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Marsforschung: Mars Express blickt auf Flussdelta

Krater Eberswalde mit Delta
Krater Eberswalde mit Delta | Die Aufnahme zeigt ein fossiles Flussdelta am Rand des Kraters Eberswalde und mehrere verschlungene Kanäle, die es einst mit Wasser gespeist haben.
Es ist der wohl inspirierendste Gedanke bei der Erforschung des Mars, dass unser Nachbarplanet einst Wasser und damit eine der Grundvoraussetzungen für die Entwicklung von Leben an seiner Oberfläche beherbergt haben könnte. Neue Bilder der Sonde Mars Express der ESA zeigen nun die gut erhaltenen Reste eines Flussdeltas, das vermutlich einmal ein Kratersystem mit Wasser gefüllt hat. Damit stehen hochauflösende Farbbilder eines Gebiets zur Verfügung, das eine zentrale Rolle bei der Erforschung der wasserreichen Vergangenheit unseres Nachbarplaneten spielt.

Schrägansicht des Kraters Eberswalde | Diese Schrägansicht des Kraters Eberswalde zeigt das System aus Flüssen und Flussdelta am oberen Rand des Kraters. Links grenzt der Holden-Krater an, dessen Auswürfe den Eberswalde-Krater größtenteils verschüttet haben. Nur der rechte Kraterrand ist noch intakt.
Der Krater Eberswalde, der auf den Aufnahmen zu sehen ist, gilt als eines der wichtigsten Zielgebiete auf der Suche nach möglichen Spuren von Leben auf dem Mars. Bereits im Jahr 2002 nahm die Sonde Mars Global Surveyor der NASA die ersten gut aufgelösten Bilder eines Flussdeltas an seinem westlichen Rand auf. Als die ausgewerteten Daten ein Jahr später der Öffentlichkeit präsentiert wurden, waren die Strukturen im damals noch namenlosen Krater der erste unzweifelhafte Beweis, dass einst eine Flüssigkeit und damit wahrscheinlich Wasser über längere Zeiträume auf dem Mars geflossen ist und Sedimente transportiert und abgelagert hat.

Die Bilder von Mars Express zeigen das etwa 115 Quadratkilometer große Gebiet im südlichen Hochland des Mars nun in einer Auflösung von 22 Metern pro Bildpunkt. Auch eine Schrägansicht wurde aus den Stereokanälen der HRSC-Kamera berechnet, die am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelt wurde, wo auch die Daten aufbereitet werden. Ein schwarzweißer Kanal des Kamerasystems blickt senkrecht auf die Marsoberfläche und ermöglicht die höchste Auflösung. Schräg durch die Optik blickende Kanäle der CCD-Kamera liefern zusätzliche Farbinformationen und dreidimensionale Bilder der Oberfläche.

Anaglyphenbild der Krater Holden und Eberswalde | Mit Hilfe einer 3D-Brille lassen sich auf dieser Aufnahme Holden- und Eberswalde-Krater betrachten. Norden liegt auf diesem Bild rechts.
Der Krater Eberswalde entstand vor mehr als 3,7 Milliarden Jahren im so genannten Noachium, einer feuchten Periode in der frühen Geschichte des Mars, in der er durch zahlreiche Meteoriteneinschläge und vulkanische Aktivität geformt wurde. Der Krater wurde im Jahr 2004 auf den Vorschlag eines Ingenieurs der Technischen Universität Berlin nach einer Stadt im Bundesland Brandenburg mit 41 000 Einwohnern benannt. Von seinem mehr als doppelt so großen Nachbarn, dem Krater Holden, wurde er bei dessen Entstehung teilweise verschüttet. Danach, und möglicherweise auch durch direkt vom Holden-Einschlag ausgelöste Ereignisse, wurde Eberswalde mit immensen Wassermengen geflutet, wobei sich das Flussdelta an seinem Rand bildete.

Viele Verästelungen und teilweise übereinander laufende Ströme verschiedenen Alters deuten darauf hin, dass der Fluss lange Zeit Bestand hatte und durch die Ablagerung von Sedimenten und Geröll seine Gestalt immer wieder veränderte. Das Flussdelta erscheint uns heute nur noch als invertierter Abdruck. Im Lauf der Zeit wurden Sedimente im Flussbett abgelagert, die nach dessen Austrocknung wie Beton aushärteten und beständiger gegen die Erosion durch Marswinde waren als die umgebenden Uferbereiche.

Der 2003 gestartete Mars Express ist die erste europäische Marsmission. Das Landegerät Beagle 2 wurde nach vergeblichen Versuchen zur Kontaktaufnahme für verloren erklärt, die Mission der Mars-Sonde selbst hingegen war bisher äußerst erfolgreich und wurde über die ursprüngliche Dauer der Primärmission von etwa zwei Erdjahren hinaus insgesamt fünfmal verlängert, aktuell bis mindestens 2012. Mars Express zeichnet sich unter anderem durch seine hochauflösende Stereokamera aus. Als bisher einzige Marssonde kann sie ein farbiges dreidimensionales Oberflächenmodell des Mars erstellen. Das wichtigste Ziel der Mission Mars Express ist die Suche nach Spuren der nassen Vergangenheit des Mars. Die Sonde ist auch mit Instrumenten ausgestattet, die noch kilometertief unter die Oberfläche blicken können.

Trotz der neuen Bilder, die während eines Überflugs der Sonde am 15. August 2009 aufgenommen wurden, wird der Krater Eberswalde in absehbarer Zeit keinen Besuch von der Erde erhalten. Wie auch sein Nachbar, der Holden-Krater, war er wegen seines Reichtums an Ton und verschiedener abgelagerter Sedimente eines von vier möglichen Zielen der Mars Science Laboratory Mission der NASA mit ihrem Landegerät Curiosity, die im November 2011 starten soll. Im Juli 2011 wurde dafür der Krater Gale ausgewählt, von dem Astronomen ebenfalls annehmen, dass er einst einen See beherbergt hat. Der Eberswalde-Krater wird seine Geheimnisse weiterhin nur aus der Ferne preisgeben.

Mike Beckers

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