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Polymerchemie: Mikroplastik als Rohstoff für künstliche Fotosynthese

Eine koreanisch-niederländische Forschungsgruppe hat ein Verfahren entwickelt, um aus Mikroplastik wertvolle Chemikalien herzustellen. Sie ahmen dabei die Fotosynthese nach.
Plastikmüll am Strand
Plastik verwittert mit der Zeit – und reichert sich als Mikroplastik in der Umwelt an.

Gleich zwei verheißungsvolle Zukunftstechnologien in einem Prozess zu kombinieren – das ist einer Forschungsgruppe um Chan Beum Park vom Korea Advanced Institute of Science and Technology gelungen. Ihr Prozess ahmt die Fotosynthese der Pflanzen nach und verwertet dabei Mikroplastik. Wie das Team in »Nature Synthesis« berichtet, entreißt dabei eine Elektrode aus Zirkonium und Eisenoxid mit Hilfe von Sonnenlicht dem Mikroplastik Elektronen. Diese gelangen über einen Stromkreis zu Enzymen, die mit Hilfe der Elektronen wertvolle Chemikalien herstellen. Bisher zeigt die Studie aber nur, dass das Prinzip funktioniert. Ob sich das Verfahren ökonomisch lohnt, ob es großtechnisch umsetzbar ist und tatsächlich zur Plastikmüllreduktion beiträgt, ist noch offen.

Weltweit werden pro Jahr etwa 390 Millionen Tonnen Kunststoffe hergestellt – und fast drei Viertel davon schon kurze Zeit später wieder weggeworfen. Der Großteil der Kunststoffabfälle landet in Müllverbrennungsanlagen oder sammelt sich auf Deponien und in der Natur an. Eine noch größere ökologische Bedrohung sind kleinste Plastikpartikel mit einer Größe von weniger als fünf Millimetern. Unter dieses so genannte Mikroplastik fallen etwa Kosmetikkügelchen, Kleidungsfasern oder Reifenabrieb.

Um solche Abfälle zu verwerten, nutzen Chan Beum Park und seine Kollegen Jinhyun Kim, Jinha Jang sowie Thomas Hilberath und Frank Hollmann von der University of Technology in Delft jetzt ein von Pflanzen seit Urzeiten genutztes Prinzip. Als Rohstoff verwenden sie PET, aus dem zum Beispiel Plastikflaschen bestehen. Sonnenlicht liefert die Energie, um Elektronen aus dem Plastik herauszulösen und auf die Anode zu übertragen. Die Elektronen werden weitergeleitet zu einer Kathode aus Kohlefaserpapier, die die Elektronen aufnimmt und an Enzyme weiterleitet.

Mikroplastik als Elektronenquelle

Diese nutzen die energiereichen Elektronen, um wertvolle Chemikalien herzustellen. Wie die Arbeitsgruppe zeigt, funktioniert das Prinzip mit verschiedenen Enzymen, die technisch wichtige Reaktionen ablaufen lassen. Man kann sich also ganz gezielt aussuchen, welche Stoffe man mit Hilfe der Plastikabfälle herstellt. Aus den Plastikabfällen entstehen derweil Ameisen- und Essigsäure, die ebenfalls für eine Reihe industrieller Anwendungen eingesetzt werden. »Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Fotoanode Elektronen aus dem Mikroplastik extrahieren und organische Brennstoffe daraus erzeugen kann«, schreiben sie, weisen aber gleichzeitig auch auf Schwachstellen ihres Verfahrens hin.

So ist die Technik noch nicht allzu effektiv. Aus einer Lösung von einem Milligramm PET auf einen Milliliter Natriumhydroxid konnten die Forscher lediglich 24 Mikrogramm Ameisensäure und 11 Mikrogramm Acetat herstellen. Deswegen schlagen sie Folgeexperimente vor, in denen die Oberflächenstruktur der zirkoniumhaltigen Elektrode verändert werden soll, damit mehr energiereiche Ladungsträger Elektronen effektiver aus dem Kunststoff ziehen können. Außerdem vermuten sie, dass sich auch bei den Enzymreaktionen die Ausbeute verbessern ließe, wenn die angeregten Elektronen leichter auf die Biokatalysatoren übergehen könnten.

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