufbahnen«.

Der Röntgensatellit ROSAT ist der bislang größte deutsche Satellit. Er flog im Jahr 1990 an Bord einer US-amerikanischen Delta-II-Trägerrakete von Cape Canaveral in den USA ins All. Mit ihm gelang eine vollständige Durchmusterung des Himmels in hoher Auflösung. Der 1999 gestartete Satellit ABRIXAS war ein preiswerter Nachfolger von ROSAT. Allerdings fiel bereits drei Tage nach Missionsbeginn seine Batterie aus, und der Flugkörper wurde unbrauchbar. Erfolgreicher war der Kleinsatellit CHAMP, der rund ein Jahr später in den Orbit gesendet wurde und unter anderem das Magnet- und Schwerefeld der Erde vermaß. Erst nach zehn Jahren – mehr als dem Doppelten der geplanten Missionszeit – verglühte CHAMP beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. In der deutsch-amerikanischen Nachfolgemission GRACE, die im Jahr 2002 begann, vermaßen zwei Satelliten das Gravitationsfeld der Erde für viele Jahre.

Die deutsche Präsenz im All diente also über Jahrzehnte lediglich der Forschung oder der Kommunikation. In militärischen Fragen verließ man sich auf den Partner USA. Mit SAR-Lupe, einem Satellitenaufklärungssystem aus fünf identischen Kleinsatelliten, änderte sich das. Seit Ende 2007 sendet es hochaufgelöste Bilder der Erde – insbesondere von Krisenregionen, in denen die Bundeswehr aktiv ist, etwa Afghanistan. Seit etlichen Jahren plant die Bundeswehr ein neues, leistungsfähigeres Radar-Aufklärungssystem, SARah, bestehend aus drei Satelliten. Der Start verzögerte sich aber immer wieder und ist nun für 2021 oder 2022 angedacht. Seit 2011 nutzt die Bundeswehr außerdem SATCOMBw, ein satellitengestütztes Kommunikationssystem, das von Airbus Defence and Space betrieben wird. Es ermöglicht dem Militär unter anderem weltweit abhörsichere Telefongespräche, Videokonferenzen und Internetzugang. Zusätzlich überwachen seit September 2020 rund 50 Mitarbeiter der Luftwaffe vom neuen Operationszentrum im nordrhein-westfälischen Uedem die Flugbahnen von Satelliten und Weltraumschrott per Radar. Schrittweise soll das Personal auf bis zu 150 Soldaten aufgestockt werden. So möchte die Bundeswehr ihre eigenen Satelliten in Zukunft vor Angriffen und Kollisionen schützen.

Daneben gibt es Weltraumkriegstechnologien, die man nicht sehen kann: elektromagnetische Strahlung etwa. Auf Satelliten können entsprechende Geräte installiert sein, mit denen sich die Kommunikation mit Bodenstationen stören lässt. Die Strahlung erlaubt so genannte Spoofing-Angriffe, in deren Folge attackierte Satelliten fehlerhafte Informationen senden. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die USA, China und Russland routinemäßig die Verbindungen anderer Länder mit ihren jeweiligen Navigationssatelliten stören.

Auch am Boden oder auf Satelliten installierte Laser lassen sich als Waffe einsetzen. Ihr Licht kann die Fotosensoren der Spionagesatelliten derart blenden, dass sich damit nichts mehr erkennen lässt. Allerdings ist unklar, wer welche Lasertechnologie mit welchen Fähigkeiten besitzt.

Fest steht jedoch: Es gibt genügend Möglichkeiten für feindliche Aktivitäten im Weltraum – und die USA haben dort viel zu verlieren. Von den knapp 3000 Satelliten im Erdorbit gehören den USA rund die Hälfte – die exakten Zahlen ändern sich laufend und variieren manchmal abhängig von der Quelle. Bei etwa 1000 der US-amerikanischen Exemplare handelt es sich um kommerzielle Geräte; sie dienen zum Beispiel dem Rundfunk oder der Kommunikation. Rund 200 Stück sind von der Regierung oder von Forschungseinrichtungen. Sie sammeln unter anderem Daten für die Vorhersage von Wirbelstürmen, beobachten die Kontinentaldrift oder erforschen das Universum, wie das Hubble-Weltraumteleskop. Die restlichen, mehr als 200, unterhalten das Militär und der Geheimdienst. Sie werden zur Spionage und für Kommunikationszwecke genutzt, etwa um Streitkräfte zu kommandieren oder Drohnen zu steuern.

