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News: Mäusemelken professionell

Milch ist gesund! Wie häufig ist diese Behauptung irgendwo zu hören. Doch schwierig wird es für jene Menschen, die bestimmte Inhaltsstoffe einfach nicht vertragen. Sie müssen auf dieses Nahrungsmittel entweder ganz verzichten oder auf entsprechend behandelte Milch zurückgreifen. Vielleicht kann ihnen jetzt geholfen werden - wenn die Milch nicht mehr von Kühen sondern von Mäusen kommt.
Menschliche Säuglinge können deswegen große Mengen an Milch und damit auch Lactose (Milchzucker) vertragen, weil sie in ihrem Verdauungstrakt das zugehörige abbauende Enzym Lactase erzeugen. Nach der Entwöhnung kommt es jedoch zu einer völlig normalen Abnahme bei der Produktion dieses Enzyms. Bei einem erheblichen Anteil der Erwachsenen sind die Mengen an Lactase, die erzeugt werden, so klein, daß sie nicht so viel Lactose verdauen können, wie man mit nur einem Glas Milch zu sich nimmt. Die unverdaute Lactose im Dünndarm verursacht Bauchweh, Ekel und Durchfall. Es kann zu einem schweren Wasserverlust im Körper kommen. Für diese weltweit etwa 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung, die an Lactoseunverträglichkeit leiden, wäre eine billige und einfach verfügbare Lactose-arme Milch also eine willkommene Option .

Zwar kann die Lactose aus der Milch entfernt werden, dieser Prozeß ist bisher jedoch teuer und umständlich. Bernard Jost und seine Kollegen vom Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale in Straßburg haben sich statt auf das Endprodukt auf den Erzeugungprozeß konzentriert. Sie veröffentlichten jetzt einen Bericht über die ersten Experimente an transgenen Tieren, die eine nahrhafte Lactose-arme Milch produzieren (Februar-Ausgabe 1999 von Nature Biotechnology).

Die französischen Forscher setzten sozusagen an der Quelle an: Sie haben Mäuse so manipuliert, daß in deren Brustdrüsen Lactase, gebildet wurde. Lactase wird normalerweise nur im Darm und nicht in der Brustdrüse erzeugt. Jost und seine Kollegen konstruierten ein Lactase-Transgen, das in Mäuse eingebracht werden kann und nur in den Brustzellen zur Produktion des Enzyms führt. Zu diesem Zweck wurde die DNA-Sequenz, die das Lactase-Protein codiert, mit einer regulatorischen DNA-Sequenz versehen, welche eine Aktivierung nur in milcherzeugenden Brustdrüsen zuließ. Weibliche Mäuse, die für dieses neue Gen transgen waren, erzeugten nicht nur in den Milch-produzierenden Zellen Lactase, sondern sie schieden sie auch in die Milch selbst ab.

Milch, die unmittelbar bei der Sekretion gesammelt wurde, wies 50 Prozent weniger Lactose auf als normal. Dieses Ergebnis ließ sich noch steigern, wenn sie sich zunächst in der Brustdrüse sammeln konnte. Dann fiel die Konzentration noch weiter auf einen Wert von circa 85 Prozent weniger Lactose als üblich. Der Protein- und Fettgehalt blieb davon unbeeinflußt. Anscheinend behielt die Milch auch ihren Nährwert, denn Mäusesäuglinge, die damit aufgezogen wurden, entwickelten sich völlig normal. Vielleicht könnte es also demnächst heißen: Auf zum Mäusemelken!

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