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Lebensmittel: Mikronadeln machen Gemüse länger haltbar

Seidene Mikronadeln und ein Hormon, das Pflanzen auch auf natürliche Weise herstellen: Mit diesem Bausatz lässt sich die Haltbarkeit von Gemüse um ein Vielfaches verlängern.
Grünes Blattgemüse, möglicherweise Pak Choi, wächst in einem Topf. Ein roter Kreis hebt einen Bereich an der Basis der Pflanze hervor. Ein vergrößertes Detailbild zeigt eine beschädigte Stelle mit weißen Flecken, die auf einen Schädlingsbefall hinweisen könnten. Im Hintergrund sind weitere Pflanzen sichtbar.
Biologisch abbaubare Mikronadeln injizieren Melatonin in den Strunk der Pflanze.

Es gibt ein bewährtes Mittel, um Lebensmittel lange genießbar zu halten: Man legt sie in den Kühlschrank. Doch nicht in allen Weltregionen ist die Kühlkette so lückenlos wie in Westeuropa. Und selbst Kühlschränke bewahren Lebensmittel nicht davor, dass sie doch irgendwann verderben. Ein Team des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und des Singapore-MIT Alliance for Research and Technology haben nun eine Technik entwickelt, durch die Gemüse um etliche Tage länger haltbar bleibt – mit oder ohne Kühlschrank.

Demonstriert haben sie das an Pak Choi, einem Blattgemüse, das dem in Deutschland heimischen Mangold ähnelt und insbesondere in Asien beliebt ist. Auf die Schnittstelle am Strunk des geernteten Gemüses legten sie ein Pflaster mit mikroskopisch kleinen Nadeln. Die Nadeln aus Seidenfibroproteinen sind ungiftig und biologisch abbaubar. Sie durchdringen die zähe, wachsartige Haut der Pflanzen, ohne eine Stressreaktion auszulösen. Einmal aufgetragen, geben die Nadeln präzise Mengen an Melatonin in das innere Gewebe der Pflanzen ab. Mit dem Hormon reguliert die Pflanze auch auf natürliche Weise ihr Wachstum und ihre Alterung – aber nur, solange sie auf dem Feld steht.

»Die Melatonindosis, die wir verabreichen, ist so niedrig, dass sie von den Pflanzen vollständig verstoffwechselt wird«, sagt Benedetto Marelli, einer der Autoren der Studie, die im Fachmagazin »Nano Letters« veröffentlicht wurde. Die Melatoninmenge bleibe ungefähr auf dem Niveau, das auch natürlicherweise in der Pflanze vorhanden ist. Und das verlängert die Haltbarkeit gegenüber unbehandeltem Pak Choi deutlich, wie die Forschenden herausfanden.

So begannen die Blätter der unbehandelten Kontrollgruppe bei Raumtemperatur innerhalb von zwei oder drei Tagen zu vergilben. Am vierten Tag beschleunigte sich die Vergilbung so weit, dass das Gemüse nicht mehr verkauft werden konnte. Mit den Mikronadeln blieben die Pflanzen dagegen auch noch am fünften Tag grün. Zudem verloren sie weniger stark an Gewicht, und auch der Abbau des Chlorophylls verlangsamte sich erheblich. Die Forscher schätzen, dass die mit den Mikronadeln behandelten Pflanzen bis zum achten Tag ihren Verkaufswert behalten.

Noch stärker fällt der Effekt im vier Grad kalten Kühlschrank aus. Unbehandelte Pflanzen sind hier durchschnittlich fünf Tage länger haltbar als bei Raumtemperatur. Die Pflanzen mit den Mikronadeln blieben dagegen noch bis zum 25. Tag relativ grün. Vom breiteren Einsatz der Mikronadeln sind die Forschenden allerdings noch entfernt. Bis Traktoren, autonome Drohnen und andere landwirtschaftliche Geräte helfen, die Ernte automatisch mit den Nadel zu versehen, muss die Technik günstiger werden.

  • Quellen
Yangyang Han et al.: Precise Delivery of Physiological Doses of Melatonin in Planta toControl Postharvest Physiology and Extend Shelf Life Outside the Cold Chain, Nano Letters, 2025

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