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Magnetsinn: Magnetmikroskop soll versteckte Sinneszellen enttarnen

Lokalisiert: Magnetsinn der Forelle

Einen Magnetsinn kennt man seit Langem von vielen unterschiedlichen Tierarten – umso überraschender, dass die biophysikalischen Grundlagen der Magnetfeldorientierung noch alles andere als wissenschaftlich aufgeklärt sind. Viele, womöglich die meisten Magnetrezeptoren funktionieren mit kleinen, ferromagnetischen Partikeln in spezialisierten Rezeptorzellen – wo diese Sensoren aber genau liegen, ist oft nur sehr schwer herauszufinden. Da könnte, meinen Forscher, ein Magnetmikroskop Abhilfe schaffen, das den Minimagneten der Rezeptorzellen beim Arbeiten zuschaut.

Lokalisiert: Magnetsinn der Forelle | Im Konfokalmikroskopbild erkennt man eine Zelle aus dem Riechepithel der Forelle, die durchaus als Magnetrezeptor funktionieren könnte. Die gepunktete Linie zeigt ihren Umriss, blau ist der Zellkern, weiß ein Magnetitkristall gezeigt. Der gelbe Kasten zeigt vergrößert das Reflexionssignal des Magnetits.

Den Wissenschaftlern um Michael Winkelhofer von der LMU in München gelang es mit ihrem Testgerät, die Magnetsinneszellen der Forellen zu lokalisieren, deren genaue Lage bislang noch umstritten war. Die Forscher bastelten dazu ein Mikroskop so um, dass um die Fokusebene ein rotierendes Magnetfeld kreiste. Unter der Optik beobachteten sie dann die Zellen aus Gewebe von Forellen, in dem sie die Magnetrezeptoren der Tiere vermuteten. Magnetrezeptive Zellen mit ihrem ferromagnetischen Inhalt verraten sich dabei, weil sie mit dem angelegten Magnetfeld zu rotieren beginnen.

Die Forellen nehmen demnach das Magnetfeld in ihrer Nase wahr: Dort finden sich in spezialisierten Zellen magnetische Eisenoxidkristalle, so genannte Single-Domain-Teilchen, die sich durch ein eigens, permanentes magnetisches Moment am äußeren Magnetfeld ausrichten. Solche Partikel erlauben eine stabile Wahrnehmung des Magnetfelds, die nicht zum Beispiel vom Wärmerauschen gestört wird. Offensichtlich sind die Partikel fest in die Membran der Zellen eingebunden: Ihre Rotation im angelegten rotierenden Magnetfeld zieht die gesamte Zelle mit, was unter dem Mikroskop gut zu erkennen ist. Im lebenden Organismus setzt der Rezeptor die mechanischen Belastungen durch den Drehzug des Kristalls dann in der Membran in biologische Signale um, die das Nervennetz speisen. Schon zuvor hatten Forscher vermutet, dass die Magnetsinneszellen in der Nasengrube der Forellen liegen könnten: So war etwa gezeigt worden, dass von dort tatsächlich Nervensignale ausgehen, deren Stärke von der Intensität der äußeren Magnetreize abhängen.

Die Mikroskopmethode dürfte sich gut eignen, auch andere, bisher nicht genau lokalisierbare Magnetsinneszellen von verschiedenen Organismen aufzuklären – solange sie auf Magnetitkristallen basieren. Diese Sinneszellen mancher Arten kommen allerdings womöglich auch ganz ohne magnetische Partikel aus: Sie könnten nach einer gängigen, aber nicht experimentell bestätigten Hypothese auf der Basis von magnetsensitiven chemischen Reaktionen funktionieren.

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  • Quellen
Proc. Natl. Acad. Sci. 10.1073/pnas.1205653109, 2012

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