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News: Logisches Röhrchen

Nachdem Wissenschaftler zeigen konnten, dass Nanoröhrchen aus Kohlenstoff Strom leiten und sich bei Bedarf wie Halbleiter verhalten, war es kein weiter Weg mehr, aus ihnen einen Transistor zu bauen. Und auch den nächsten Schritt konnten Wissenschaftler nun erfolgreich bewältigen: Sie stellten aus einem einzelnen Nanoröhrchen eine logische Schaltung her, den Grundbaustein eines Computers.
In den sechziger Jahren entdeckte Gordon Moore, ein Begründer der Firma Intel, dass sich die Zahl der Transistoren auf Computer-Chips etwa alle 18 bis 24 Monate verdoppelte. Seitdem hat die Industrie dieses Moore'sche Gesetz als Richtschnur für ihre Planung auserkoren, und tatsächlich entwickelte sich die Komplexität der integrierten Schaltungen bis heute gemäß dieser goldenen Regel. Dazu mussten Entwickler die Silicium-Strukturen freilich immer kleiner herstellen, schließlich sollte die Größe von Prozessoren beibehalten werden.

Doch ein Ende ist nun in Sicht. Denn stößt man mit den Abmessungen von Bauelementen in den Bereich von Nanometern vor, so ändern sich deren elektronische Eigenschaften aufgrund quantenmechanischer Effekte. Andere, alternative Konzepte für die Schaltungen müssen her.

Ein vielversprechender Ersatz für die Mikroelektronik auf Basis von Silicium scheinen Nanoröhrchen zu sein. Das sind winzige, aus Kohlenstoff aufgebaute Zylinder, die eine Gitterstruktur ähnlich einer aufgerollten Schicht Graphits aufweisen. Nachdem Wissenschaftler bereits zeigen konnten, dass diese filigranen Gebilde zum Teil die elektrischen Eigenschaften eines Halbleiters besitzen, und nachdem sie aus ihnen erfolgreich elektronische Bauelemente wie Transistoren herstellen konnten, gelang es nun auch, die erste logische Schaltung mit ihnen zu verwirklichen.

Derartige Schaltungen oder Gatter sind die Bausteine eines Computers. Jede seiner mathematischen Operationen lässt sich auf diese einfachen Elemente zurückführen. Die drei Grundschaltungen sind dabei das UND-, das ODER- und das NICHT-Gatter. Letzteres konnten nun Vincent Derycke und seine Kollegen am T.J. Watson Research Center in Yorktown Heights mit einem einzigen Nanoröhrchen schaffen.

Dazu mussten die Wissenschaftler zunächst ein Nanoröhrchen derart behandeln, dass es Elektronen leitet, also einen so genannten n-Leiter aus ihm machen. Denn für gewöhnlich fließen in den winzigen Kohlenstoff-Gebilden Löcher, also Stellen, an denen Elektronen fehlen. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass es schon ausreicht, im Vakuum die Temperatur für einige Stunden auf etwa 200 Grad Celsius zu erhöhen, um die Röhrchen entsprechend zu modifizieren. Alternativ lassen sich die Röhrchen aber auch mit Kalium dotieren. Heraus kamen jedenfalls Elektronen-leitende Nanoröhrchen.

Werden diese allerdings der Luft und damit dem Sauerstoff ausgesetzt, so wandeln sie sich schnell wieder in entsprechend Löcher- oder p-leitende Exemplare. Um das zu verhindern, muss das Material entweder mit einer Polymerschicht oder einer Abdeckung aus Siliciumdioxid geschützt werden.

So gelang es den Wissenschaftlern durch verschiedene Schritte, je ein n- und ein p-leitendes Nanoröhrchen auf einem Siliciumdioxid-Substrat zu schaffen. Die Enden der Röhrchen waren jeweils mit Goldkontakten versehen, die als so genannte Source- und Drain-Elektrode eines Transistors fungierten. Das Silicium unterhalb der Schicht aus Siliciumdioxid diente schließlich als Gate- oder Steuerelektrode. Je nachdem, welche Spannung über dieser Elektrode angelegt war, konnte zwischen Source und Drain ein Strom fließen – oder nicht.

Dabei musste bei dem p-leitenden Röhrchen die angelegte Spannung über dem Gate negativ und bei dem n-leitenden entsprechend positiv sein, damit im Röhrchen ein Strom fließen konnte – ein Prinzip, das dem eines herkömmlichen Feldeffekttransistors entspricht.

Im Weiteren kombinierten die Forscher nun die beiden Röhrchen derart, dass jeweils ein Ende des einen mit einem des anderen elektrisch leitend verbunden war. Dieser Übergang diente gleichzeitig als Ausgang eines logischen Gatters. Außerdem legten die Wissenschaftler die beiden Gate-Elektroden auf ein Potenzial, dem Eingang des Gatters. Wie sich nun zeigte, konnte man über dem Ausgang eine negative Spannung abgreifen, wenn am Eingang eine entsprechend positive anlag und umgekehrt. Das Signal wurde also invertiert, und nichts anderes beschreibt die Funktion eines NICHT-Gatters.

In einem letzten Versuch konnten die Forscher diese logische Schaltung schließlich auch mit einem einzigen Nanoröhrchen verwirklichen, das sie durch Dotieren in einen p- und einen n-leitenden Bereich aufgeteilt hatten. Die elektrische Charakteristik entsprach dabei dem Gatter, das aus zwei Röhrchen bestand. Und so meint Phaedon Avouris, ebenfalls vom T.J. Watson Research Center, dass das Kohlenstoff-Nanoröhrchen der vielversprechendste Kandidat wäre, um einmal das Silicium in Computer-Chips zu ersetzen.

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