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Sonnenphysik: Magnetische Tornados heizen die Sonnenkorona

Simulation des Sonnenplasmas

Die äußere Sonnenatmosphäre, oder Korona, ist rund 300-tmal heißer als die Sonnenoberfläche. Bisher wissen Forscher nicht sicher, woher die Energie für diese unerwartet hohe Temperatur stammt und vor allem wie sie in die oberen Atmosphärenschichten gelangt – obwohl es zahlreiche Ideen gibt. Sven Wedemeyer-Böhm von der Universität Oslo und seine Kollegen liefern nun eine weitere: Ihre Beobachtungen und Computersimulationen legen nahe, dass magnetische Strukturen, die an einen Tornado erinnern, die nötige Energie in die Korona transportieren.

Magnetischer Tornado in der Sonnenatmosphäre | llustration eines magnetischen Tornados in der Sonnenatmosphäre, beobachtet mit dem Solar Dynamics Observatory der NASA (Hintergrundbild) und dem Swedish Solar Telescope auf den Kanaren (quadratische Bilder). Die bläulichen Bilder zeigen die Wirbelstruktur eines magnetischen Tornados. Eine Europakarte verdeutlicht deren Größe.

Mit dem Solar Dynamics Observatory der NASA entdeckten die Wissenschaftler 14 wirbelartige Gasströme in der Korona. Durchschnittlich dauerten die tornadoähnlichen Phänomene rund 13 Minuten an, berichten die Forscher. Im Gegensatz zu Luftwirbeln auf der Erde fallen die Gasstrudel auf der Sonne allerdings viele tausend Mal größer aus: Ihr Durchmesser beträgt typischerweise rund 1500 Kilometer. Ähnlich verwirbelte Gasströme ließen sich bereits auf der Photosphäre, also der sichtbaren Sonnenoberfläche, und der darüberliegenden Chromosphäre beobachten.

Die Wissenschaftler um Wedemeyer-Böhm fanden nun Hinweise darauf, dass die Wirbelstrukturen in den verschiedenen Gasschichten durch das solare Magnetfeld zusammenhängen. So stießen sie direkt unterhalb der koronalen Gaswirbel auf Bereiche in der Sonnenoberfläche, durch die vergleichsweise viele Magnetfeldlinien treten. Zudem vergrößere sich der Querschnitt der beobachteten Strukturen in höheren Schichten der Sonnenatmosphäre, was ebenfalls auf einen zusammenhängenden magnetischen Wirbel hindeute.

In dreidimensionalen numerischen Simulationen überprüfte das Team seine Hypothese. Als Energiequelle dient darin die thermische Konvektion im Sonneninneren, die zu Wirbelströmen im Plasma an der Oberfläche führen kann. Magnetische Feldlinien, die an solchen Stellen durch die Photosphäre treten, folgen den strudelnden Gasbewegungen während sie weiter nach außen laufen. Die verdrillten Feldlinien übertragen die Wirbelbewegung so schließlich auch auf das Gas in der Korona. Dabei wird nicht nur Energie, sondern auch Materie auf spiralförmigen Bahnen von der Photosphäre in die Korona geschleust, zeigt das Team in ihren Modellen.

Die magnetischen Tornados könnten den Berechnungen zufolge ausreichend Energie transportieren, um die Korona auf die beobachtete Temperatur von mehr als einer Million Grad Celsius aufzuheizen. Wedemeyer-Böhm und seine Kollegen vermuten anhand ihrer Funde, dass auf der ruhigen Sonne ständig mindestens 10 000 solcher Wirbelströme auftreten. Welche Rolle der von ihnen vorgeschlagene Transportmechanismus in Sonnenflecken spielt, ist bisher noch unklar. Auch wie die angelieferte Energie letztlich als Wärme in der Korona abgeführt wird, ist noch nicht bekannt.

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