Leicht verwundbare Systeme

Ein paar dieser Militär- und Aufklärungssatelliten sind fundamental für die Sicherheit der USA. Das Raketenfrühwarnsystem nutzt lediglich acht Satelliten, das hochauflösende Bildmaterial für die Geheimdienste wird von vielleicht einem Dutzend erstellt, und die militärische Kommunikation hängt von nur sechs ab. Es handelt sich also um leicht verwundbare Systeme.

Doch bislang weiß niemand, wie man Satelliten effektiv verteidigen kann. Beobachtungssatelliten lassen sich womöglich mit Verschlussblenden ausstatten, die auf zu viel Blendlicht reagieren. Bodyguard-Satelliten wiederum könnten andere, wichtige Satelliten vor Angriffen schützen. Ob solche Verteidigungsstrategien bereits in die Praxis umgesetzt worden sind, ist unbekannt. »Man wird kaum offizielle Details über die Verteidigungstechniken finden«, sagt Weeden. Solche Informationen blieben stets unter Verschluss.

Laut Weeden ist die Tarnung eines Satelliten technisch möglich – aber auch teuer und schwierig. Außerdem lässt sich ein Raumflugkörper zwar unsichtbar für Radar oder für Teleskope machen, jedoch nicht für beide gleichzeitig. Darüber hinaus kann die dazu notwendige Technik die Leistung des Satelliten beeinträchtigen. Die meisten Verteidigungsbemühungen konzentrieren sich daher auf Abschreckung. »Und das Mittel, zu dem das Militär hier standardmäßig greift, heißt Drohung«, erzählt Grego. »Ihr setzt ASAT-Waffen gegen mich ein, also werde ich welche gegen euch einsetzen.« Eine solche Situation könnte rasch eskalieren.

Alle Welt im Orbit

Heutzutage betreiben fast 100 Nationen Satelliten im Orbit, sogar der Zwergstaat Monaco oder der Inselstaat Tonga. Gleichwohl haben nur zwölf Länder sowie die Europäische Weltraumorganisation (ESA) Satelliten mit eigenen, selbst entwickelten Trägerraketen gestartet: USA, Russland (zuvor Sowjetunion), Frankreich, Japan, China, Großbritannien, Indien, Ukraine, Israel, Iran und Nordkorea. Deutschland ist für die Entsendung in den Orbit weiterhin auf andere Staaten angewiesen und besitzt vergleichsweise wenige eigene Satelliten. Das liegt unter anderem daran, dass ein Großteil der deutschen Mittel für die Raumfahrt nicht in nationale, sondern in europäische oder internationale Projekte fließt. Auch die Bundeswehr sah lange nicht die Notwendigkeit nationaler Systeme. Einige Nationen wie Brasilien, Argentinien und Taiwan befinden sich in verschiedenen Stadien der Entwicklung ihrer eigenen Trägerraketen, um damit Satelliten in den Orbit zu befördern. Ähnliche Ziele verfolgen mittlerweile auch etliche private Raumfahrtunternehmen (in verschiedenen Ländern).

Die US-Amerikaner sorgen sich in diesem Kontext besonders wegen ihrer spezifischen Verwundbarkeit. Denn Russland und China sind schlichtweg nicht so sehr auf ihre Militärsatelliten angewiesen. »Es sind eben nur die USA, die militärische Operationen überall auf der Welt durchführen«, sagt Weeden. Russlands und Chinas Kommunikation zu Verteidigungszwecken ist eher lokal oder regional begrenzt. Aus diesem Grund können die beiden Länder einen Ausfall ihrer Satelliten im Allgemeinen gut kompensieren, glaubt der Experte für Weltraumpolitik.

In US-Kreisen sucht man daher nach Möglichkeiten, Angriffen auf die eigenen Flugkörper vorzubeugen. Ein probates Mittel wären redundante, widerstandsfähige Systeme, die Verluste hinnehmen können, ohne an Effektivität zu verlieren. Ein solches Ziel wäre für die gegnerische Partei nicht attraktiv – eine Standardtaktik der militärischen Abschreckung. Gleichwohl ist nicht klar, ob das Pentagon diesen Ansatz praktiziert. Zwar wurde seine offizielle »Abwehrstrategie für den Weltraum« im Juni 2020 veröffentlicht, jedoch ohne interessante Details zu nennen.

