Direkt zum Inhalt

Paläozoologie: Das Fossil lebt noch

Die Entdeckung einer neuen Art ist immer aufregend. Das gilt noch mehr, wenn sich die Spezies als etwas entpuppt, das die Wissenschaft bislang nur als Fossil kannte.
Bislang nur als Fossil bekannte Muschelart
Die Muschelart Cymatioa cooki war zuvor nur als Fossil bekannt, doch sie lebt in kalifornischen Gezeitentümpeln.

Eigentlich war der Wissenschaftler Jeff Goddard von der University of California in Santa Barbara 2018 auf der Suche nach bestimmten Meeresnacktschnecken in den Gezeitentümpeln seiner südkalifornischen Heimat: Er drehte reihenweise Steine an der Felsküste um, als er stattdessen auf eine seltsame Muschel mit durchsichtigen Schalen stieß – ein Tier, das er zuvor noch nie gesehen hatte. »Als sie sich öffnete und mit einem hellen, weiß gestreiften Fuß winkte, der länger war als ihre Schalen, wusste ich, dass dies etwas Besonderes ist«, sagt der Meeresbiologe, der die Art zusammen mit dem Malakologen Paul Valentich-Scott vom Santa Barbara Museum of Natural History in »ZooKeys« beschreibt. Letztlich entpuppte sich das Tier als lebendes Fossil.

»Ich kenne diese Muschelfamilie an den Küsten Amerikas sehr gut. Das war etwas, das ich noch nie gesehen hatte«, sagt Valentich-Scott, der lange warten musste, bis er die Weichtiere selbst sah. Erst nach neun weiteren Anläufen entdeckten die beiden Forscher erneut eine der Muscheln, die damit endlich auch im Labor intensiv untersucht werden konnte.

Entscheidend für die Bestimmung waren vor allem die Schalen, die zwar an eine andere kalifornische Muschelgattung erinnerten, aber ebenso große Unterschiede aufwiesen. Da die Suche nach bereits beschriebenen Arten, die als Verwandte in Frage kamen, ergebnislos verliefen, weiteten Valentich-Scott und Goddard ihre Recherche auf fossile Artbeschreibungen aus – und wurden fündig: 1937 hatte jemand die fossile Muschel Bornia cooki wissenschaftlich erfasst, deren Schale exakt zu jener des neu gefundenen Exemplars passte. Die Versteinerungen stammten aus einer Lagerstätte in den Baldwin Hills bei Los Angeles und waren Teil einer Sammlung von einer Million Muschelfossilien.

In dieser riesigen Anzahl an fossilen Muscheln fanden sich tatsächlich nur zwei Exemplare von Bornia cooki , von denen eines im Natural History Museum of Los Angeles County hinterlegt ist und von Valentich-Scott untersucht wurde. Der Vergleich bestätigte schließlich, dass die fossilen und heutigen Funde zur gleichen Art gehören, die mittlerweile neu klassifiziert wurde und Cymatioa cooki) heißt.

Warum sie so lange versteckt blieb, wissen die beiden Forscher noch nicht. Goddard vermutet, dass sie wahrscheinlich weiter südlich entlang der mexikanischen Halbinsel Baja California leben und sich erst in jüngerer Zeit nach Norden ausgebreitet haben. Von 2014 bis 2016 gab es eine Hitzewelle im Pazifik entlang Kaliforniens, die verschiedene Arten genutzt hatten, um sich nach Norden auszubreiten. Da die Muschel relativ klein ist und nur langsam wächst, entging sie den Muschelsammlern Kaliforniens – bis sie Goddard zufällig fand.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.