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Erziehung: Macht die Prügelstrafe Kinder gewaltbereiter?

Wer Kinder schlägt, erklärt damit Gewalt zum legitimen Mittel. Entsprechend greifen auch die Betroffenen selbst häufiger zu Gewalt, argumentieren Forscher.
Hand eines Jungen

In Ländern, in denen es verboten ist, Kinder zu schlagen, gibt es auch weniger Gewalt unter Jugendlichen – das lesen Wissenschaftler aus mehreren weltweiten Umfragen. Besonders ausgeprägt war der Unterschied bei Mädchen. Bei Jungs fiel er dagegen weniger stark ins Gewicht. Offen ist allerdings, ob es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem gesetzlichen Verbot und der Häufigkeit von Gewalt gibt.

Ein internationales Forscherteam um Frank Elgar von der McGill University in Montreal hat in 88 Ländern insgesamt rund 400 000 junge Menschen befragt. Die Teilnehmer waren zwischen 11 und 25 Jahre alt und mussten angeben, wie häufig sie sich mit Gleichaltrigen prügelten. In Ländern ganz ohne Prügelstrafe gaben rund ein Drittel weniger Jungen und nur etwa halb so viele Mädchen an, »sehr häufig« in körperliche Auseinandersetzungen verwickelt zu sein, verglichen mit Ländern, in denen die Prügelstrafe erlaubt oder nur teilweise verboten ist.

Die Studie, die im Fachmagazin »BMJ Open« erschienen ist, soll Regierungen eine wissenschaftliche Grundlage für ihre Gesetze liefern. In Großbritannien etwa ist den Eltern Gewalt »in angemessenen Maß« erlaubt. Wales und Schottland wollten diese Regelung kippen, so berichtet unter anderem die britische Zeitung »The Guardian«. In Deutschland ist das Züchtigen von Kindern ganz verboten.

Gewalt in der Erziehung schadet der geistigen und körperlichen Gesundheit – daran haben die wenigsten Wissenschaftler Zweifel. Die aktuelle Studie lässt sich nun als Beleg dafür lesen, dass die Gewalterfahrungen darüber hinaus auch das Sozialverhalten beeinflussen. Kinder lernten, dass Aggression als Mittel eingesetzt werden dürfe, erläutert etwa die Familienforscherin Elizabeth Gershoff von der University of Texas in Austin.

Die Umfragen geben allerdings eher eine Momentaufnahme. Aussagekräftiger wären beispielsweise Daten zur Häufigkeit von Jugendgewalt vor und nach Einführung eines Verbots. Möglicherweise verlaufen beide Prozesse parallel: Gesetzliche Initiativen für ein Züchtigungsverbot haben dort die besten Chancen, wo die Gesellschaft insgesamt weniger gewaltbereit ist, was sich wiederum auf den Umgang der Jugendlichen untereinander auswirkt.

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