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Covid-19: Langzeitbeschwerden lassen offenbar mit der Zeit nach

Manche Menschen scheinen sich von einer Infektion mit Sars-CoV-2 nicht vollständig zu erholen. Sie werden von Atemnot und Husten geplagt. Nun berichten Forscher, wie sich langfristige Schäden entwickeln.
Ärztin begutachtet Röntgenbild einer menschlichen Lunge

Immer wieder berichten Mediziner von genesenen Covid-19-Patienten, die noch Monate nach der Infektion über Atemnot und verminderte Fitness klagen. Ob sich derartige Langzeitfolgen beheben lassen, ließ sich bisher nicht ausreichend lang beobachten, da Sars-CoV-2 erst Ende 2019 aufgetaucht ist. Doch nun berichten Forscher um Ivan Tancevski von der Universitätsklinik Innsbruck, dass sich Lunge und Herz allmählich vom Befall durch das Coronavirus erholen können.

Für ihre Studie haben die Mediziner 86 Covid-19-Patienten in Abständen von 6, 12 und 24 Wochen nach ihrer Entlassung aus ärztlicher Obhut untersucht. Anhand von CT-Scans und Standardtests prüften sie die Lungenfunktion, darunter die Atemfähigkeit und Diffusionskapazität. Letzteres zeigt, wie gut Sauerstoff aus der Luft ins Blut geleitet wird. Ebenso beobachteten sie, wie das Virus die Herztätigkeit dauerhaft beeinträchtigte. Ihre Ergebnisse haben die Mediziner noch nicht in einem begutachteten Fachmagazin veröffentlicht, sondern bisher nur auf der jährlichen Konferenz der European Respiratory Society vorgestellt.

Die 86 Studienteilnehmer sind im Durchschnitt 61 Jahre alt, zirka zwei Drittel von ihnen sind Männer. Ungefähr dieselbe Anzahl beschreiben die Mediziner als übergewichtig. Die Hälfte der Gesamtgruppe raucht oder hatte in seinem Leben geraucht. 40 Prozent der Probanden musste auf der Intensivstation behandelt oder künstlich beatmet werden.

Wie die Forscher berichten, hatten sich die Probanden nach sechs Wochen nur geringfügig erholt. Die meisten litten unter Atemnot und Husten. Bei fast alle Patienten (88 Prozent) war die Lunge nach Ausweis von CT-Scans geschädigt. Forscher wissen, dass bei einer Covid-19-Erkrankung die Lungenzellen durch die Entzündungsreaktion zerstört werden – genauer gesagt, gesundes Lungengewebe wird durch Bindegewebe ersetzt. Die Lunge vernarbt stellenweise.

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Laut den Innsbrucker Medizinern ging es jedoch nach zwölf Wochen mehr Patienten besser. »Nur« noch bei gut der Hälfte war die Lunge stark beeinträchtigt. Auch das Herz schien sich zu regenerieren. Die Ergebnisse für den Check nach 24 Wochen liegen noch nicht vor. Die Forscher stellten jedoch bereits fest, dass sie nur durch die CT-Scans die tatsächliche Schädigung der Lunge erkennen konnten. Lungentests allein hätten nicht klar auf das wahre Ausmaß schließen lassen.

Bestenfalls sollen Covid-19-Patienten sehr bald nach ihrer Genesung mit einer Rehabilitation beginnen. Zu diesem Ergebnis kommt Yara Al Chikhanie von der Université Grenoble Alpes, die ebenfalls auf dem European Respiratory Society International Congress ihre Studie präsentiert. Müssen Patienten beatmet werden, bleiben ihre Muskeln inaktiv und bilden sich zurück. Diese Phase der Untätigkeit sollte möglichst kurz bleiben, betont Al Chikhanie. In einer Reihe von Tests an 19 Intensivpatienten stellte sie fest, dass je eher sie nach der Erkrankung mit der Reha loslegten, desto besser erholten sie sich.

Die Studie der Innsbrucker Mediziner dauert noch an. Auch die Zahl der Studienteilnehmer wächst stetig. Inzwischen kontrollieren die Mediziner den Gesundheitszustand von 150 Personen.

Anm. der Redaktion: Um Missverständnisse zu vermeiden, haben wir die Überschrift »Langzeitschäden offenbar reversibel« angepasst. Da die Studie noch nicht abgeschlossen ist und die endgültigen Ergebnisse noch ausstehen.

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