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Gesundes Altern: 117 Jahre alt werden – was macht das möglich?

Mit mehr als 117 Jahren war sie kurzzeitig die älteste Person der Welt und dabei überraschend gesund. Um dem Geheimnis ihrer Langlebigkeit näherzukommen, untersuchten Forscher ihre körperlichen Besonderheiten bis ins Detail.
Eine ältere Person mit weißem Haar und einem Dutt steht mit dem Rücken zur Kamera und blickt auf eine verschwommene Stadtlandschaft in der Ferne. Im Hintergrund sind Bäume und Gebäude zu erkennen.
Die Identität und das Aussehen der 117-jährigen Frau sind nicht bekannt, wohl aber, dass sie bis ins hohe Alter noch recht fit war (Symbolfoto).

Eine Frau, die 2024 mit 117 Jahren und 168 Tagen starb, war kurzzeitig die älteste lebende Person der Welt und fasziniert Forschende bis heute. Ihr Körper wirkte für dieses Rekordalter noch erstaunlich jung. Deshalb analysierte ein Forscherteam um Eloy Santos-Pujol vom Josep Carreras Leukaemia Research Institute ihre biologischen Daten noch zu Lebzeiten, um das Rätsel um ihre Langlebigkeit besser zu verstehen. Dabei entdeckten die Wissenschaftler, dass manche ihrer Merkmale zu einer Hundertjährigen passten, andere jedoch eher zu einer viel jüngeren Person, wie sie 2025 in »Cell Reports Medicine« berichten.

Die Frau, in der Studie als M116 bezeichnet, wurde 1907 in San Francisco als Kind spanischer Eltern geboren und lebte seit ihrem achten Lebensjahr in Katalonien. Dort übertraf sie die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen um mehr als 30 Jahre. Um den biologischen Hintergrund dieses langen Lebens zu verstehen, sammelten die Forscher Proben aus ihrem Blut, Speichel, Urin und Stuhl. Dabei fokussierten sie sich vor allem auf Blutproben, die der Frau im Alter von 116 Jahren entnommen wurden. Sie untersuchten praktisch alles Messbare: das Erbgut (Genom), die Genaktivität (Transkriptom), Stoffwechselprodukte (Metabolom), Proteine im Blut (Proteom), die Zusammensetzung der Darmbakterien (Mikrobiom) und chemische Veränderungen wie DNA-Methylierungen, die Gene ein- oder ausschalten (Epigenom).

Die Ergebnisse zeichnen ein gemischtes Bild. Einerseits zeigten sich typische Alterserscheinungen wie etwa verkürzte Telomere. Diese »Schutzkappen« der Chromosomen schrumpfen üblicherweise bei jeder Zellteilung. Auch ihr Immunsystem zeigte alterstypische Veränderungen: Bestimmte weiße Blutkörperchen traten ungewöhnlich häufig auf und einige Blutstammzellen vermehrten sich stark, was als klonale Blutbildung bezeichnet wird. Andererseits besaß M116 gleich mehrere Eigenschaften, die eher Jugend und Gesundheit signalisieren. Ihr Erbgut enthielt einige seltene genetische Varianten, die mit langer Lebensspanne, guter Herz- und Hirnfunktion, robuster Immunabwehr sowie effizienter Mitochondrienleistung und geistiger Fitness bis ins hohe Alter in Verbindung gebracht werden. Auch ihr Epigenom wirkte jünger, als ihr tatsächliches Alter vermuten ließ. Ihr Blut zeigte extrem niedrige Werte für chronische Entzündungen, die sonst viele Alterskrankheiten begünstigen. Zudem enthielt ihr Darmmikrobiom Bakterien, die andere Menschen in diesem Alter längst verloren haben, darunter solche, die entzündungshemmend wirken und den Stoffwechsel stabilisieren.

Das Forscherteam sieht darin eine Bestätigung der bereits vorliegenden Hinweise, dass die genetische Veranlagung, die Eindämmung von Entzündungen, eine effiziente Energieversorgung der Zellen und ein gesundes Darmmikrobiom zentrale Bausteine für ein langes, gesundes Leben sind. Besonders bemerkenswert sei, dass sich all diese Faktoren bei einer einzigen Person bündelten. Ihr Fall liefere damit eine Art Blaupause für die Biologie der Langlebigkeit, so die Fachleute. Dennoch mahnen sie zur Vorsicht: Ein Einzelfall reiche nicht, um allgemeine Rezepte für gesundes Altern abzuleiten. Ob sich daraus generelle Biomarker oder gezielte Maßnahmen entwickeln lassen, müssen erst große, langfristige Studien zeigen.

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  • Quellen
Santos-Pujol, E. et al., Cell Reports Medicine, 10.1016/j.xcrm.2025.102368, 2025

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