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Wirtswechsel: Läuse nehmen Fliegentaxi zum nächsten Wirt

Fliege transportiert zwei Flügelläuse
Im Federkleid von Tauben tummeln sich mancherlei Lästlinge, von Milbe und Zecke bis hin zu verschiedenen Arten von Läusen. Merkwürdigerweise unterscheiden sich die zwei häufigsten Sorten der Taubenläuse aber drastisch vor allem im Hinblick auf ihre Treue für den Wirt: Die einen wechseln häufig auch auf neue Tiere und Spezies, den anderen gelingt das fast nie. Christopher Harbison und Dale Clayton haben jetzt einen Grund für den Unterschied ermittelt: Nur die eine der beiden Lausspezies kann sich an Fliegen festhalten, die zwischen verschiedenen Vögeln hin und her brummen – und so leicht von Wirt zu Wirt wechseln.

Läuse auf Tauben gehören fast immer zu einer von zwei Gruppen – den schlanken, im Flügelkleid verstecken "Flügelläusen" oder den eher gedrungenen, in den Bauchdaunen nistenden "Körperläusen". Beide sind miteinander verwandt und ernähren sich ähnlich: von den Federresten und toten Hautpartikeln, die sie mit der Hilfe bestimmter Endosymbionten gut verdauen können. Den Vögeln schadet das vor allem, weil das verlauste Gefieder ramponiert wird und nicht mehr so gut vor der Witterung schützt. Die Vögel treiben daher intensive Gefiederpflege, vor der sich die Läuse in den tiefen Daunenschichten verstecken.

Fliege transportiert zwei Flügelläuse | Die parasitische Fliege Pseudolynchia canariensis mit zwei Flügelläusen (Columbicola columbae), die sich an ihren Beinen festklammern. Die Läuse gelangen mit ihrem Fliegentaxi von einer Taube zur anderen – Parasitologen sprechen hier von einer Phoresie. Die praktische Fliege steht dabei nicht jeder Laus zur Verfügung: Einige Arten können sich an ihr nicht festhalten.
Harbinson und Clayton haben nun verschiedene Vögel und Läuse untersucht und festgestellt, dass nur einer der beiden Laustypen leicht von Wirt zu Wirt wechseln kann, wenn die Tauben nicht in ständigem engem Kontakt gehalten werden. Dies zeigt zum Beispiel ein Versuch, bei dem verlauste Felsentauben (Columba livia) und ein Ausweichwirt voneinander durch Gitter getrennt gehalten wurden – nur die Flügelläuse der Gattung Columbicola gelangen dann noch regelmäßig auf das zweite Wirtstier, Körperläuse wie Campanulotes compar schafften dies nicht. Dabei könnte C. compar sich auf einer anderen Vogelart, etwa der Carolinataube (Zenaida macroura), sonst genauso gut ernähren wie die Flügelläuse.

Tatsächlich spielt offenbar eine bis dato übersehene dritte Art in der Lebensgemeinschaft von Vogel und Laus eine große Rolle bei der Übertragung: parasitische Fliegen der Art Pseudolynchia canariensis. Die schlanken, mit längeren Extremitäten ausgestatteten Flügelläuse können sich an diesen Fliegen festhalten, wenn die Insekten von einem zum anderen Wirt fliegen. Sie springen dann per Phoresie – den Transport durch andere Arten – von Taube zu Taube. Den Körperläusen mit ihren kürzeren Beinen ist es dagegen nicht möglich, sich an Fliegen festzuklammern, wie die Versuche der beiden Forscher zeigen. Stattdessen haben sie sich stärker an ihren Hauptwirt angepasst als die wechselwütigen Flügelläuse, zeigen genetische Analysen: Während die Flügellaus in der Vergangenheit oft genetische Veränderungen durchgemacht hat, verlief in den letzten Millionen Jahren die Entwicklung des Erbguts der Felsentaube und ihrer Körperlaus C. compar parallel. (jo)

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