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News: Kürzer, schneller, besser

Schon jetzt bedienen sich Forscher ultrakurzer Laserblitze im Femtosekunden-Bereich, um chemische Reaktionen und andere molekulare Prozesse zu beobachten. Doch noch kürzere "Belichtungszeiten" könnten sogar atomare Prozesse und die Bewegung von Elektronen sichtbar machen. Nun gelang es Forschern tatsächlich, einen derartigen Lichtpuls im Attosekunden-Bereich zu erzeugen und für erste Messungen zu nutzen.
Wer Schnelles fotografiert, der nutzt eine kurze Verschlusszeit. Typischerweise liegt sie bei einer herkömmlichen Kamera im Bereich einer tausendstel Sekunde, bei einer guten Spiegelreflex sogar noch darunter. Um schnelle chemische Reaktionen zu beobachten, reicht das indes noch lange nicht. Hier sind es mitunter Femtosekunden (10-15 Sekunden), in denen sich Bindungen umgruppieren, Radikale eingefangen werden und Verbindungen entstehen.

Mit moderner Lasertechnik stehen auch derart kurze Lichtpulse zur Verfügung, welche die schnellen Prozesse einer chemischen Reaktion ablichten und selbst vibrierende Moleküle stillstehen lassen. Doch bei Femtosekunden ist noch nicht Schluss. Nun gelang es Michael Hentschel von der Technischen Universität Wien einen noch kürzeren Lichtblitz zu erzeugen, damit in den Bereich von Attosekunden (10-18 Sekunden) vorzustoßen und den Blitz für die Beobachtung eines elektronischen Anregungsprozess zu nutzen.

Doch der Reihe nach: Wie erzeugt man Lichtpulse von so kurzer Dauer, dass man es sich unmöglich vorstellen kann? Denn schon eine Femtosekunde verhält sich zu einer Minute, wie eine Minute etwa zum Alter des Universums. Und eine Attosekunde ist gerade mal ein Tausendstel einer Femtosekunde, sodass sich ein Lichtstrahl in dieser Zeit nur um 0,3 Nanometer fortpflanzt – trotz Lichtgeschwindigkeit ein verschwindend kleines Stückchen Weg.

Zunächst braucht es einen Femtosekunden-Puls. Dieser entsteht durch geschickte Überlagerung eines Laserstrahls großer spektraler Breite – der also einen großen Wellenlängenbereich abdeckt – mit sich selbst. Alle spektralen Komponenten überlagen sich dann für einen kurzen Moment konstruktiv, sodass ein Lichtblitz entsteht. Dabei ist dessen Dauer umgekehrt proportional zur spektralen Breite.

Um jedoch in Attosekunden-Bereiche vorzustoßen, bedarf es eines weiteren Tricks: Denn das Verfahren funktioniert nur, solange der Laserpuls etwa so lang wie die Wellenlänge des Lichts ist – im Bereich von Attosekunden liegt man jedoch deutlich darunter. Die Anregung einer so genannten höheren Harmonischen ist das Stichwort zur Lösung des Problems.

Bei einer Harmonischen handelt es sich um die Grundschwingung. Höhere Harmonische sind Oberschwingungen, deren Frequenz einem ganzzahligen Vielfachen der Anregungsfrequenz entspricht. Denn wie im Klavier bestimmte Obertöne mitschwingen, wenn eine Saite angeschlagen wird, so kann auch ein Femtosekundenpuls ein Edelgas wie Neon anregen, das dann seinerseits elektromagnetische Wellen höherer Frequenz abstrahlt.

Genauer gesagt sorgt ein Elektron, das vom Laserpuls aus dem Atomverbund geschlagen wurde und nun im elektromagnetischen Feld des Pulses schwingt, für die höhere Harmonische. Denn immer, wenn es gegen den zurückbleibenden Ionenrumpf stößt, emittiert es einen Strahlungsblitz. Allerdings entstehen so eine ganze Menge von Blitzen, die hintereinander ausgesendet werden. Um nur einen einzigen Atto-Blitz herauszupicken, wählten Hentschel und seine Kollegen einen Laserpuls von sieben Femtosekunden zur Anregung. Die überschüssigen Blitze, die während dieser Zeit entstanden, filterten sie aus, indem sie nur Energien oberhalb eines Schwellenwerts passieren ließen.

So erzeugten die Forscher einen einzelnen, 650 Attosekunden kurzen Blitz. Doch damit nicht genug: Sie fokussierten ihn zusammen mit dem anregenden Laserpuls auf eine Wolke aus Kryptongas und untersuchten damit das Energiespektrum von herausgeschlagenen Photoelektronen.

Doch wird es noch ein Weilchen dauern, bis routinemäßig Attosekunden-Pulse zur Spektroskopie eingesetzt werden, so wie es heute mit Femtosekunden-Pulsen geschieht. Ein Problem dabei ist, dass die Energie eines Atto-Blitzes in der Regel nicht zur Anregung atomarer und elektronischer Prozesse reicht. So wird man in Zukunft viele Ergebnisse indirekt erschließen müssen. Yaron Silberberg vom Weizmann Institute of Science meint dazu: "Wir haben die Attosekunden-Welt betreten, aber wir brauchen nun einen besseren Reiseführer, um uns hier zurechtzufinden."

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