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News: Lockender Kontrast

Gut getarnt für Feindes- wie für Beuteaugen lauern europäische Krabbenspinnen in Blüten auf ihre Opfer. Eine australische Verwandte bevorzugt dagegen den Kontrast zum Untergrund - und weckt damit erst recht das Interesse nahrhafter Insekten.
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Mit Menschenaugen sind Krabbenspinnen meist kaum zu entdeckten. Ton in Ton mit den Blütenblättern sitzen sie in ihren pflanzlichen Jagdgründen und warten auf nektarhungrige Insekten, die sie dann mit ihren langen Beinen ergreifen und verspeisen. Ihr an sich farbenfrohes Kleid verschmilzt sowohl in den Augen der Beute als auch denen möglicher Fressfeinde perfekt mit dem Hintergrund, obwohl sie dabei auch auf einen Wellenlängenbereich achten müssen, der für uns Menschen nicht relevant sind: UV-Licht.

Doch während in Europa Krabbenspinnen das dezente Anpassen an ihre Umgebung pflegen, geht eine australische Verwandte, Thomisus spectabilis, den Weg der Provokation. Auch sie wirkt für menschliche Augen auf den weißen Blüten von Chrysanthemum frutescens gut getarnt. Ganz anders sieht das Bild jedoch im ultravioletten Licht aus, denn hier reflektiert die Spinne so stark, dass sie als deutlicher Kontrast zu ihrem Untergrund erkennbar ist. Welche Biene würde sich bei einem solch weithin sichtbaren Alarmsignal noch in die Blüte verirren?

Die Mehrzahl, stellten Astrid Heiling von der Universität Wien, Marie Herberstein von der Macquarie University und Lars Chittka von der University of London fest. Die Wissenschaftler stellten Bienen vor die Wahl: Auf einer Blüte lag eine betäubte Spinne, die andere war spinnenfrei und damit gefahrlos. Und trotzdem besuchten die Insekten die Blüte mit Feind zuerst. Verwirrende Duftsignale konnten dafür nicht verantwortlich sein, denn diese hatten die Forscher mithilfe einer transparenten Folie ausgeschaltet.

Statt konform also Kontrast, wenn auch erst auf kurze Distanz. Denn auf längere Strecken ist die Spinne auch für Insektenaugen zunächst nicht erkennbar, da die Tiere dafür vor allem den grünen Kanal ihrer Augen nutzen. Weil UV-reflektierende weiße Blüten in der Natur aber überaus selten sind, fällt die Spinne aus der Nähe dann sofort auf wie ein bunter Hund. Und weckt damit offenbar die verhängnisvolle Neugier der Bienen, die eine Vorliebe für kontrastreiche Blüten zeigen.

Einen Punkt allerdings erwähnen die Wissenschaftler nicht: Inwieweit erhöht sich die Gefahr des Gefressenwerdens durch das auffällige Kleid der Achtbeiner? Denn Vögel oder andere Spinnenvertilger sehen im UV-Bereich ebenfalls gut. Angesichts des bisherigen Erfolges hat Thomisus spectabilis dafür wahrscheinlich noch einen weiteren Trick auf Lager.

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