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Long Covid: Reaktivierte Viren – die versteckte Gefahr

Das Coronavirus kann ruhende Herpesviren wie Epstein-Barr aufwecken. Was man über deren Rolle bei Long Covid weiß und was dies für die Behandlung bedeuten könnte.
3D-Darstellung eines Viruspartikels mit stachelförmigen Strukturen auf der Oberfläche. Die Partikel sind in verschiedenen Größen dargestellt und scheinen im Raum zu schweben. Der Hintergrund ist schwarz, was die Details der viralen Struktur hervorhebt.
Das Epstein-Barr-Virus gehört zu den Herpesviren. Er ist der Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers.

Kristin* ist 20 Jahre alt, als sie am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt. Monatelang hat sie immer wieder Schübe. Doch irgendwann erholt sie sich. Es folgen Studium und Kinder. Neben ihrem Beruf als Lehrerin absolviert sie eine therapeutische Ausbildung, die sie im Sommer 2022 abschließt. Ihr Traum ist es damals, eine eigene Praxis aufzumachen. Zeitgleich zieht sie mit ihrer Familie in ein großes Haus auf dem Land. Alles steht auf Neuanfang. Und dann kommt der Dezember 2023. Kristin erkrankt an Covid-19. Anfangs scheint es ein normaler Verlauf zu sein – aber sie erholt sich nicht. Die Diagnose: ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom), die schwerste Form von Long Covid.

Bluttests ergeben: Nicht nur das Coronavirus allein wurde Kristin zum Verhängnis, denn es hat wohl jenen Erreger geweckt, der seit fast 20 Jahren in ihr schlummerte: das Epstein-Barr-Virus (EBV), das zu den Herpesviren gehört.

»Wir finden bei Patienten mit Long Covid nicht nur Antikörper gegen Sars-CoV-2, sondern auch gegen andere Viren«, berichtet Christine Falk im Mai 2025 beim Long COVID Symposium der Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung (DZG) in Frankfurt. Die Professorin für Immunologie an der Medizinischen Hochschule Hannover fügt hinzu: »Bei vielen Erkrankten kommt es zu einer Reaktivierung von Herpesviren.« Wenn man sich auf Sars-CoV-2 fokussiere, verpasse man vielleicht die wahren Verursacher einiger Long-Covid-Probleme, so die Biologin.

Themenwoche: »Long Covid und ME/CFS«

Für die meisten von uns ist die Covid-19-Pandemie vorbei – nicht so für die vielen Menschen, die mit den Folgen von Long Covid oder ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom) leben müssen. Unsere Themenwoche soll sie sichtbar machen: Schwerstbetroffene, darunter Kinder und Jugendliche. Was weiß man über die Ursachen von ME/CFS? Welche Schäden verursacht das Coronavirus im Gehirn? Welche Rolle spielen reaktivierte Erreger wie das Epstein-Barr-Virus? Und vor allem: Was macht Hoffnung?

Alltag mit einer unverstandenen Krankheit: Über den Versuch, mit ME/CFS zu leben
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Alle Inhalte zur Themenwoche »Long Covid & ME/CFS: Leben auf Sparflamme« finden Sie auf unserer Übersichtsseite.

Orthoherpesviren, so heißen die Herpesviren heute wissenschaftlich korrekt, haben eine Hülle aus Fetten (Lipiden) und als Erbsubstanz eine doppelsträngige DNA. Zu ihnen gehören das Epstein-Barr-Virus, also der Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers, die Verursacher von Lippen- und Genitalherpes (Herpes-simplex-Viren HSV-1 und -2) sowie das Zytomegalievirus (CMV).

»Das Epstein-Barr- und das Zytomegalievirus können durch Entzündungen reaktiviert werden – auch durch eine Sars-CoV-2-Infektion«, sagt Birgit Sawitzki, Professorin für Translationale Immunologie am Berlin Institute of Health (BIH) und der Charité. Sie forscht zum Thema und zieht eine Verbindung zu Long Covid. »Viele der Long-Covid-Betroffenen haben ME/CFS, von dem man schon weiß, dass es nach EBV-Infektionen auftreten kann«, sagt Sawitzki.

