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Lockdown-Effekte: Länger, aber schlechter geschlafen

Zu Hause bleiben, nur fürs Nötigste hinausgehen – das erlebten Millionen Menschen während der Covid-19-Pandemie. Was hat das mit ihnen gemacht? Eine Umfrage zeigt nun, wie sich das Schlafverhalten im Lockdown änderte.
Frau, die schlecht geschlafen hat

Die Phase des strengen Lockdown ist gar nicht so lange her. Schulen, Läden, Grenzen – alles dicht und nahezu überall herrschten Ausgangsverbote. Während dieser Zeit haben Forscher der Universität Basel und der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel Daten gesammelt, wie sich die Situation auf das Leben der Menschen auswirkte. In einer Umfrage sammelten sie Antworten zum Schlafverhalten und stellten fest: Die meisten Befragten schliefen zwar deutlich länger, aber die Ruhezeit war deshalb nicht erholsamer. Im Gegenteil – die Teilnehmer gaben an, dass sich die Qualität des Schlafs verschlechtert hatte. Wie die Mediziner um Christine Blume im Fachmagazin »Current Biology« schreiben, könnte das an den besonderen und als beunruhigend empfundenen Umständen der Pandemie gelegen haben.

Viel Arbeit, wenig Schlaf – das erleben viele Menschen tagtäglich. Und wie Schlafforscher wissen, kann dadurch auch die innere Uhr aus dem Takt geraten. Die Folge heißt sozialer Jetlag, was langfristig zu gesundheitlichen und körperlichen Einschränkungen führen kann. Blume und ihr Team wollten nun wissen, ob die außergewöhnliche Lebenssituation im Lockdown das Schlafverhalten sowie den Tag-Nacht-Rhythmus für viele verändert hatte.

Die Forscher befragten dazu im Zeitraum vom 23. März bis 26. April 2020 insgesamt 435 Menschen aus der Schweiz, Österreich und Deutschland. Davon seien gut 75 Prozent Frauen gewesen, 85 Prozent aller Befragten gaben an, im Homeoffice tätig zu sein. Das Ergebnis lautete, dass ungefähr 75 Prozent deutlich länger schliefen als vor der Corona-Pandemie – bis zu 50 Minuten mehr. Vermutlich, so nehmen es die Forscher an, weil viele nicht zur Arbeit fahren mussten. Außerdem ergab die Umfrage, dass die Probanden an einem geringeren sozialen Jetlag litten. Das heißt, bei vielen pendelte sich wieder ein Rhythmus zwischen Schlaf- und Wachzeit ein, der mehr ihrer eigenen biologischen Uhr entsprach.

Doch Blume und ihr Team fanden auch heraus, dass sich viele Probanden trotz mehr Schlaf nicht besser ausgeruht fühlten – einige sogar schlechter geschlafen hätten. Bei der Umfrage gaben die Teilnehmer zudem an, sich psychisch stark belastet zu fühlen, insgesamt sei das mentale und körperliche Wohlbefinden gesunken. Wie die Forscher vermuten, resultierte womöglich aus den außergewöhnlichen Umständen der Pandemie auch die verringerte Schlafqualität.

Dass sich Ausnahmesituationen negativ auf die Psyche auswirken, haben Anfang des Jahres auch Studien zu den lang andauernden Protesten in Hongkong gezeigt. Die Demonstranten berichteten, vermehrt unter Depressionen und Posttraumatischer Belastungsstörung zu leiden.

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