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Megafauna: Von wegen reiner Vegetarier

Heutige Faultiere sind ziemlich gemütliche Pflanzenfresser. Deshalb dachte man dies auch von ihren ausgestorbenen Verwandten, den bärengroßen Riesenfaultieren. Das war aber falsch.
Mylodon frisst Aas

Heute leben nur noch sechs, eher kleine Faultierarten in den Kronenräumen süd- und zentralamerikanischer Regenwälder. Doch bis zum Ende der letzten Eiszeit vor rund 10 000 Jahren stapften bärengroße Vertreter durch die Lebensräume Amerikas: die Riesenfaultiere. Bislang galten sie wie ihre überlebenden Verwandten als reine Vegetarier, die sich von Blättern und anderem Grünzeug ernährten. Doch zumindest für eine Art scheint das nicht zuzutreffen, wie Julia Tejada von der Université de Montpellier und ihr Team in den »Scientific Reports« schreiben: Mylodon darwinii fraß regelmäßig zumindest Aas, wie eine Analyse von Fellresten ergab.

In die Fellfasern eingelagert fanden sich Aminosäurereste, die Rückschlüsse auf die Ernährung der Tiere gaben. »Ob es sich um gelegentliche Aasfresser oder opportunistische Konsumenten von tierischen Proteinen handelte, können wir mit der Untersuchung nicht feststellen. Aber sie widerlegt, dass alle Faultiere reine Pflanzenfresser waren«, sagt Tejada. Neben Aas könnte Mylodon darwinii also auch Insekten wie Raupen oder Ameisen oder Vogeleier in größerer Menge aufgenommen haben.

Für die Annahme, dass sie reine Veganer waren, sprachen bisherige Untersuchungen an Zähnen, Kieferknochen und versteinerten Exkrementen. Verwesendes Fleisch oder Insekten ohne Chitin hinterlassen jedoch nicht unbedingt Spuren im Kot, wenn sie vollständig verdaut werden. Diese Nahrung weist jedoch ein typisches Stickstoffisotopenprofil aus, das in Haaren oder Nägeln eingelagert wird. Die Analyse wies charakteristische Profile bei Mylodon darwinii nach, die auf tierische Nahrung hinweisen. Bei der verwandten Art Nothrotheriops shastensis war dies hingegen nicht der Fall: Hier entsprach die Isotopenverteilung derjenigen heutiger Faultiere, die eine rein pflanzliche Ernährung pflegen.

Manche Paläontologen hatten bereits zuvor gemutmaßt, dass die südamerikanischen Ökosysteme die große Zahl an Pflanzen fressenden Säugetierarten eigentlich gar nicht hätten ernähren können. Manche dieser Tiere hätten also auch tierische Nahrung aufnehmen müssen, so die These. Der Fund von Tejada und Co stützt diese Ansicht nun. Die Vertreter der Gattung Mylodon wurden drei bis vier Meter lang und wogen bis zu zwei Tonnen. Sie wurden also deutlich größer und schwerer als heutige Grizzlybären. Womöglich nahmen sie die ökologische Nische der alles fressenden Bären in Südamerika ein, wo es heute nur in den Anden den Brillenbär gibt. Die Riesenfaultiere starben am Ende der letzten Eiszeit aus, wahrscheinlich wegen einer Kombination aus Klimawandel und Überjagung durch die einwandernden Menschen.

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