ME/CFS ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, die oft zu einem hohen Grad an körperlicher Behinderung führt. Verschiedene Pathogene können sie auslösen, unter anderem EBV und Influenza. Die Krankheit gab es also schon lange vor der Coronapandemie, hat aber erst durch sie an Bekanntheit gewonnen. Etwa die Hälfte aller Long-Covid-Patienten erfüllt die Kriterien für das »chronische Erschöpfungssyndrom«, wie ME/CFS auch genannt wird.

Was bedeutet es, wenn Epstein-Barr-Viren reaktiviert werden?

Wissenschaftler der University of San Francisco haben bereits 2022 einen interessanten Zusammenhang festgestellt. Sie untersuchten das Blut von 280 Erwachsenen, die positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden waren. Wer während der Infektion gleichzeitig Antikörper gegen aktive Epstein-Barr-Viren aufwies, hatte ein mehr als doppelt so hohes Risiko, vier Monate später Long-Covid-Symptome (insbesondere Fatigue) zu entwickeln als Personen ohne diese Anti-EBV-Moleküle. Passend dazu identifizierte ein Team unter der Leitung des Institute for Systems Biology in Seattle EBV im Blut als einen von vier Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit für Long Covid erhöhen. Die anderen drei waren: Autoantikörper, Diabetes Typ II und freies Erbgut von Sars-CoV-2 im Blut.

Doch was bedeutet es überhaupt, wenn Epstein-Barr-Viren reaktiviert werden? EBV infiziert die B-Zellen des Immunsystems und »versteckt« sich in ihnen (siehe »B-Zellen«). Im Normalfall kontrolliert unser Abwehrsystem das Virus effektiv und hält es in einem Ruhezustand. Während dieser Zeit verursacht es kein Symptome. Sobald B-Zellen ihr spezifisches Antigen (zum Beispiel ein bestimmtes Oberflächenprotein eines Erregers) erkennen, entwickeln sie sich zu Plasmazellen. Letztere bilden Antikörper gegen das erkannte Antigen, also Bestandteile des Erregers. Bei einer Infektion mit Sars-CoV-2 werden B-Zellen stimuliert; und wenn unter der riesigen Zahl aller B-Zellen ausgerechnet solche mit der Spezifität für Sars-CoV-2 zufällig EBV in sich tragen, wird das Virus dadurch geweckt. Das passiert also relativ selten.

B-Zellen

B-Zellen (B-Lymphozyten) sind weiße Blutkörperchen, die zum erworbenen Immunsystem gehören. Sie erkennen Krankheitserreger wie Viren und Bakterien anhand bestimmter Merkmale (Antigene) auf deren Oberfläche. Dadurch ausgelöst entwickeln sich die B-Zellen zu reifen Plasmazellen. Diese wiederum produzieren Antikörper, die sich an den detektierten Erreger binden und ihn damit unschädlich machen. Aus einem Teil der B-Zellen entstehen Gedächtniszellen, die bei einem erneuten Kontakt mit dem Erreger schnell wieder eine Antikörperreaktion auslösen.

Es gibt zwei Erklärungsansätze, wie dieser Prozess zu Long Covid führen kann. »Aufgrund der Reaktivierung von EBV bleiben die Plasmazellen sehr lange aktiv«, sagt Christian Münz, Professor für virale Immunbiologie an der Universität Zürich. Es werden somit sehr viele Sars-CoV-2-Antikörper ausgeschüttet, die auch körpereigene Strukturen angreifen könnten. Solche Autoantikörper werden nach verschiedenen Viruserkrankungen gebildet. Zweite Theorie: EBV-infizierte B-Zellen durchdringen die Blut-Hirn-Schranke und verursachen im Gehirn über Entzündungsreaktionen Symptome wie Brain Fog und Fatigue.

Für beide Hypothesen gibt es Hinweise. Autoantikörper sind ein Risiko, nach Sars-CoV-2-Infektion an Long Covid zu erkranken und neurologische Probleme zu entwickeln. Und falls eben diese B-Zellen, die solche Antikörper herstellen, mit EBV infiziert sind, könnten sie besonders große Mengen Autoantikörper produzieren und Entzündungsreaktionen auslösen. Belege dafür, dass EBV-infizierte B-Zellen ins Gehirn einwandern, liefert eine andere Krankheit: multiple Sklerose. Für diese neurologische Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Isolierschicht der Nervenfasern angreift, ist EBV zumindest als ein mitwirkender Auslöser wahrscheinlich. Bei US-Soldaten konnte durch langfristige Nachverfolgung von Blutwerten ein 32-fach erhöhtes Risiko für multiple Sklerose nach einer EBV-Erstinfektion festgestellt werden.

