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News: Männerschmerzen - Frauenleiden: Differenzen der Geschlechter

Geschlechtsspezifische Unterschiede dürfte es nicht nur im Schmerzempfinden geben. Frauen werden in der Schmerztherapie häufig auch anders behandelt als Männer. Das berichteten am Mittwoch Expertinnen beim Schmerz-Weltkongress in Wien.
Die "soziale" Seite der Angelegeneit: Frauen müßten schon aufgrund des sozialen Drucks anders mit Schmerzen umgehen als Männer, erklärte Karen Berkley von der Florida State University, einen der geschlechtsspezifischen Unterschiede in Sachen Schmerz: "Es wird von Frauen einfach erwartet, daß sie auf potienziell gefährliche Situationen mehr achten."

Das hat Konsequenzen im Umgang mit dem Gesundheitsweisen, mit der Frequenz der Artzbesuche. Die amerikanische Expertin: "Frauen suchen daher früher medizinische Hilfe als Männer. Das ist zwar grundsätzlich eine positive Einstellung, aber es bringt auch den Frauen den Vorwurf der Wehleidigkeit ein." Andererseits – so Karen Berkley – würden Männer, wenn sie sich in medizinische Behandlung begeben, viel stärker als Frauen die modernsten Behandlungsmethoden einfordern. "In dieser Hinsicht können wir von den Männern lernen", sagte die Wissenschaftlerin.

Außerdem hätten Studien gezeigt, so die US-Expertin, daß Ärzte häufig die Schmerzen von Männern eher ernst nehmen als die von Frauen und sie daher entsprechend besser behandeln. Geschlechtsspezifische Unterschiede, erklärte Judith Turner, Psychologin und Schmerztherapeutin an der Washington School of Medicine in Seattle bei dem Wiener Schmerzkongreß, gäbe es aber nicht nur in der Schmerzempfindung: "Verschiedene Schmerzformen wie Migräne oder bestimmte Kieferschmerzen treten bei Frauen viel häufiger auf als bei Männern. Das ist vermutlich auf hormonelle Unterschiede zurückzuführen, hat aber auch mit der Struktur des weiblichen Organismus zu tun. Mädchen haben zum Beispiel viel häufiger Probleme mit den Kniegelenken als Buben." Auch unter Streß scheinen Frauen und Männer unterschiedlich zu reagieren. Karen Berkley: "Bei Frauen beobachten wir viel häufiger streßinduzierte Analgesien."

Die Ergebnisse der frauenspezifischen Schmerzforschung sind insgesamt noch widersprüchlich: Internationale Studien haben gezeigt, daß Frauen eine niedrigere Schmerzschwelle haben, Schmerzen stärker empfinden und öfter unter chronischen Schmerzen leiden.

Andererseits ist aber auch gut erforscht, daß bei Frauen vor und während der Geburt durch ein subtiles Zusammenspiel ihrer Hormone die Schmerzschwelle deutlich hinaufgesetzt ist und sie Wehen und Geburtsschmerzen deshalb als vergleichsweise weniger belastend erleben.

"Hier wird noch viel Forschung notwendig sein, um die genetischen Faktoren, die mit Schmerz zu tun haben, genau zu verstehen", meinte Karen Berkley. "Wahrscheinlich ist es weniger eine Frage, mit welchen Genen man geboren wird, sondern eher die Frage, wie diese Gene Moleküle steuern, die im Schmerzgeschehen eine Rolle spielen."

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