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News: Langlebige Taufliegen

In Fliegen und Würmern haben Biologen bereits mutierte Gene gefunden, welche die Lebendauer der Tiere verlängern. Doch genau jene Mutationen, die bei dem einen Geschöpf die Lebenspanne vergrößern, können es bei anderen vielleicht verkleinern. So stellte sich heraus, daß genetische Veränderungen, die einige Taufliegen länger leben lassen, bei anderen genau das Gegenteil bewirken können. Der jeweilige Effekt hängt vom Geschlecht oder den unterschiedlichen Lebensbedingungen ab.
Die Frage, ob und wie bestimmte Gene das Leben verlängern können, wird in der Gesellschaft und Wissenschaft heftig diskutiert. Untersuchungen an mehreren Organismen zufolge beeinflussen sowohl das Geschlecht des Tieres als auch dessen Lebensbedingungen die Aktivität seiner Gene.

Trudy Mackay von der North Carolina State University in Raleigh und ihre Kollegen haben daher die Lebensspannen von männlichen und weiblichen Taufliegen aus einer Inzuchtlinie gemessen, die sie mit verschiedener Nahrung und bei unterschiedlichen Temperaturen im Labor hielten. Anschließend suchten sie nach genetischen Abweichungen, die der betreffenden Fliege zu einem längeren Leben verhalfen.

Dabei fanden die Wissenschaftler 17 Veränderungen. Alle verlängerten das Fliegenleben jedoch nur, wenn das Insekt vom richtigen Geschlecht war, unter den passenden Bedingungen gehalten wurden oder sogar beide Parameter stimmten. Zehn der Mutationen, die das Leben der Fliegen unter bestimmten Umweltbedingungen verlängerten, verkürzten es hingegen unter anderen. In einem Fall lebten beispielsweise nur weibliche Fliegen länger, die während ihrer Jugend eine Hitzeperiode erlebten. Bei lebenslang gleichbleibender Zimmertemperatur starben sie jedoch früher. Auf ihre männlichen Artgenossen hatte die genetische Veränderung hingegen keinen Einfluß.

"Das aufregende an dieser Studie ist ihre Relevanz für die Evolution des Alterns", sagt John Tower, von der University of Southern California. Sie macht deutlich, daß sogar lebensverkürzende Mutationen von der Evolution geduldet werden, da sie sich unter anderen Lebensbedingungen als vorteilhaft erweisen können.

James Curtsinger von der University of Minnesota in St. Paul konnte diese Abhängigkeiten in ähnlichen Versuchen hingegen nicht feststellen. Curtsinger hält die Wissenschaftler um Machay auf dem Gebiet der Genkartierung von Taufliegen für äußerst kompetent. Doch er vermutet, daß ihre Fliegen von genetisch unterschiedlichen Inzuchtlinien stammen, deren Genom möglicherweise ungewöhnlich sensibel auf die Umwelt reagiert. "Ich denke, in dieser Studie haben Mackay und ihre Mitarbeiter einige bedeutsame Punkte nicht ausreichend berücksichtigt", sagte Curtsinger.

Mackay räumt selbst ein, daß sich ihre im Labor gezüchteten Fliegen genetisch von der Wildform unterscheiden und daß sie noch weitere, andere Fliegen untersuchen muß. Doch sie verweist gleichzeitig auf Studien an anderen Tieren und am Menschen, nach denen unterschiedliche Umweltbedingungen und das Geschlecht ebenfalls die Auswirkungen von Genen beeinflussen. Zum Beispiel haben Wissenschaftler der University of Calabria in Italien eine genetische Variante beim Menschen entdeckt, die Männern, aber nicht Frauen, zu einem längeren Leben verhilft.

Sollten sich Mackays Untersuchungen als treffend erweisen, könnten sie vielleicht helfen, andere, sich widersprechende Beobachtungen in der Genetik zu erklären. "Es gibt bereits viele Studien über Gene, die sich mit Eigenschaften wie Alkoholismus oder der Alzheimer-Krankheit beschäftigen", sagt Mackay. "Und unterschiedliche Wissenschaftler bekamen dabei unterschiedliche Ergebnisse. Man kann sich da fragen, ob nicht die Natur selbst für einige dieser Differenzen verantwortlich ist."

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