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Verhaltensforschung: Marshmallowtest für Kakadus

Papageien gedulden sich, wenn sie lohnende Häppchen erwarten dürfen.
Goffinkakadu im Test

Man setze vier- bis sechsjährige Kinder vor ein Marshmallow, verspreche ihnen ein zweites, wenn sie sich ein paar Minuten mit dem Verzehr gedulden – und beobachte dabei ihre Reaktion. Mit diesem Experiment lernten Forscher vor einigen Jahren nicht nur etwas über die Selbstkontrolle der Kleinen, seitdem erheitern dabei gedrehte Videos auch Millionen Internetnutzer. Alice Auersperg von der Universität Wien und ihre Kollegen haben sich davon inspirieren lassen und getestet, ob auch Goffinkakadus (Cacatua goffini) sich beherrschen und abwarten, wenn sie im Austausch gegen bereits gewährte Nüsse noch bessere Leckerbissen bekommen können.

Goffinkakadu im Test | Im Rahmen des Tests bekamen die Vögel zuerst eine Pekannuss angeboten; sie durften diese aber gegen einen höher geschätzten Cashewkern eintauschen, wenn sie sich geduldeten – was den Kakadus erstaunlich oft gelang.

Außer beim Menschen konnte dieses Verhalten bislang nur bei wenigen anderen Tierarten nachgewiesen werden – außer bei Primaten zum Beispiel noch bei Rabenvögeln. Da auch Papageien zu großen kognitiven Leistungen fähig sind, testeten Auersperg und Co, ob die kleinen Kakadus von der indonesischen Insel Tanimbar vernünftige Entscheidungen treffen, mit denen sie ihren Lohn maximieren – Graupapageien hatten zuvor bei diesem Test versagt. Im Versuch durften die Goffinkakadus ein erstes Futterstück nehmen, doch konnten sie dieses gegen eine größere Anzahl davon oder qualitativ bessere Leckereien austauschen. Die Zeit zwischen der ersten und der zweiten Gabe wurde dabei von den Forschern nach und nach verlängert, um herauszufinden, wie lange die Vögel dieses Spiel mitmachen.

Zuerst bekamen die Tiere eine Pekannuss angeboten, die sie normalerweise gerne fressen. Gleichzeitig zeigten ihnen die Forscher den Inhalt der anderen Hand, die beispielsweise entweder mehr Pekannüsse oder einen noch stärker bevorzugten Cashewkern hielt. Dann durften die Kakadus die zuerst gezeigte Nahrung aufnehmen, während die andere Hand mit der potenziellen Belohnung zurückgezogen wurde, so dass sie sich außerhalb der Reichweite der Tiere befand. Die Vögel mussten maximal rund zweieinhalb Minuten warten, bis sie ihre Beute austauschen konnten.

Tatsächlich gelang es allen 14 teilnehmenden Kakadus, sich bis zu 80 Sekunden zu gedulden, wenn statt der Pekannuss der Cashewkern winkte: Sie konnten sich also zurückhalten, auch wenn sie dabei etwas schlechter abschnitten als Rabenvögel, die es bis zu fünf Minuten schafften. Etwas schlechter fiel dagegen das Ergebnis aus, wenn es um reine Massenunterschiede ging: Acht der 14 Versuchstiere beherrschten sich immerhin bis zu 20 Sekunden lang, wenn sie statt einer zwei Pekannüsse bekommen konnten – was sie klar von den Raben abgrenzte, die bei diesem Test im Prinzip versagten und maximal zwei Sekunden durchhielten.

© Alice Auersperg
Kakadus im Nusstest

"Wenn sie bessere Qualität erwarten dürfen, verhalten sich unsere Goffinkakadus erstaunlich rational und gewinnorientiert. Sie können flexibel zwischen sofortigem und späterem Gewinn abwägen", so Auersperg. Umgekehrt verzichteten die Tiere auf einen Tausch, wenn sie stattdessen bessere gegen schlechtere Qualität wandeln hätten müssen. Dabei mussten die Vögel bei ihrem Handeln mit einer besonderen Schwierigkeit umgehen, fügt Auersperg abschließend an: "Während Kinder oder Menschenaffen den zuerst gereichten Leckerbissen in der Hand halten können, mussten die Kakadus diese mit ihrem Schnabel aufnehmen – und damit in unmittelbarer Nähe der Geschmackssinneszellen auf der Zunge." Und dennoch widerstanden sie der Versuchung.

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