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News: Leitender Fortschritt

Einem internationalen Wissenschaftlerteam ist es erstmalig gelungen, konventionelle organische Moleküle und leitfähige Polymere zu hochsymmetrisch strukturierten Materialien mit neuartigen elektronischen Eigenschaften zu vereinen. Nach Anbringen spezifischer funktioneller Gruppen organisieren sich die scheiben- beziehungsweise ringförmigen organischen Moleküle zu hochsymmetrischen Nanozylindern.
Die Entdeckung elektrisch leitfähiger organischer Kristalle und Polymere, für den es im Jahr 2000 den Nobelpreis für Chemie gab, hat das Spektrum der für die Optoelektronik geeigneten Materialien stark erweitert – allerdings unter der Voraussetzung, dass diese Materialien eine hohe Ladungsträgermobilität haben und sich leicht herstellen und verarbeiten lassen. Kristalle besitzen eine präzise Struktur und hohe elektronische Leitfähigkeit, doch sind sie schwer zu handhaben. Polymere hingegen sind billig herzustellen und lassen sich gut verarbeiten, doch ihre Ladungsträger sind vergleichsweise unbeweglich. Flüssigkristalle wiederum verfügen über ähnlich frei bewegliche Ladungsträger wie Kristalle und sind deshalb für Anwendungen gut geeignet; doch ihre Herstellung und Verarbeitung ist sehr aufwändig. Die Vorteile der Materialtypen zu nutzen und hoch geordnete, leicht zu verarbeitende molekulare Systeme zu erzeugen, ist deshalb seit längerem das Ziel vieler Forschergruppen.

Jetzt ist es Wissenschaftlern am Max-Planck-Institut für Polymerforschung und ihren Kollegen mit einem einfachen Trick gelungen, die vorteilhaften Eigenschaften von klassischen Polymeren und Kristallen zusammenzubringen. Die Forscher synthetisierten fluorhaltige Cluster aus dendritenartig verästelten Polymeren. Werden an den Enden dieser "Dendriten" einzelne Elektronen-Donator- beziehungsweise Elektronen-Akzeptor-Gruppen angehängt, entstehen aus diesen Dendritenbäumen kuchenstückartige Bauteile, die sich zu winzigen supramolekularen Zylindern organisieren. Beide Bestandteile, organische Materialien wie Polymere, können als Donator- oder als Akzeptor-Gruppe genutzt werden.

Durch Selbstorganisation lassen sich auf diese Weise aus unterschiedlichen organischen Materialien supramolekulare Flüssigkristalle herstellen, die Donator-Akzeptor-Komplexe in ihrem Zentrum enthalten und vielversprechende optoelektronischen Eigenschaften aufweisen. Selbst ungeordnete Polymere verbinden sich auf diese Weise zu wohldefinierten Zylindern. Die fluorhaltige Peripherie der Moleküle schützt das Innere der Zylinder – wie eine Teflonbeschichtung – vor äußeren Einflüssen wie Feuchtigkeit.

Für die optoelektronischen Eigenschaften der Nanozylinder ist die Stapelung der aromatischen Ringsysteme entscheidend. Mit einer besonders raffinierten neuen Technik in der kernmagnetischen Resonanzspektroskopie konnten die Forscher die genaue Anordnung der nur wenige Nanometer großen zylinderförmigen Strukturen bis auf das Abstandsniveau zwischen einzelnen Wasserstoff-Atomen – 0,35 Nanometer – aufklären. Diese Informationen sind für die Funktionalität des Materials, also für das Ausmaß der erzielbaren elektronischen Leitfähigkeit, von entscheidender Bedeutung. Zudem ergaben die Untersuchungen, dass sich die Zylinder in den sehr regelmäßig gepackten Nanostrukturen immer senkrecht zur Oberfläche anordnen und dass diese Materialien mit 1012 Nanozylindern pro Quadratzentimeter eine hohe Dichte aufweisen.

Zusammen mit den Informationen über Synthese und Funktionseigenschaften der neuen Materialien sind dadurch bereits jetzt wichtige Details ihrer molekularen Strukturen bekannt, die es erlauben, die neuen Materialien sehr bald in elektronischen Bauelementen einzusetzen. Besonders faszinierend erscheint hierbei die Möglichkeit, jeden einzelnen Zylinder in diesem Molekülverband separat zu nutzen, um letztlich supramolekulare elektronische Bauelemente als Alternative zur bisherigen Molekularelektronik zu verwirklichen.

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