Traditionell schließt das Pentagon zum Bau seiner Satelliten Verträge mit Giganten der Rüstungsindustrie wie Lockheed Martin, Raytheon und Northrop Grumman. In der Regel sind die Raumfahrzeuge so groß wie wuchtige Pick-up-Trucks. Ein Grund dafür sei wirtschaftliche Effizienz, sagt Oberst Eric Felt vom Air Force Research Laboratory's Space Vehicles Directorate. »Welche Funktion man auch benötigt, man packt es einfach obendrauf«, erklärt er das Motto. Ganz egal, was man gerade fertige.

Private Raumfahrtunternehmen setzen neue Maßstäbe

Die so genannten New-Space-Unternehmen, darunter SpaceX, Blue Origin oder Virgin Galactic, beweisen allerdings seit geraumer Zeit, dass Wirtschaftlichkeit anders aussehen kann. Sie konstruieren wiederverwendbare Trägerraketen und Satelliten, so klein wie Wassermelonen, die nur ein Viertel, mitunter nur ein Zehntel von sonst üblichen Versionen kosten. Auch Felt denkt, dass das Militär mit dieser Strategie mehr Satelliten starten könnte. Zusätzlich verteilen sich damit die verschiedenen Funktionen auf unterschiedliche Satelliten. Das erleichtert den Austausch im Fall eines Schadens. SpaceX verknüpft sogar Tausende von kleinen Satelliten zu großen Konstellationen, die etwa einen weltweiten Internetzugang gewährleisten. Solche Systeme sind äußerst robust gegenüber Angriffen.

Dagegen ist das weltraumgestützte Infrarot-Raketenfrühwarnsystem des US-Militärs, kurz SBIRS, eine Konstellation aus bloß zehn großen Satelliten – und damit »ein fettes, saftiges Ziel«, sagt Joshua Huminski vom National Security Institute der George Mason University. »Wenn man drei SBIRS-Satelliten trifft, ist das Frühwarnsystem ausgeschaltet.« Wäre SBIRS stattdessen eine Konstellation vieler Kleinsatelliten, wäre der Ausfall von dreien zwar ärgerlich, aber das System würde weiterhin funktionieren, so Felt.

Er berichtet, dass die Space Force derzeit enge Beziehungen zu New-Space-Unternehmen aufbaue. Im Zuge dessen würde es auch deren Regeln für Bestellungen neuer Techniken übernehmen: nach Funktion und nicht mehr nach Spezifikation. Das bedeutet so viel wie: »Ich brauche ein System, das mir ausreichend Koffein zuführt« und nicht mehr: »Ich brauche eine große Tasse Kaffee«.

Mitte Juli 2020, vier Monate nach dem Ende der mutmaßlichen Verfolgungsjagd im All, stellten Amateurbeobachter fest, dass der Subsatellit Cosmos 2543 plötzlich von einem Projektil begleitet wurde, getauft Objekt 45915. Es entfernte sich dann aber wieder mit mehr als 1100 Kilometern pro Stunde – offensichtlich besaß es also einen eigenen Antrieb. John Raymond nannte den Vorfall einen »Orbitwaffentest«. Das britische Verteidigungsministerium twitterte, es hoffe, dass Russland künftig zusammen mit internationalen Partnern auf verantwortliche Verhaltensregeln im Weltraum hinarbeiten werde.

»Wenn man alle GPS-Satelliten eines Lands attackiert, zerstört man eine kritische Infrastruktur. Das bedeutet dann wahrscheinlich Krieg«John Klein, Ausbilder am Space Policy Institute der George Washington University

Denn bestehende international verbindliche Verträge sind unspezifisch, alt oder auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt. Der offizielle Weltraumvertrag, der den Einsatz nuklearer Waffen im Weltraum verbietet, wurde etwa schon 1967 unterzeichnet. Seitdem hat sich die Raumfahrttechnik enorm weiterentwickelt. Im Jahr 2014 schlugen Russland und China eine Abmachung vor, welche die Stationierung von Waffen im Weltraum verbietet. Aber am Ende stimmten die US-Amerikaner weder den Bedingungen des Vorschlags zu noch unterbreiteten sie einen Gegenvorschlag.

