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News: Lieber jetzt als später

Manchmal lohnt es sich, nicht dem ersten Impuls nachzugeben, sondern auf einen günstigen späteren Zeitpunkt zu warten - wenn dann eine größere Belohnung winkt. Doch auch Ratten entscheiden sich ungeduldig für eine prompte Belohnung, wenn ein Bereich im Vorderhirn beschädigt ist. Die Kernregion des so genannten Nucleus accumbens (AcbC) scheint sowohl bei Drogenabhängigen als auch bei hyperaktiven Kindern eine entscheidende Rolle zu spielen.
Hyperaktive Kinder können nicht stillsitzen, springen ständig auf und stören im Unterricht. Doch die als Zappelphilipp verschrieenen Kleinen sind nicht etwa schlecht erzogen, wie so manche Erwachsene entnervt denken, sondern leiden an dem Hyperaktivitätssyndrom ADHD. Um ihre Aufmerksamkeitsspanne in den Griff zu bekommen, verordnen besonders in Amerika viele Ärzte das Medikament Ritalin, das genauso wie Amphetamine und Kokain auf den Nucleus accumbens (AcbC) einwirkt, indem es die Konzentrationen des freigesetzten Neurotransmitters Dopamin verändert. Auf der Suche nach einer besseren Alternative untersuchten Wissenschaftler nun den Zusammenhang zwischen der Gehirnregion und der Qual der Wahl.

Für ihre Studien ließen Rudolf Cardinal und seine Kollegen von der Cambridge University in Großbritannien Laborratten die Wahl zwischen zwei Futterhebeln. Bedienten sie den einen, erwartete sie prompt die Belohnung in Form eines kleinen Futterkügelchens. Drückten sie hingegen den anderen Schalter, passierte für 60 Sekunden erst einmal gar nichts. Dann allerdings fielen statt einer Futterration gleich vier vor ihre Schnauzen. An den Experimenten nahmen normale Ratten teil, denen die Forscher einen vom AcbC unabhängigen Bereich des Gehirns zerstört hatten, und Ratten, deren Nucleus accumbens durch chemische Injektionen perforiert und damit außer Funktion gesetzt war.

Die Tiere wählten ganz unterschiedlich. Während immerhin die Hälfte der normalen Ratten lieber etwas Wartezeit in Kauf nahmen, dafür aber letztendlich größere Futterration verspeisen konnten, drückte nur ein Viertel der AcbC-geschädigten Nager diesen Hebel. Sie wollten ihr Futter sofort. Ohne Umschweife. Diese Art der impulsiven Entscheidungsfindung könnte auch bei Kinder mit dem Hyperaktivitätssyndrom stattfinden, spekulieren die Forscher nun. Begeistert von diesen Ergebnissen ist der ADHD-Forscher Terje Sagvolden von der University of Oslo: "Sie legen ein neues Tiermodell für ADHD nahe." Dies könnte seiner Meinung nach in Zukunft zu einer verbesserten Behandlung von Kindern mit diesem Syndrom führen.

Nun arbeite das Team um Cardinal an weiterführenden Studien. Hier soll geklärt werden, warum Läsionen im Nucleus accumbens die Ratten so impulsiv macht. Realisieren die Tiere nicht, das eine spätere Belohnung erreichbar ist, oder schätzen sie die verspätete Futtergabe nicht so hoch ein wie eine sofortige? Außerdem will die Gruppe ihr Augenmerk auch auf anderer Gehirnregionen lenken, die mit dem Belohnungszentrum assoziiert sind – so etwa die Amygdala, die auch bei Angstreaktionen eine Rolle spielt.

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