Direkt zum Inhalt

Unbekannte Höhlenspinnen: "Lord Varys" wird Namenspate für Achtbeiner

Eine Expedition in die Regenwälder des Amazonas lohnt sich, wenn man eine neue Spezies entdecken möchte. Ein Forschertrio hat dort sieben Spinnenarten mit für Höhlenbewohner untypischen Merkmalen ans Tageslicht geholt.
Die Höhlenspinne Ochyrocera varys verdankt ihren Namen wie der gleichnamige Charakter aus "Game of Thrones" dem Manipulationskünstler "Varys" aus der Fantasysaga "A Song of Ice and Fire".

In den brasilianischen Regenwäldern kreucht und fleucht allerlei Getier herum. Mit der Taufe von sieben neuen Spinnenarten hat ein brasilianisches Forscherteam jetzt zahlreiche Fantasyklassiker verewigt: Bei der Nomenklatur bedienten sie sich der Figuren aus bekannten Werken wie "Harry Potter" und "Der Herr der Ringe". Die Achtbeiner gehören zur neuweltlichen Gattung der Ochyrocera und leben im Bundesstaat Pará im Norden von Brasilien.

2000 Exemplare hatten die Wissenschaftler vom Instituto Butantan, einem biomedizinischen Forschungszentrum in São Paulo, im Verlauf von fünf Jahren bei Expeditionen gesammelt. Jetzt stellen sie die sechsäugigen Tiere im Fachmagazin "ZooKeys" vor. Wie der Arachnologe Antonio Brescovit und seine Kollegen schildern, bevorzugen es alle sieben Arten, unter der Erde zu leben, obwohl keine von ihnen über die dafür typischen Charakteristika verfüge, darunter fehlende Augen und Pigmente. Trotzdem könnten sie ihr gesamtes Leben fern vom Sonnenlicht verbringen. Fachsprachlich handelt es sich damit um eine "edaphische, troglophile" Spezies.

Den derzeit wohl prominentesten Namen trägt die recht unauffällige Art Ochyrocera varys (siehe Bild): "Varys" ist ein Charakter aus George Martins Fantasysaga "A Song of Ice and Fire" (Deutsch: "Das Lied von Eis und Feuer"), die auch der erfolgreichen Fernsehserie "Game of Thrones" als Vorlage diente. In beiden zieht der auf den ersten Blick harmlos erscheinende Varys die Fäden in einem weiten Netzwerk von Spionen und wird für seine Manipulationskünste gefürchtet. Aus J. K. Rowlings "Harry Potter" kennen vor allem Kinder die Spinne "Aragog" – nun Namenspatin für Ochyrocera aragogue. Die hellblaue Ochyrocera atlachnacha wiederum spielt auf "Atlach-Nacha" an, eine Kreatur aus dem Werk des Schauerromanautoren H. P. Lovecraft, die mit ihrem Netz unsere Welt mit dem Land der Träume verbindet.

Aus der Feder von J. R. R. Tolkien stammen gleich zwei Namen: Ochyrocera laracna ist benannt nach der dämonischen Riesenspinne "Laracna" (deutsch: "Kankra"), der die Protagonisten Frodo und Sam auf ihrer Reise in "The Lord of the Rings" ("Der Herr der Ringe") begegnen. Und Ochyrocera ungoliant kommt von Laracnas Mutter "Ungoliant", die in Tolkiens "The Silmarillion" ("Das Silmarillion") auftaucht. Weniger bekannt ist hier zu Lande David Kirks "Little Miss Spider", die nun auch als Ochyrocera misspider durch den Regenwald krabbelt. Und Ochyrocera charlotte hat ihren Namen von der Spinne "Charlotte" aus E. B. Whites Klassiker "Charlotte's Web" ("Wilbur und Charlotte"): Sie ist mit der Hauptfigur, Schwein Wilbur, befreundet.

Da es bislang nur wenige Wissenschaftler in die betreffenden Regionen verschlug, ist mit weiteren Entdeckungen zu rechnen. Es könnten sich also noch andere fantastische Geschöpfe zu Lord Varys & Co hinzugesellen.

WEITERLESEN MIT »SPEKTRUM +«

Im Abo erhalten Sie exklusiven Zugang zu allen Premiumartikeln von »spektrum.de« sowie »Spektrum - Die Woche« als PDF- und App-Ausgabe. Testen Sie 30 Tage uneingeschränkten Zugang zu »Spektrum+« gratis:

Jetzt testen

(Sie müssen Javascript erlauben, um nach der Anmeldung auf diesen Artikel zugreifen zu können)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.