Erst kürzlich einigte sich das Komitee der Vereinten Nationen für die friedliche Nutzung des Weltraums auf 21 nicht bindende Richtlinien für das Verhalten im Weltall. Dazu seien nationale Regulierungsrahmen für Weltraumaktivitäten überarbeitet worden, berichtet Grego. Das Ergebnis ist allerdings eher vage und für die Astrophysikerin unbefriedigend: »Wenn man die Vereinbarung liest, wird man enttäuscht.« Sie hatte gehofft, dass sich die Richtlinien mit potenziellen Weltraumkriegen befassen würden, was allerdings nicht der Fall ist.

Komplexe Fragen brauchen Antworten

Zweifelsohne sind die Fragen, die beantwortet werden müssten, komplex und zum Teil unbequem. Wie bezieht man alle Beteiligten mit ein? Nicht nur die drei »Platzhirsche« USA, China und Russland, sondern alle Nationen, die im Weltraum zugange sind? Wie könnte eine sinnvolle Definition von orbitalen Waffen lauten? Ein Roboterarm kann einen defekten Sensor ersetzen, aber auch den Satelliten eines anderen Lands kapern. Wie richtet man geeignete Kommunikationskanäle ein, so dass beispielsweise die Nachricht über eine unbeabsichtigte Kollision im Orbit den Adressaten erreicht, bevor es zur Eskalation kommt?

Was gilt überhaupt als Aggression? Ein klarer Fall wäre natürlich, wenn eine Nation einen Satelliten eines anderen Lands mit einer ASAT-Rakete abschießt. Doch ist es schon zu viel, wenn sich ein Satellit dem einer anderen Nation nähert, so wie beim eingangs beschriebenen Vorfall? Wie nah wäre noch in Ordnung? Wie lässt sich sicherstellen, dass Regeln eingehalten werden? Und welche Angriffsziele würden die rote Linie für einen Krieg überschreiten? All solchen Fragen müsse man sich stellen, sagt John Klein, Ausbilder am Space Policy Institute der George Washington University. »Wenn man alle GPS-Satelliten eines Lands attackiert, zerstört man eine kritische Infrastruktur. Das bedeutet dann wahrscheinlich Krieg«, denkt Klein. »Aber was, wenn man nur einen einzelnen kleinen Satelliten ausschaltet?«

Unterdessen weist Grego darauf hin, dass sich die Länder schon mehr oder weniger an inoffizielle Verhaltensregeln halten. Sie registrieren neue Satelliten, die sie in den Orbit schicken. Sie entfernen ausgediente Satelliten aus ihrer Umlaufbahn, um Trümmer und somit Unfälle zu vermeiden. Sie testen so gut wie keine ASAT-Waffen und zerstörten bislang keine Satelliten eines anderen Lands. Wenn also kein verbindlicher Vertrag zu Stande kommt, wie wäre es wenigstens mit einem nicht bindenden internationalen Abkommen auf der Grundlage des derzeitigen Verhaltens? Die USA und Russland sprächen über so etwas, sagt John Lauder. »Nicht, dass wir Details kennen. Aber sie reden – und das ist gut.«

Auch Grego fände es am besten, gegenwärtige Normen als Ausgangspunkt für Gespräche zu nehmen. Doch die Trägheit der Diplomatie zermürbt sie: Die Situation hätte bereits vor Jahren durch allgemeine Beschränkungen geregelt werden sollen, findet die Forscherin.

Eric Desautels, Direktor des Office of Emerging Security Challenges des US-Außenministeriums, einer Abteilung, die sich mit neuen Herausforderungen der nationalen Sicherheit beschäftigt, berichtet, man würde sich darum kümmern. Im Juli 2020 diskutierten etwa US-amerikanische und russische Beamte über die Öffnung bestimmter Kommunikationswege, um Missverständnisse und Eskalationen zu vermeiden. Das waren die ersten derartigen Gespräche seit 2013. Beide Parteien äußerten Interesse an deren Fortsetzung. Währenddessen unterstützen die USA ein neues UNO-Abkommen, welches das Risiko für sich aufschaukelnde Aggressionen verringern soll.

