Kunststoffrecycling: Neues Verfahren macht aus Plastikmüll Wertstoffe

Plastik ist nicht gleich Plastik. Dieser banal klingende Satz fasst prägnant zusammen, warum die Welt im Jahr 2025 immer noch ein riesiges Problem damit hat, Plastikabfall zu recyceln. Einen einzelnen Stoff aufzulösen, chemisch zu zerlegen und daraus Neues zu erzeugen, ist vergleichsweise einfach. Ein Gemisch verschiedenster Stoffe so zu behandeln, dass daraus wieder etwas Sinnvolles entsteht, gleicht hingegen einem Albtraum. Jetzt hat ein Forschungsteam aus Peking und Dalian einen mehrstufigen Prozess entwickelt, um gemischte Abfälle aus bis zu acht verschiedenen Kunststoffsorten zu analysieren, die Sorten schrittweise abzutrennen und jede Fraktion für sich chemisch umzusetzen. Das Verfahren funktioniert bislang nur im Labor, könnte aber einen neuen Weg für industrielle Recyclingmethoden bereiten. Die Ergebnisse sind im Fachmagazin »Nature« erschienen.
Die Forscherinnen und Forscher nahmen acht gängige Kunststoffsorten in den Fokus: Polystyrol, Polyurethan, Polyvinylchlorid (PVC), Polyethylenterephthalat (PET), Polyethylen und Polypropylen sowie Polylactat und Polycarbonat. Sie alle sind Massenkunststoffe und werden im Maßstab von mehreren Millionen Tonnen jährlich gefertigt, zum Beispiel als Verpackungen oder Baustoffe. Die Stoffe sind allgegenwärtig und landen zusammen im Müll. Diese Polymere sind teils höchst unterschiedlich aufgebaut und reagieren dementsprechend verschieden, wenn man sie mit Chemikalien behandelt.
Schrittweise Weiterverarbeitung
Im ersten Schritt entwickelten die Fachleute eine Methode, um die Kunststoffe in solchen Mischungen überhaupt zu identifizieren. Herauszufinden, welche Plastiksorten eine Ladung gemischten Abfalls enthält, ist nämlich schwieriger, als es klingt. Bei der Methode identifiziert man die in der Mischung vorkommenden chemischen Gruppen mittels NMR (Magnetresonanzspektroskopie) und ermittelt auf der Basis, welche Kunststoffsorten enthalten sind. Auf diesen Analyseschritt folgt ein mehrstufiger Aufarbeitungsprozess. Dabei werden die gängigen acht Kunststoffsorten schrittweise aus der Mischung abgetrennt – manche einzelne, manche kombiniert –, und jede Fraktion auf andere Weise weiterverarbeitet. Aus jeder Fraktion stellt das Forschungsteam wertvolle Industriechemikalien her, die in großen Mengen gebraucht werden: darunter Benzoesäure und Milchsäure, die Aminosäure Alanin sowie Moleküle wie Terephthalsäure oder Bisphenol A, die wieder für die Kunststoffherstellung wichtig sind.
Das Verfahren könnte aus drei Gründen viel versprechend sein. Erstens ist der Aufbereitung eine Analyse vorgelagert, wodurch sich unnötige Prozessschritte vermeiden lassen: Nicht in allen Mischungen werden alle acht betrachteten Kunststoffsorten vorhanden sein, und so lassen sich die Schritte, die man nicht braucht, einfach überspringen. Zweitens punktet das Verfahren durch die getrennte Behandlung der Komponenten. Drittens lässt sich die Methode bei Bedarf erweitern, wenn effizientere Aufarbeitungswege gefunden werden.
Das Team testete seine Strategie an mehreren unbekannten Mischungen von Kunststoffabfällen. Bislang funktioniert die Methode gut, allerdings werden im Labor nur wenige Gramm umgesetzt, und es kommen große Mengen Lösungsmittel zum Einsatz. Letztlich ist noch nicht ausgemacht, wie das Ganze in Industrieanlagen klappt, in denen täglich Tonnen an Material hergestellt werden, und ob sich das Verfahren wirtschaftlich rechnet.
Wachsende Kunststoffberge
Die Welt hat von 1950 bis 2020 schätzungsweise zehn Milliarden Tonnen Kunststoffe hergestellt. Jedes Jahr kommen mehrere hundert Millionen Tonnen dazu – 2019 waren es laut OECD rund 460 Millionen Tonnen –, wobei diese Menge stetig steigt und laut Wirtschaftsprognosen in den kommenden Jahren noch stärker wachsen soll. Steigern Unternehmen ihre Produktion wie vorhergesagt, werden bis zum Jahr 2040 weltweit mehr als 20 Milliarden Tonnen Kunststoffe produziert worden sein. Da sich diese langlebigen Materialien in der Umwelt nicht zersetzen, sieht man die Auswirkungen weltweit: Kein Ort der Erde ist mehr frei von Plastikabfall, mit fatalen Folgen für Menschen, Tiere und Ökosysteme.
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