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News: Liebe statt Krieg

Mindestens dreimal sollen Auswanderer im Laufe der Menschheitsgeschichte Afrika verlassen und neue Lebensräume besiedelt haben. Und sie kamen nicht als Eroberer, sondern pflanzten sich mit den Populationen fort, die sie dort vorfanden. Das sagt zumindest die Statistik.
Die Wiege der Menschheit stand in Afrika, darin sind sich heute die meisten Forscher einig. Und von dort aus machte sich Homo erectus – der "aufrechte Mensch" – vor etwa 2 bis 1,5 Millionen Jahren auf den Weg nach Eurasien.

Doch hier endet die Einigkeit. Zwei Szenarien konkurrieren darum, die weitere Abstammungsgeschichte wiederzugeben. Die monozentrische oder Out-of-Africa-Hypothese geht davon aus, dass sich die Auswanderer in den verschiedenen Regionen zwar weiter entwickelten, der eigentliche Homo sapiens aber in Afrika entstand. Von dort soll er sich dann vor 100 000 bis 50 000 Jahren erneut ausgebreitet und die anderen Populationen verdrängt haben.

Den Anhängern der multiregionalen Hypothese ist diese Geschichte zu einseitig. Sie nehmen an, dass zwischen den verschiedenen Gruppen von Auswanderern und Daheimgebliebenen weiterhin Kontakt und somit genetischer Austausch bestand, wenn auch eingeschränkt. Der "moderne Mensch" hätte sich demnach in vielen Regionen der Welt parallel entwickelt, wobei der gemeinsame Genpool trotzdem für eine einzige Abstammungslinie sorgte. Von einer Verdrängung in diesem Fall keine Spur.

Wer hat nun Recht? Eine Frage, die bisher nicht beantwortet ist, denn jede Seite präsentiert von Zeit zu Zeit neue Ergebnisse, die ihre jeweiligen Vermutungen unterstützen. Dafür greifen die Forscher auf ganz unterschiedliche genetische Anzeiger zurück: Sequenzen von normalen wie Geschlechtschromosomen als auch das Erbgut von Mitochondrien, die ihr eigenes Genom besitzen. Mutationen in Gensequenzen, die normalerweise gemeinsam vererbt werden – so genannte Haplotypen –, dienen zur Rekonstruktion von Stammbäumen.

Alan Templeton von der Washington University hat sich einige der letzten Veröffentlichungen vorgenommen und sie auf rein statistischem Wege analysiert. Die neuen Daten bestätigen zunächst den Auszug aus Afrika vor 1,7 Millionen Jahren und auch die vermutete zweite Welle vor 150 000 bis 80 000 Jahren. Doch dabei blieb es nicht: Vor 840 000 bis 420 000 Jahren fand eine weitere Emigration statt.

Da sich genetische Marker der ersten Auswanderung auch später noch finden, schließt Templeton, dass immer wieder ein genetischer Austausch gegeben war, eingeschränkt allerdings durch große Distanzen und auch zeitweilige Isolation. Auf jeden Fall aber sei die letzte Migration keine Verdrängung gewesen, sondern die Auswanderer hätten sich auf ihrem Weg nach Norden und Osten mit den Populationen gemischt und fortgepflanzt, die sie unterwegs antrafen.

Rebecca Cann von der University of Hawaii mahnt jedoch zu Vorsicht, was die Interpretation der Ergebnisse betrifft. Sie sieht den Versuch sehr kritisch, Sequenzen miteinander zu analysieren, die im Laufe der Evolution ganz unterschiedliche Schicksale erlebten. Außerdem sei die Konstruktion der ganzen, globalen Menschheitsgeschichte auf diese Weise vielleicht doch etwas überdimensioniert, wenn man allein die Probleme bei viel engeren Fragestellungen berücksichtige: "Ich weiß nur zu gut, dass Blutproben von 35 Inselbewohnern nicht ausreichen, um die grundlegenden Wurzeln der Vielfalt auf dieser Insel zu beschreiben, und das, obwohl es sich dabei um eine recht junge Besiedlung handelte."

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