Globales Netzwerk an Sensoren verfolgt Objekte im Orbit

Das Fundament für die Sicherheit im Weltraum ist die Kenntnis des Aufenthaltsorts und Verhaltens jedes einzelnen Satelliten. Die Weltraumdoktrin der Space Force von Juni 2020 spricht hier von »space domain awareness«. Dieses »Bewusstsein« wird gespeist aus einem weltweiten Netzwerk von Sensoren auf Satelliten sowie von Teleskopen am Boden, die permanent den gesamten Erdorbit beobachten und jedes Objekt verfolgen, das größer ist als zehn Zentimeter: knapp 3000 Live-Satelliten sowie 24 000 nicht funktionierende »Zombiesatelliten« und Weltraumtrümmer.

All jene Informationen werden an eine Einheit für Raumfahrtkontrolle der Space Force am Luftwaffenstützpunkt Vandenberg in Kalifornien geschickt, das 18th Space Control Squadron. Mitarbeiter sortieren die Daten über geheime Satelliten aus, der Rest wandert in einen frei zugänglichen Online-Katalog namens »Space-Track«. Wenn zwei Satelliten sich zu nahe kommen, wird eine Warnung abgegeben.

Die 18. Weltraumkontrollstaffel sitzt in einem geheimen Operationszentrum, das – Fotos von Pressemitteilungen nach zu urteilen – Funktionalität über Gemütlichkeit stellt: miteinander verschaltete Rechner, Schreibtische, die Wände gepflastert mit Monitoren. In dieser modernen Bürohalle arbeiten immer einige Mitglieder der Einheit und, um vollständige und exakte Analysen zu gewährleisten, Kollegen aus dem Vereinigten Königreich, Australien, Kanada, der NASA und dem Handelsministerium sowie ein Vertreter aus einem Kollektiv von privaten New-Space-Unternehmen.

Nicht im selben Stockwerk, aber stets für Rücksprachen verfügbar, findet man Vertreter aus Frankreich, Deutschland und dem US-Geheimdienst, einschließlich des amerikanischen Geheimdienstes sowie Verteidigungsministeriums. Die meisten Soldaten in der 18. Staffel sind jünger als 25 Jahre. Und offenbar sind alle technisch sehr versiert: »Die haben mich aus den Socken gehauen«, berichtet der Befehlshaber der Einheit, Oberstleutnant Justin Sorice. Mehr ist von ihm allerdings nicht über die Arbeit seiner Abteilung zu erfahren.

Hobbybeobachter als Informationsquelle

Um herauszufinden, wie man einen Satelliten verfolgt, muss man stattdessen die Amateure befragen – die Hobbybeobachter, wie sie lieber genannt werden möchten. Es gibt bis zu 100 aktive; viele sind Rentner, und alle sind technikbegeistert. Sie benutzen Ferngläser und Stoppuhren oder Radioempfänger, mitunter auch aufwändigere Technik – und liefern Daten über Satelliten mit einer weltweiten Abdeckung, da sie in ganz unterschiedlichen Teilen der Erde sitzen. Manchmal kommunizieren sie über Twitter, meistens verwenden sie aber eine öffentliche E-Mail-Liste namens SeeSat. Dort hat Grego ihr Treiben bereits vor Twitter verfolgt. »Ich habe schon lange aufgehört, sie Amateure zu nennen«, sagt die Forscherin und verweist auf die mitunter beeindruckenden Fähigkeiten der Beobachter.

Mit ihrem Low-Tech-Ansatz können sie hauptsächlich die hellsten, größten Satelliten verfolgen. Ihre Zielobjekte finden sie auf Space-Track, auf Internetseiten, die Satelliten und deren Routen auflisten, oder in Hinweisen für Raketenstarts, bei denen bestimmte Regionen und Zeitfenster wegen Kollisionsgefahr gemieden werden müssen.

»Die Umlaufbahn liefert eine überraschende Vielfalt an Informationen«Jonathan McDowell, Hobbybeobachter und Astronom

Die Hobbybeobachter warten, bis der auserwählte Satellit an einem Stern vorbeifliegt, und stoppen anschließend die Zeit, bis er einen weiteren passiert. Aus der Position der beiden Himmelskörper und der bis auf einen Bruchteil einer Sekunde bestimmten Flugdauer können sie die Umlaufbahn des Satelliten ableiten. Beim letzten Flug des geheimen Spionagesatelliten X-37B hatten die Mitwirkenden diese Information innerhalb von 24 Stunden.

