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Luftverschmutzung: Viel Feinstaub aus Mikroplastik in Innenräumen

Menschen atmen möglicherweise zehntausende Mikroplastikteilchen täglich ein. Was das bedeutet, ist unklar.
Ein schlicht eingerichtetes Wohnzimmer mit einem orangefarbenen Sofa vor einer grünen Wand. Das Sofa ist dekoriert mit grauen Kissen und einer grauen Decke mit Fransen. Vor dem Sofa steht ein kleiner runder Couchtisch mit einer grauen Vase und einer Schale mit Nüssen, davon einige auf dem Tischchen verteilt. Die Wand über dem Sofa trägt eine Klimaanlage. Links befindet sich ein Regal mit Büchern und dekorativen Objekten, rechts steht ein grüner Sessel und an der Wand eine Topfpflanze. Auf dem Holzboden liegt ein gemusterter Teppich vor dem Sofa.
Die meisten Menschen verbringen einen Großteil ihrer Zeit in Innenräumen. Dort findet sich wohl besonders viel Mikroplastik in der Luft, das von Möbeln, Gebrauchsgegenständen oder Baumaterial stammt.

Möglicherweise atmen Menschen täglich mehr Mikroplastikteilchen ein als bislang angenommen – besonders, wenn sie sich viel in Innenräumen aufhalten. Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsteam um Nadiia Yakovenko vom Geowissenschaftlichen Institut der Universität Toulouse. Die Fachleute berichten in der Fachzeitschrift »PLOS ONE«, dass die Belastung mit besonders kleinen Mikroplastikteilen zwischen einem und zehn Mikrometer Durchmesser weit höher liegt als zuvor vermutet. Nach der Einschätzung anderer Wissenschaftler sind die Ergebnisse allerdings mit Vorsicht zu genießen.

Die Forscher um Yakovenko hatten in drei Haushalten und zwei Autos die Zahl an Mikroplastikteilchen pro Kubikmeter Luft ermittelt. Sie bestimmten die Form und Größe der Partikel sowie deren chemische Zusamensetzung, konnten also heraufinden, aus welchen Kunststoffsorten sie hauptsächlich bestanden. In den Fahrzeugen war die Mikroplastik-Dichte in der Luft mehrfach höher als in den Wohnungen. Schon hier zeigte sich allerdings eine recht große Diskrepanz, weil sich die Kunststoffsorten zwischen den einzelnen Haushalten stark unterschieden. Während in zwei Proben hauptsächlich die Kunststoffe Polyethylen und Polypropylen vorherrschten, dominierten im dritten Haushalt Polyamide. Ian Rae, Experte für Chemikalien in der Umwelt an der University of Melbourne, sagte gegen über dem australischen Science Media Centre: »Die experimentelle Arbeit ist sehr gut gemacht. Aber die Ergebnisse zeigen eine Vielzahl an Plastiksorten. Das macht es schwierig, die Ergebnisse zu interpretieren.« 

Die französischen Forscher rechneten ihre Ergebnisse hoch und kamen auf eine Durchschnittsmenge an Partikeln, die jeder Mensch täglich in Innenräumen aufnehmen könnte. Für solche Berechnungen sei die Datenbasis allerdings zu dünn, kritisiert Oliver Jones, Chemiker an der RMIT University in Melbourne. »Das sind einfach nicht genügend Daten, um sie auf die Städte in Frankreich zu übertragen, wo die Studien angefertigt wurden, geschweige denn auf den Rest der Welt.« 

Gesundheitsrisiko Feinstaub

Teilchen kleiner als zehn Mikrometer zählen als Feinstaub. Dessen gesundheitlichen Auswirkungen sind bislang kaum erforscht. Einige der winzigen Partikel – vor allem solche, die kleiner als 2,5 Mikrometer sind – könnten eventuell tief in die Lunge eindringen und dort möglicherweise Entzündungsprozesse auslösen. Viel weiß man darüber allerdings noch nicht. »Das ist ein relativ neues Forschungsfeld«, gibt Oliver Jones zu bedenken. Gegenüber der Deutschen Presseagentur sagte Eleonore Fröhlich von der Medizinischen Universität Graz und Professorin an der Universität Tübingen, dass Mikroplastik zwar potenziell gesundheitlich relevant ist; im Vergleich zur deutlich höheren Feinstaubbelastung aus anderen Quellen sei es jedoch derzeit als weniger gravierend einzuschätzen. Feinstaub enthalte oft giftige Substanzen und sei in deutlich größeren Mengen in der Luft vorhanden. 

Während Feinstaub in der Umwelt schon länger erforscht wird und Feinstaubwerte in vielen Ländern überwacht werden, gibt es noch wenige systematische Untersuchungen dazu, welche Belastungen in Innenräumen herrschen. Dabei verbringen viele Menschen, vor allem in industrialisierten Ländern, einen Großteil ihres Tages in Innenräumen: Forschern zufolge fast 90 Prozent ihrer Zeit. Seit einigen Jahren plädieren Fachleute daher verstärkt dafür, diesen unbekannten Faktor zu untersuchen. Der Abrieb von Mikroplastik aus Haushaltsgegenständen, alltäglichem Verbrauchsmaterial und Baustoffen trägt sicherlich seinen Teil zum Feinstaub in Innenräumen bei, wenn er auch nicht der größte Faktor sein mag.

  • Quellen
https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0328011

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