Zwar sind 90 Prozent aller Menschen weltweit mit dem Epstein-Barr-Virus infiziert, wenn aber der erste Kontakt erst im frühen Erwachsenenalter erfolgt (wie bei den betroffenen Rekruten), sind die Immunreaktionen häufig sehr heftig. In der Kindheit hingegen fallen sie deutlich milder aus, oft verläuft eine Infektion dann symptomlos. Ein höheres Alter bei Erstinfektion geht anscheinend auch mit einem verstärkten Risiko für multiple Sklerose einher. »Kurz nach der Infektion kann man im Blut erste Marker neuronaler Schäden finden«, sagt Christian Münz. »Oftmals Jahre bevor Menschen tatsächlich erkranken.« Fachleute von der Stanford University fanden bei Verstorbenen, die multiple Sklerose gehabt hatten, EBV-infizierte B-Zellen im Gehirn.

Ursache der neurologischen Symptome bei Long Covid

»Wir gehen davon aus, dass die neurologischen Symptome von Long Covid dadurch ausgelöst werden, dass eingewanderte Immunzellen im Gehirn Zytokine ausschütten«, sagt Christian Münz. Diese Botenstoffe verursachen wiederum Entzündungen. »Das könnte zu Schäden an den Nervenzellen führen«, so der Immunologe.

Es gibt also zwei Theorien für Long Covid durch EBV-Reaktivierung: ins Gehirn gelangende Immunzellen oder Autoantikörper, die körpereigenes Gewebe angreifen. »Diese beiden Haupthypothesen schließen sich nicht aus«, sagt Münz. »Es kann sein, dass die B-Zellen durch eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus besser ins Gehirn vordringen und dann dort großen Schaden verursachen, weil sie auch noch ihr Autoantigen finden.«

Epstein-Barr ist das Herpesvirus, das am engsten mit Long Covid assoziiert ist. Für die Herpes-simplex-Viren HSV-1 und HSV-2 gibt es nur vereinzelte Hinweise, dass sie in der Folge von Covid-19 Nervenzellen angreifen und so die gefürchtete Herpes-Enzephalitis auslösen. Eine Studie identifizierte acht Patienten mit dieser schweren Gehirnentzündung in der Folge einer Sars-CoV-2-Infektion. Allerdings hatten fast alle von ihnen hochdosiertes Cortison per Infusion bekommen, infolgedessen ihr Immunsystem herunterreguliert war. Die Autoren vermuteten daher, dass eher die Medikamente als das Coronavirus die Reaktivierung der Herpes-simplex-Viren ausgelöst haben könnten. In einer »Nature«-Studie, die die Immunprofile von knapp 300 Long-Covid-Patienten mit Gesunden verglich, fand sich dementsprechend keine Erhöhung der Antikörper gegen HSV – aber gegen Sars-CoV-2 und das Epstein-Barr-Virus.

Für ein anderes weitverbreitetes Herpesvirus, CMV, zeigte sich in jener Arbeit ebenfalls kein Hinweis auf vermehrte Antikörper. Eine weitere Studie fand sogar im Gegenteil: Sars-CoV-2-Infizierte mit zuvor durchgemachter CMV-Infektion hatten ein verringertes Risiko für Long Covid mit neurologischen Symptomen. Könnte eine Infektion mit einem anderen Erreger also einen gewissen Schutz verleihen? Interessanterweise findet man diesen schützenden Effekt des CMV auch bei multipler Sklerose. »Man erklärt sich das damit, dass CMV natürliche Killerzellen aktiviert, die wiederum autoimmune T- oder B-Zellen töten«, sagt Christian Münz. »Der Mechanismus ist noch nicht ganz verstanden. Aber insgesamt ist es schon verblüffend, dass Long Covid Ähnlichkeiten mit Autoimmunerkrankungen hat.«

