Steinzeit: Im Einbaum nach Malta

Spätestens vor 8500 Jahren – und damit mindestens ein Jahrtausend früher als bislang bekannt – ließen sich Menschen auf Malta nieder. Das zeigen die Ergebnisse einer Ausgrabung auf der isolierten Mittelmeerinsel, die nun im Fachblatt »Nature« veröffentlicht wurden. Darin präsentiert das Team um Eleanor Scerri vom Max-Planck-Institut für Geoanthropologie in Jena seine Funde von der Fundstelle Latnija in der Region Mellieħa im Norden Maltas.
Bei ihren Ausgrabungen in den Jahren 2021 bis 2023 kamen unter anderem Steinwerkzeuge und Feuerstellen zu Tage. Überreste zeigen, dass sich die Menschen von Meeressäugern, Schnecken und Fischen ernährten. Aber auch eine Zwergform des Rothirschs lebte offenbar in großer Zahl auf der Insel und diente wohl als Jagdwild.
Zuvor stammten die ältesten gesicherten Belege menschlicher Anwesenheit auf Malta von Ackerbauern – deren Ursprünge auf Sizilien lagen. Fachleute hatten angenommen, dass die karge Insel für Wildbeuter zu unattraktiv gewesen sei. Das scheint jedoch nicht der Fall gewesen zu sein, wie die neuen Funde nahelegen.
Bereits eine Mitte März 2025 veröffentlichte Genstudie wies nach, dass es Austausch zwischen Sizilien und der nordafrikanischen Küste gab. Auch die kleine Insel Pantelleria, die Obsidian als wertvollen Rohstoff lieferte, wurde angesteuert.
Heute gilt Malta als isolierteste Insel des Mittelmeers: Bis zur nächstgelegenen Küste sind es etwa 85 Kilometer Luftlinie. Wählt man eine Route, die Strömungen und vorherrschende Winde einpreist, dann mussten die steinzeitlichen Reisenden in ihren Einbäumen wohl sogar an die 100 Kilometer paddeln.
Allerdings war Malta nicht immer so abgeschnitten. Auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit erstreckte sich noch eine Landbrücke nach Sizilien, die vor rund 13 000 Jahren vom steigenden Meeresspiegel überschwemmt wurde. Nicht auszuschließen sei, dass die Jäger und Sammler vom Fundplatz Latnija auf viel ältere Gruppen zurückgingen, die Malta Jahrtausende zuvor trockenen Fußes erreicht hatten und dann vom steigenden Mittelmeer abgeschnitten wurden, schreibt der Archäologe Dylan Gaffney von der University of Oxford in einem begleitenden Kommentar in »Nature«. Alternativ könnten regelmäßige Besucher der Insel ab einem bestimmten Zeitpunkt auf Boote übergewechselt sein, um jene stets länger werdenden Partien der Landbrücke zu überwinden, die bereits überflutet waren.
Selbst vor 8500 Jahren, also zum Zeitpunkt der nun nachgewiesenen Besiedlung, könnten zwischen Sizilien und Malta noch kleinere Inseln oder Flachwasserbereiche bestanden haben, die eine Überfahrt erleichtert hätten, erklärt Emanuele Lodolo vom Istituto Nazionale di Oceanografia e di Geofisica Sperimentale in Triest in einer E-Mail. Genau wissen könne man dies mangels hoch aufgelöster Daten von Meeresgrund nicht.
Wie Scerri und Kollegen schreiben, könne man zwar Malta von den höchsten Erhebungen Siziliens sehen. Trotzdem kam die Fahrt zu der weit hinter dem Horizont liegenden Insel wohl einem Aufbruch ins Ungewisse gleich. Den ganzen Tag und den Gutteil einer Nacht habe die Überquerung im günstigsten Fall gedauert.
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