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Anthropologie: Massenmord hinterlässt Hinweise auf Familienleben der Neandertaler

Ausgrabungen in El Sidron
1994 fand man die ersten Knochen von zwölf getöteten Männern, Frauen und Kindern in einer Höhle in Nordspanien. Untersuchungen der DNA belegen nun, dass es sich um einen Familienclan handelte und erlauben Spekulationen über prähistorische Verwandtschaftssysteme.

Forscher des Institute of Evolutionary Biology ... | ... bei der Arbeit in der Höhle in El Sidrón in Nordspanien.
Das Forscherteam um Carles Lalueza-Fox vom Institute of Evolutionary Biology in Barcelona untersuchte die 49 000 Jahre alten Skelette. Die Gebeine wurden mit Steinwerkzeugen abgeschabt und dann aufgebrochen, um an das Mark zu gelangen – wahrscheinlich ein Fall von Kannibalismus. Mehr noch interessierte die Forscher aber das Erbgut der Opfer.
In der Höhle fanden sich ... | ... die Knochen einer ganzen Neandertaler-Familie.


Die mitochondriale DNA zeigt eine gemeinsame mütterliche Abstammungslinie aller Männer an, nicht jedoch der Frauen. Lalueza-Fox zufolge deuten die Befunde darauf hin, dass Neandertaler in kleinen patrilokalen Gruppen lebten. Das heißt, ein Clan bestand aus blutsverwandten Männern, deren Frauen aus anderen Sippen kamen. Insgesamt ähnelt sich das Erbgut aller Toten jedoch sehr. Dies bestätigt die Vermutung, dass Neandertaler noch weniger Variationen in ihrem Genmaterial aufwiesen als moderne Menschen.

Die Befunde liefern mögliche Erklärungen für das Verschwinden der Neandertaler. Die geringe genetische Vielfalt könnte unsere Verwandten empfindlicher gegen bestimmte Krankheiten gemacht haben. Das Leben in kleinen isolierten Gruppen bot weniger Möglichkeiten Informationen auszutauschen, gemeinsam Nahrung zu beschaffen oder Handel zu treiben. Ob dieser einzelne Fund aber Rückschlüsse auf die Lebensweise aller Neandertaler erlaubt, ist mehr als fraglich.

Julian Willuhn

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