»Unser Ziel ist es, jene Subgruppen zu identifizieren, bei denen EBV eine wichtige Rolle spielt«Birgit Sawitzki, Biochemikerin

Was bedeuten nun die Erkenntnisse über reaktivierte Herpesviren für die Long-Covid-Betroffenen? Birgit Sawitzki arbeitet in einem großen Projekt daran, die Grundlagenforschung für die Klinik nutzbar zu machen. »Wir sehen bei einem hohen Prozentsatz der Patienten Fatigue-Symptome, die sich mit ME/CFS überschneiden«, sagt die Biochemikerin. »Unser Ziel ist es, jene Subgruppen zu identifizieren, bei denen EBV eine wichtige Rolle spielt.« Denn nur so sei eine zielgerichtete Therapie möglich, die etwa in die B-Zell-Aktivierung oder die Kommunikation zwischen den T- und B-Zellen eingreift.

Die Medizinische Hochschule Hannover gehört zu den wenigen Zentren weltweit, die versuchen, Long Covid mit bestimmten T-Zellen zu therapieren, die sich gegen EBV-infizierte Körperzellen richten (siehe »T-Zellen«). Die dortigen Immunologen um Agnes Bonifacius gaben 34 immunsupprimierten Menschen, bei denen EBV reaktiviert worden war, zytotoxische T-Zellen von Knochenmarkspendern. Diese T-Zellen erkennen menschliche Zellen, in denen sich das Epstein-Barr-Virus gerade vermehrt, und töten sie. Bei fast 90 Prozent der Probanden stellte sich eine solche T-Zellantwort ein – und hatte einen positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf. Das Fazit der Autoren: Die Behandlung mit zytotoxischen T-Zellen ist ein vielversprechender Ansatz für immungeschwächte Menschen mit reaktiviertem Epstein-Barr-Virus.

T-Zellen

T-Zellen (T-Lymphozyten) sind weiße Blutkörperchen, die zum erworbenen Immunsystem gehören. Sie erkennen und zerstören infizierte oder entartete Körperzellen, aktivieren andere Immunzellen wie B-Zellen und regulieren die Immunantwort. Zytotoxische T-Zellen können andere körpereigene Zellen direkt abtöten, zum Beispiel wenn diese von Viren befallen sind.

Wie sieht es mit anderen Therapien aus? »Bislang gibt es keine zugelassenen Mittel gegen Viren, bei denen ein Zusammenhang mit Long Covid diskutiert wird. Oder die Präparate sind aufgrund der Nebenwirkungen nur für schwere Infektionen bei Immunsupprimierten zugelassen«, konstatiert Judith Bellmann-Strobl, Mitgründerin des Post-COVID-Netzwerkes der Charité und dort Leiterin einer Hochschulambulanz für neuroimmunologische Erkrankungen. Gegen CMV gibt es die Wirkstoffe Ganciclovir und Valganciclovir; bei schwereren Fällen, oder wenn die Standardtherapie nicht anspricht, auch Foscarnet oder Cidofovir. Allerdings ist CMV, wie bereits erwähnt, weniger verdächtig, Long Covid auszulösen, als EBV. Und gegen Letzteres gibt es bislang gar keine Therapie mit antiviralen Medikamenten.

»Es fehlen auch große prospektive Studien, die einen kausalen Zusammenhang zwischen Reaktivierung des Virus und Symptomen eindeutig belegen«, gibt Judith Bellmann-Strobl zu bedenken. »Solange dieser Beweis nicht erbracht ist, ist eine Behandlung mit einem potenziell nebenwirkungsbehafteten Medikament nicht zu rechtfertigen.« Zudem sei nicht jede Reaktivierung klinisch relevant – erhöhte Antikörperwerte seien häufig zu finden und schwierig zu interpretieren. »Für die klinische Versorgung haben diese sehr heterogenen und zum Teil kontroversen Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung bisher keine Relevanz«, so die Neurologin.

