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News: Leben oder nicht Leben

Er gehörte zu den ersten, die vor ein paar Jahren die Existenz von Bakterien in Meteoriten vom Mars anzweifelte. Nun gerät der Forscher selber unter Beschuss, und zwar, weil man ihm nicht glauben will, in irdischen Gesteinen 3,5 Milliarden Jahre alte fossile Bakterien gefunden zu haben. Hätte er Recht, wären die ersten bekannten Fossilien der Erde eine Milliarde älter als bislang angenommen.
Fossil oder nicht?
Ein Blick durch das Mikroskop auf das fast 3,5 Milliarden Jahre alte Gestein offenbart wurmförmige, etwa 60 Mikrometer lange Strukturen, die Bakterien täuschend ähnlich sehen. William Schopf von der University of California in Los Angeles und seine Mitarbeiter hatten solche Bilder schon vor rund zehn Jahren publiziert, konnten sich mit ihrer Überzeugung, es handele sich in der Tat um Bakterien, aber nicht durchsetzen.

Damals hatten sich die Forscher nur auf die Morphologie der fossilen Strukturen berufen können, und nach Meinung der Kritiker spricht gerade der vergleichsweise komplexe Aufbau gegen einen solchen biologischen Ursprung. Bakterien seien eben viel schlichter strukturiert.

Schopf gab sich nicht geschlagen, nahm sich die alten Gesteinsproben - 3,47 Milliarden Jahre alte Apex cherts aus Westaustralien - noch einmal vor und analysierte sie mithilfe der Laser-Raman-Mikrosonde [1]. Diese Methode erlaubt die gleichzeitige mikroskopische Darstellung von Strukturen und deren chemischer Beschaffenheit.

Dabei zeigte sich ein deutliches Kerogen-Signal. Ein Vergleich mit den auch heute noch lebenden Cyanobakterien zeigte eine verblüffende Ähnlichkeit. Die Arbeitsgruppe von William Schopf ist deshalb davon überzeugt, dass der Kohlenstoff in den winzigen Strukturen aus Westaustralien biogenen Ursprungs ist.

"Falsch", meint indes Martin Brasier von der University of Oxford [2]. Er hat sich mit seinen Mitarbeiten noch einmal zu der Fundstelle im Chinaman Creek aufgemacht und fand heraus, dass jene Gesteine, in denen Schopf die ältesten Fossilien der Erde vermutet, nicht etwa einst an einem Strand abgelagert wurden, sondern Teil eines hydrothermalen Ganges sind.

Die Forscher untersuchten die Gesteine in ähnlicher Weise, wie auch Schopf es getan hatte, stießen dabei aber auch im Umfeld der "Fossilien" auf Kerogen-Signale. Brasier vermutet deshalb, dass die Gesteine einst in Kontakt mit heißen wässrigen Lösungen kamen, welche den Kohlenstoff bei 250 bis 350 Grad Celsius derart veränderten, dass er in der Tat organischen Substanzen sehr ähnlich ist.

Auch die "Zellmembranen", die Schopf und seine Mitarbeiter beschreiben, bezweifelt Brasier. Die zellförmigen Strukturen im Inneren der Filamente seien vermutlich Ausdruck der Wechsellagerung von Quarz und Graphit. Überhaupt seien die Filamente - das zeige eine Auswertung bildgebender Computerverfahren - gänzlich ungeregelt und entsprechen somit nicht den meist kettenförmigen Anordnungen moderner Bakterien.

Ob Fossilien oder nicht, in den Gesteinen des Archaikums - dem ältesten Teil der Erdgeschichte, der von Anbeginn der Erde bis 2,5 Milliarde Jahre vor heute dauerte - fanden sich schon verschiedentlich chemische Hinweise auf biologische Aktivität. Eindeutig identifizierbare Fossilien gibt jedoch es erst eine Milliarde Jahre nachdem die Gesteine im Chinaman Creek entstanden.

Brasiers Arbeitsgruppe ist von den biologisch anmutenden Signaturen in den Gesteinen selbst beeindruckt und will nun erkunden, ob jene hydrothermalen Reaktionen komplexe Moleküle, womöglich sogar Aminosäuren hervorgebracht haben könnten. Dann wären die Forscher in Westaustralien vielleicht nicht auf das erste Leben, immerhin aber auf dessen chemische Wiege gestoßen.

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