»Die Umlaufbahn liefert eine überraschende Vielfalt an Informationen«, erklärt Jonathan McDowell, ein Hobbybeobachter und Astronom am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. Viele Satelliten befinden sich zum Beispiel in einer niedrigen Erdumlaufbahn (»low earth orbit«, LEO), in einer Höhe von maximal 2000 Kilometern. Von dort lässt sich zwar nur ein kleines Gebiet betrachten, dafür aber in vergleichsweise hoher Auflösung. Daher nehmen LEO-Satelliten meistens Fotos auf, entweder für die Wissenschaft – beispielsweise zur Wetterbeobachtung – oder eben für Spionagezwecke.

Satelliten hingegen, die exakt in 35 786 Kilometer Höhe in geostationärer Umlaufbahn (GEO) schweben, bewegen sich genau mit einem Punkt auf der Erdoberfläche mit. Solche GEO-Satelliten sind meist für Kommunikation oder Rundfunk zuständig. Andere Exemplare wiederum, die hoch auf elliptischen Umlaufbahnen kreisen, verbringen die meiste Zeit über der nördlichen Hemisphäre. In der Regel handelt es sich dabei um Frühwarn- oder Spionagesatelliten. Flugkörper auf sonnensynchronen Orbits bewegen sich im Gleichschritt mit der Sonne, so dass sich ihr Schatten auf der Erde nie verändert: eine gute Voraussetzung für Spionage.

Weitere Informationen lassen sich aus dem Verhalten eines Satelliten ableiten. Wenn einer seine Umlaufbahn anpasst, kann das verschiedene Gründe haben. Vielleicht will man nur den Luftwiderstand verringern oder aber einen ganz bestimmten Flecken Erde beobachten: »Während des Kriegs von 1973«, sagt McDowell, Bezug nehmend auf den Jom-Kippur-Krieg zwischen Israel und einer Koalition der arabischen Staaten, »veränderten Satelliten ihre Bahnen, um häufiger über Ägypten zu fliegen.« Auch aus den Sonnenstrahlen, die von den glatten Oberflächen der Satelliten reflektiert werden, lassen sich Rückschlüsse ziehen. Sind die Spiegelungen zum Beispiel unregelmäßig, verlässt der Satellit wahrscheinlich gerade seine Umlaufbahn.

McDowell glaubt, dass etwa zehn Prozent der von ihm und seinen Mitstreitern beobachteten Satelliten der militärischen Kommunikation, der Frühwarnung oder der Spionage dienen. Ihnen gemeinsam ist, dass sie nicht in Space-Track auftauchen. Die hobbymäßig durchgeführten Beobachtungen liefern also nicht nur frei zugängliche Informationen über zivile Satelliten aller Länder, sondern sind zudem eine Hauptdatenquelle für Militär- und Geheimdienstobjekte.

Seine Mitstreiter und er seien sich der großen Verantwortung bewusst, wenn sie die Öffentlichkeit etwa über die Aktivitäten von Spionagesatelliten informieren, so McDowell. Im Großen und Ganzen würden sie sich jedoch keine Sorgen machen, dass sie nationale Geheimnisse aufdecken könnten. Auch rivalisierende Nationen hätten die Möglichkeit, sich Ferngläser und Stoppuhren zu kaufen, scherzt McDowell. Er hält die Hobbybeobachter insgesamt für eher unpolitisch. Ihre Feinde seien nicht andere Länder, sondern ausfallende und fehleranfällige Geräte. »Wir sehen uns als eine internationale Community von Ingenieuren im Weltraum, die gegen ›Murphy's Law‹ und die Natur kämpfen«, sagt McDowell. Und sie würden gern Rätsel knacken, in diesem Fall Lücken in den Daten von Space-Track finden und diese füllen. »Es ist gewissermaßen wie Sudoku«, scherzt er.

Letztlich ist es allerdings viel mehr als das, gewährleistet ihre Arbeit doch eine unabhängige Kontrolle und Transparenz. Hätten die Amateure das Stalking von USA 245 nicht veröffentlicht, hätten die USA ihre Verwundbarkeit nicht zugeben müssen und Russland hätte alles leugnen können, meint Grego. Das Militär und die Diplomaten werden auch weiterhin im Geheimen operieren. Aber wenn ein Weltraumkrieg droht, dürften die Hobbybeobachter die entsprechenden Informationen zugänglich machen.

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