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Mysteriöse Mischung: Super-Diamant entstand bei kosmischer Katastrophe

Ein überraschender chemischer Prozess in einem sterbenden Zwergplaneten könnte das rätselhafte Mineral Lonsdaleit erklären. Der Vorgang ähnelt einem industriellen Verfahren. Womöglich kann man das ultraharte Mineral so künstlich herstellen.
Ein großer Asteroid trifft einen Planeten mit Magmaozean.
Als ein Einschlag große Teile eines Zwergplaneten wegriss, ließen laut einer neuen Hypothese freigesetzte flüchtige Stoffe in den Trümmern Diamanten und Lonsdaleit wachsen.

Ein gigantischer Asteroideneinschlag, der einen Zwergplaneten zerstörte, brachte einst einen der härtesten Stoffe im Universum hervor. Das jedenfalls schlägt ein Team um Andrew G. Tomkins von der Monash University vor – die Hypothese soll eine bis heute umstrittene Mischung aus Graphit, Diamant und dem mutmaßlich superharten Lonsdaleit erklären, die nur in so genannten Ureilit-Meteoriten vorkommt. Wie die Arbeitsgruppe in der Fachzeitschrift »PNAS« berichtet, könnte das Mineral durch ausperlende Gase entstanden sein, als der Druck im Inneren des Zwergplaneten durch dessen Zerstörung abrupt abfiel. Der vorgeschlagene Prozess ähnelt der industriellen Gasphasenabscheidung; das deutet darauf hin, dass man das Mineral künstlich wachsen lassen könnte.

Lonsdaleit, auch hexagonaler Diamant genannt, unterscheidet sich nur durch die Kristallstruktur von Diamant, ist aber womöglich bis zu 60 Prozent härter. Normalerweise entsteht Lonsdaleit bei Asteroideneinschlägen durch die extreme Druckwelle des Einschlags. Man kann den Prozess zwar im Labor nachstellen, so entstandene Kristalle enthalten allerdings viele Fehler in ihrer Struktur und erreichen daher nicht ihre theoretische Härte. Trifft jedoch die Vermutung der australischen Arbeitsgruppe zu, gibt es noch einen anderen Weg, das Mineral zu erzeugen. Denn während die Hypothese ebenfalls von einem gigantischen Einschlag ausgeht, entsteht Lonsdaleit hier nicht durch die extreme Stoßwelle, sondern durch chemische Prozesse.

Die sehr kohlenstoffreichen Ureilit-Meteorite sind mutmaßlich Trümmer aus dem tiefen Mantelgestein eines Zwergplaneten, was ihre ungewöhnliche Struktur erklären würde. Wie Tomkins und sein Team argumentieren, erklärt das auch die ungewöhnliche Mischung aus Graphit, Diamant und Lonsdaleit, die man in einigen dieser Meteorite findet. Demnach entstand sie aus bereits im Gestein vorhandenem Graphit. Als ein großer Asteroid den Zwergplaneten zertrümmerte, sanken im plötzlich frei gelegten Mantelgestein Druck und Temperatur rapide ab. Dadurch perlten flüchtige Stoffe wie Wasserstoff, Methan, Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff aus dem Gestein und reagierten mit dem Graphit. Je nach Bedingungen entstanden dabei andere Mischungen.

Demnach bildeten sich in Trümmern, die in den Weltraum geschleudert wurden, lediglich feine Diamantkristalle im Graphit, weil die Gase nur kurz und unter geringem Druck reagierten. Diese Mischung findet man in vielen Ureiliten. In jenen Teilen des Mantels, die im Rest des Mutterkörpers verblieben, waren Druck und Temperatur hoch genug, dass die Lösungen überkritisch waren – ein Zustand jenseits von Gas und Flüssigkeit. Diese Lösungen ließen den Kohlenstoff im Graphit zu Lonsdaleit werden. Etwas länger nach dem Einschlag war der Druck dann so weit abgefallen, dass die überkritische Mischung zu einem kohlenstoffreichen Gas wurde. Dieses bildete um die Lonsdaleit-Kristalle eine Hülle aus Graphit und Diamant.

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