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Ökologie: Leben unter dem Gletscher

Benjamin Urmston für Jill A. Mikucki et al.
Blutwasserfall | Der "Blutwasserfall" strömt aus dem Taylor-Gletscher im McMurdo-Tal im Osten der Antarktis. Er transportiert eisenhaltiges Wasser an die Oberfläche, mit dessen Hilfe Forscher ein neues Ökosystem unter dem Gletscher entdeckten.
Bakterien sind äußerst anpassungsfähig. Manche leben in über 100 Grad Celsius heißen Quellen, andere in extrem kalten Gegenden wie der Antarktis. Dort hat ein Forscherteam um Jill Mikucki von der Harvard University in Cambridge (Massachusetts) nun Mikroorganismen entdeckt, wo sie niemand vermutete: in einem Salzwasserreservoir, eingeschlossen zwischen 400 Meter dicken Eismassen und dem Felsboden.

An diesem wahrhaft ungemütlichen, stockfinsteren Ort liegt die Temperatur bei minus zehn Grad Celsius. Es gibt dort keinen Sauerstoff, und das Wasser ist viermal so salzig wie im Meer, weshalb es nicht gefriert. Woher nehmen die Bakterien die Energie zum Leben? Die Wissenschaftler entdeckten in ihren Proben auch Eisen- und Schwefelverbindungen. Auf deren Basis haben die Einzeller offenbar einen Stoffwechsel entwickelt, der sie am Leben erhält.

Mikucki und ihre Kollegen schätzen das Alter des neu entdeckten Ökosystems auf ungefähr 1,5 Millionen Jahre. Damals sank der Meeresspiegel und hinterließ isolierte Meerwasserbecken. Über eines schob sich im östlichen Teil der Antarktis der Taylor-Gletscher. In den Überbleibseln des eingeschlossenen Meerwassers leben bis heute die nun entdeckten Bakterien.

Die Wissenschaftler stießen auf das neue Ökosystem, als sie die so genannten Blutwasserfälle untersuchten, die aus dem Taylor-Gletscher heraussprudeln. Sie tragen diesen Namen, weil sie mit ihrem eisenhaltigen Wasser den Untergrund rötlich färben. Dass Bakterien unter so extremen Lebensbedingungen mehr als eine Jahrmillion überdauern konnten, werten die Forscher als Indiz für die mögliche Existenz von Leben auch auf anderen Planeten.

Jochen Steiner

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