Direkt zum Inhalt

Stigmatisierung: Lehrer benachteiligen übergewichtige Schüler

Für ein und dasselbe Essay bekommen normalgewichtige und übergewichtige Schüler mitunter unterschiedliche Noten.
Liste führen

Übergewichtige Menschen haben im Alltag oft mit Stigmatisierung zu kämpfen. So zeigen Untersuchungen etwa, dass sie seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden, von Ärzten weniger Aufmerksamkeit bekommen und sich bei der Partnersuche schwertun. Meist sind sie schon während der Schulzeit im Nachteil: Sie werden häufiger das Ziel von Mobbing und erfahren weniger Unterstützung durch Eltern und Lehrer, um einen höheren Bildungsweg einzuschlagen. Wie gravierend sich Vorurteile bereits im Kindesalter auswirken können, illustriert nun auch eine Studie von Forschern um Kristin E. Finn vom Canisius College in Buffalo.

Die Wissenschaftler baten 133 Lehrer aus Schulen im Staat New York, ein kurzes Essay eines elfjährigen Schülers zu bewerten, welches weder überragend noch besonders schlecht war. Außerdem sollten sie einschätzen, wie viel Mühe sich das Kind wohl beim Verfassen des Textes gegeben hatte und ob es künftig zusätzliche Förderung benötigen würde. Zusätzlich zum Essay präsentierten die Forscher den Teilnehmern dabei auch ein Foto der Schülerin, die den Text angeblich geschrieben hatte. Manche Probanden bekamen das Mädchen dabei im normalgewichtigen Zustand zu Gesicht, bei anderen manipulierten Finn und ihre Kollegen das Bild so, dass das Mädchen 20 Kilogramm mehr auf den Hüften hatte.

Obwohl die Lehrer die Qualität des Essays ähnlich bewerteten, glaubten jene, die das Bild des übergewichtigen Mädchens gezeigt bekommen hatten, dass die Schülerin sich mehr beim Verfassen des Aufsatzes anstrengen müsse und eher Nachhilfe benötige. Letztlich vergaben diese Pädagogen schlechtere Noten – obwohl die Essays allesamt gleich waren.

Für Finn und ihre Kollegen ist das ein Zeichen dafür, dass die Teilnehmer sich von den Stereotypen über dicke Menschen hatten blenden lassen. Obwohl die Qualität der Arbeit gleich war, schätzen die Probanden das übergewichtige Mädchen offenbar als weniger kompetent ein. Bewusst waren sich die Lehrer dessen nicht: In einer zusätzlichen Befragung gaben alle Teilnehmer an, sich nicht von Merkmalen wie Hautfarbe, Geschlecht oder eben Körpergewicht eines Schülers beeinflussen zu lassen. Die Autoren glauben, dass spezielle Trainings dabei helfen könnten, Lehrer auf ihre eigene Voreingenommenheit aufmerksam zu machen und gleichzeitig Vorurteile gegenüber Übergewichtigen abzubauen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.