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Medienwirkungsforschung: Immer mehr Morde in Filmen

Nicht nur Krimis, sondern alle Arten von Filmen drehen sich zunehmend um Mord und Totschlag. Das zeigt eine KI-Analyse von Dialogen aus den vergangenen 50 Jahren.
Hand mit Messer bereit zum Mord
Was einem früher vornehmlich beim Duschen in abgelegenen Motels widerfahren ist, passiert heute immer öfter – zumindest im Film.

In Filmproduktionen geht es immer häufiger um tödliche Gewalt. Das zeigt eine Studie, bei der ein Forschungsteam eine umfangreiche Datenbank von Dialogen analysiert hat. Die Gruppe um Kommunikationswissenschaftler Brad Bushman von der Ohio State University durchsuchte mit Hilfe von maschinellem Lernen mehr als 160 000 Untertitel englischsprachiger Filme, die von 1970 an produziert wurden. Dort identifizierte der KI-Algorithmus die Zahl an »mörderischen Verben« – so nennt das Team Begriffe wie »ermorden« oder »töten«, die in Unterhaltungen auftauchten. Die Fachleute stellten über die vergangenen fünf Jahrzehnte einen Aufwärtstrend bei der Verwendung solcher Wörter fest, und zwar nicht nur bei Krimis. Auch in anderen Genres sprechen die handelnden Personen öfter über das Töten.

Im Rahmen der Studie griff das Team auf die Datenbank von opensubtitles.org zurück und suchte nach mörderischen Verben, die in passenden Zusammenhängen geäußert wurden: Nur die aktive Verwendung zählte, nicht etwa Verneinungen oder Fragen. Das war immer häufiger der Fall und über den gesamten Zeitraum hinweg bei sieben Prozent der Filme. Wie die Forscher betonen, sei das eine konservative Schätzung für die Gewaltdarstellungen, wegen des eng gefassten Fokus auf spezielle Äußerungen in Dialogen.

Bisherige derartige Analysen beschränkten sich notgedrungen oft auf eine relativ kleine Auswahl an Filmen, zum Beispiel die beliebtesten Kinofilme der jeweiligen Jahre. Dank der jüngsten Fortschritte bei maschinellem Lernen müssen (oder dürfen) die Fachleute nicht mehr alle Filme selbst sehen und beurteilen, sondern sie können Datenbanken automatisiert auswerten. Bisher habe, so die Autoren, keine andere Studie eine so große Zahl von Filmen untersucht.

Welchen Einfluss Gewaltdarstellungen in den Medien haben, insbesondere auf Jugendliche, ist in der Wissenschaft umstritten. Wer häufig solche fiktiven Inhalte sehe, so eine oft geäußerte Befürchtung, könne gegenüber realen Aggressionen abstumpfen oder sie gar als Handlungsmuster übernehmen. Das ist aber schwierig nachzuweisen. Bushman erforscht schon länger solche Zusammenhänge und bezeichnete beispielsweise in einer früheren Untersuchung die Darstellung von Gewalt zumindest als Risikofaktor. Seine aktuelle Veröffentlichung zeigt, dass maschinelles Lernen ein Werkzeug bietet, um solche Analysen auf eine größere Datenbasis zu stellen.

  • Quellen
JAMA Pediatrics 10.1001/jamapediatrics.2024.5741, 2024

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