»Je später ein Mensch mit EBV infiziert wird, desto größer das Risiko für Komplikationen«Christian Münz, Immunologe

Auf Long-Covid-Therapien, die gegen geweckte Herpesviren gerichtet sind, müssen Betroffene also noch warten. Auch die Prävention durch Impfungen gegen EBV scheint momentan nicht zielführend. »Bisherige Tests mit Impfkandidaten, die allein auf neutralisierende Antikörper setzen, lassen vermuten, dass es kaum möglich sein wird, eine sterile Immunität gegenüber EBV zu erreichen«, sagt Christian Münz. »Und mit einer verzögerten Infektion wäre nichts gewonnen – je später sich ein Mensch mit dem Epstein-Barr-Virus infiziert, desto größer das Risiko für Komplikationen und damit auch für ME/CFS.«

Für Kristin käme eine Impfung ohnehin zu spät. Seit einem Jahr verbringt sie nun Stunde um Stunde liegend in einem dunklen Zimmer. Das Leben im neuen Haus und in dem großen, schönen Garten – es findet ohne sie statt. Sie muss darauf hoffen, dass endlich Therapien entwickelt und Wirkstoffe zugelassen werden. Bis dahin versucht ihre Familie alles, was möglich ist: von Stimulationen des Lymphsystems bis hin zu Nikotinpflastern, die die Fatigue lindern sollen. Ansonsten bleibt Kristin nur das Warten – wie so vielen anderen ME/CFS-Betroffenen.

*Der vollständige Name ist der Redaktion bekannt

Wichtige Begriffe rund um Long Covid

Fatigue: Darunter versteht man eine massive psychische und physische Kraft- und Energielosigkeit. Die Betroffenen sind nicht mehr in der Lage, Aktivitäten des täglichen Lebens nachzugehen. Fatigue tritt auch bei anderen chronischen Erkrankungen auf, etwa bei multipler Sklerose oder Krebs. Anders als hier verbessert sich das Symptom bei ME/CFS nicht durch Sport oder Schlaf.

Long Covid: Der Begriff bezeichnet gesundheitliche Beschwerden, die über die akute Krankheitsphase hinaus andauern – also länger als vier Wochen nach der Sars-CoV-2-Infektion. Long Covid ist als Oberbegriff für verschiedene Verlaufsformen gängig, darunter auch Post-Covid oder ME/CFS.

Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS): Meist durch eine Virusinfektion wie Covid-19 ausgelöste schwere Multisystemerkrankung. Typisch sind eine Verschlechterung der Symptome nach Belastung (PEM) und eine massive Energielosigkeit (Fatigue). Betroffene leiden unter anderem häufig unter Konzentrations- und Gedächtnisproblemen, Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Schmerzen in verschiedenen Bereichen des Körpers und einer Überempfindlichkeit, etwa auf Licht oder Geräusche.

Pacing: Eine Form des Krankheitsmanagements, bei der Patienten lernen, die zur Verfügung stehende Energie zu nutzen, ohne die eigenen Belastungsgrenzen zu überschreiten. Ziel ist es, eine PEM zu vermeiden.

Post-Covid: Nach Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) handelt es sich um gesundheitliche Beschwerden, die mindestens zwölf Wochen nach einer Sars-CoV-2-Infektion fortbestehen oder erneut auftreten und nicht anderweitig erklärbar sind. Der Begriff dient der medizinischen Abgrenzung innerhalb des Long-Covid-Spektrums und beschreibt insbesondere längerfristige oder chronische Verläufe.

Post-exertionelle Malaise (PEM): Das Kernsymptom von ME/CFS ist eine verzögerte Verschlechterung des Zustands oder das Auftreten neuer Symptome nach körperlicher oder geistiger Anstrengung. Betroffene bezeichnen das oft als Crash. Auslöser können bereits Sitzen, Stehen oder äußere Reize wie Licht sein. Meist tritt eine Zustandsverschlechterung 12 bis 48 Stunden nach der Überlastung auf und hält dann Tage bis Wochen an; in schweren Fällen ist sie dauerhaft.

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  • Quellen

Bonifacius, A. et al., The Journal of Clinical Investigation 10.1172/JCI163548, 2023

Grut, V. et al., European Journal ofNeurology 10.1111/ene.14961, 2021

Orr, N., Steinmann, L., PNAS 10.1073/pnas.2425670122, 2025

Peluso, M. et al., The Journal of Clinical Investigation 10.1172/JCI163669, 2022

Su, Y. et al., Cell 10.1016/j.cell.2022.01.014, 2022

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