Direkt zum Inhalt

Wetter: Luftverschmutzung machte Europas Winter härter

Die Luft in Europa wurde seit den 1970er Jahren deutlich sauberer. Zusammen mit dem Klimawandel machte dies unsere Winter milder.
Eis und Schnee auf der Frontscheibe

Um rund drei Grad Celsius war der Januar 2020 wärmer als der Durchschnitt des Monats in der Zeit von 1981 bis 2010. Damit gehört er zu den wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen am Ende des 19. Jahrhunderts, berichtete der Deutsche Wetterdienst. Die Erderwärmung ist aber anscheinend nicht der einzige Grund dafür, dass die Winter in den letzten Jahrzehnten durchschnittlich immer milder wurden: Auch die Luftreinhaltung hätte dazu beigetragen, schreiben Yuan Wang vom California Institute of Technology in Pasadena und sein Team in »Nature Climate Change«.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Luftverschmutzung stark zu; vor allem Ruß trübte die Atmosphäre und dämpfte die Sonneneinstrahlung zwischen 1960 und 1990 um durchschnittlich vier Prozent, über kontinentalen Gebieten wie den USA sogar um bis zu ein Zehntel, wie Beate Liepert, damals an der Columbia University in Palisades, 2002 in den »Geophysical Research Letters« schrieb. Die Aerosole sorgten dadurch für eine gewisse Abkühlung und begünstigten härtere Winter in den 1960er und 1970er Jahren.

Damals verschärften die westlichen Industriestaaten ihre Gesetze zur Luftreinhaltung und ergriffen zunehmend Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung. Dazu kam ab 1990 der Zusammenbruch der osteuropäischen Schwerindustrie nach der politischen Wende. Die Luft wurde nach und nach klarer, weshalb auch die Sonneneinstrahlung wieder zunahm. Laut Wang und Co hatte dies mehrere Effekte: Der Wegfall der kühlenden Aerosole sorgte für einen Temperaturanstieg zusätzlich zur Erderwärmung durch den von Menschen verstärkten Treibhauseffekt. Außerdem stabilisierte sich dadurch der Jetstream über Europa, weshalb es hier seltener zu Kaltluftausbrüchen aus der Arktis kam, wie sie regelmäßig über Nordamerika und Nordostasien auftreten. »Die Zahl der extremen Kältetage hat seit 1950 in Europa um das Zwei- bis Dreifache abgenommen. Unsere Daten zeigen das eindeutige Signal der anthropogenen Aerosole für den winterlichen Jetstream«, schreiben die Wissenschaftler.

Für die Zukunft erwarten sie jedoch keine weitere Verstärkung des Signals: In Europa sind die Maßnahmen zur Luftreinhaltung weitgehend ausgereizt. Zukünftig könnte der Effekt jedoch in Nordostasien zum Tragen kommen. Hier herrscht gerade im Winter sehr starke Luftverschmutzung. Sauberere Luft könnte also einen veritablen Temperatursprung nach oben bewirken.

Anm. d. Red.: Die Studie erschien in »Nature Climate Change«, nicht in »Nature Geoscience«. Wir haben den Fehler ausgebessert.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.