Mehr Pixel als gedacht: Wie scharf das Auge wirklich sieht

Das menschliche Auge kann viel mehr Details unterscheiden, als man bislang wusste. Das zeigt eine Studie, die im Fachblatt »Nature Communications« erschienen ist. Für das Heimkino lohnt sich die Pixeljagd trotzdem nur begrenzt.
Ein Team um den Informatiker Rafał K. Mantiuk von der University of Cambridge wollte wissen, wo die tatsächliche Sehgrenze liegt, also ab wann ein Bild für uns auch bei genauem Hinsehen nicht mehr schärfer wirkt. Dafür entwickelte es ein präzises Setup mit einem motorisierten Bildschirm, dessen Entfernung zur Versuchsperson millimetergenau verändert werden konnte. 18 Menschen mit normaler oder korrigierter Sehkraft betrachteten schwarz-weiße und farbige Testmuster im Zentrum und am Rand des Blickfelds.
Das Ergebnis: In der Bildmitte liegt die maximale wahrnehmbare Auflösung im Schnitt bei rund 94 Pixeln pro Grad Sehwinkel (ppd) – und damit deutlich höher als der lange gültige Standard von 60 ppd. Einzelne Teilnehmende erreichten sogar bis zu 120 ppd. Für Farben zeigte sich ein differenziertes Bild: Rot-Grün-Muster wurden fast ebenso fein aufgelöst wie Schwarz-Weiß, Gelb-Violett dagegen deutlich gröber.
Wer vor einem 4K- oder 8K-Fernseher sitzt, profitiert von der höheren Auflösung jedoch trotzdem nur, wenn der Abstand sehr klein ist – bei 8K unterhalb von 1,3 Bildschirmhöhen. Im Klartext: Wer drei Meter vom Fernseher entfernt sitzt, sieht bei einem 65-Zoll-Gerät kaum noch einen Unterschied zwischen 4K und 8K. Anders ist es bei Virtual- oder Augmented-Reality-Brillen, die dicht vor dem Auge getragen werden: Dort sind zusätzliche Pixel durchaus sinnvoll, weil sie tatsächlich sichtbar sind.
Lohnt sich 4K oder 8K für mich überhaupt?
Um die Erkenntnisse praktisch nutzbar zu machen, haben die Forschenden einen kostenlosen Onlinerechner entwickelt. Wer dort den Abstand zwischen seinem Sofa und seinem Fernsehscreen eingibt, erfährt, welches Gerät am besten zum eigenen Wohnzimmer passt – also, ob sich 4K oder 8K wirklich lohnen.
Interessant ist auch die Erkenntnis, dass der Rot-Grün-Kanal des Auges empfindlicher ist, als Forscher bislang wussten. Die weit verbreitete Praxis, Farbinformationen in Fotos oder Videos zu stark zu komprimieren, könnte also feine Farbverläufe oder Texturen beeinträchtigen – besonders bei hochwertigen Displays.
Die Studie zeigt: Das menschliche Auge ist ein erstaunlich präzises Messinstrument. Aber nicht jede technische Aufrüstung lohnt sich.
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