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News: Mehr als ein Lückenbüßer

Noch lässt der Wirkungsgrad von Solarzellen zu wünschen übrig. Zu viel Lichtenergie geht in Form von Wärme unnütz verloren. Ein Halbleiter, der sich bereits bei Leuchtdioden bewährt hat, könnte nun auch den Solarzellen auf die Sprünge helfen.
Sonnenspektrum
Strom aus Sonnenlicht – Solarzellen machen diesen Traum wahr. Allerdings besitzen diese Stromquellen auch einige Nachteile: So ist ihre Herstellung häufig aufwändig und folglich teuer. Um beispielsweise ein ganzes Dach mit den Energiewandlern zu bedecken, muss tief in die Tasche gegriffen werden, denn zehn Quadratmeter Modulfläche kosten je nach Ausführung 6000 bis 10 000 Euro und liefern dabei im besten Fall eine Leistung von rund einem Kilowatt.

Leider ist auch der Wirkungsgrad von Solarzellen noch nicht wirklich zufrieden stellend. In der Regel wandeln sie lediglich 10 bis 15 Prozent der Lichtenergie in Strom – Spitzenwerte aus dem Labor liegen etwa bei maximal 25 Prozent. Das Problem ist die so genannte Energie- oder Bandlücke des Halbleitermaterials, aus dem die Zelle besteht.

Denn die Umwandlung der Strahlungsenergie in Elektrizität beruht darauf, Elektronen aus dem niederenergetischen Valenzband über die Bandlücke hinweg in das höherenergetische Leitungsband des Halbleiters zu heben. Dazu muss jedoch die Energie der Photonen stimmen. Ist sie zu klein, dann passiert das Lichtteilchen den Halbleiter ungehindert. Ist sie zu groß, dann wird es zwar absorbiert, die überschüssige Energie geht jedoch in Form von Wärme nutzlos verloren.

Es gilt also, einen Halbleiter zu finden, der möglichst effizient das Sonnenspektrum nutzt. Offenbar haben nun Physiker des Lawrence Berkeley National Laboratory ein solches Material entdeckt: Indium-Nitrid beziehungsweise die Verbindung Indium-Gallium-Nitrid. Denn anders als bisher angenommen, besitzt Indium-Nitrid keine Bandlücke von zwei Elektronenvolt – entsprechend rotem Licht –, sondern eine von etwa 0,7 Elektronenvolt – entsprechend dem nahen Infrarot.

Außerdem lässt sich die Lücke kontinuierlich vergrößern, indem immer mehr Indium- durch Gallium-Atome ersetzt werden. Das Maximum – 3,4 Elektronenvolt – ist erreicht, wenn reines Gallium-Nitrid vorliegt. Die Bandlücke entspricht in diesem Fall einer Wellenlänge innerhalb des nahen Ultraviolett. "Es ist so, als hätte die Natur dieses Material absichtlich für das Sonnenspektrum geschaffen", erklärt Wladek Walukiewicz.

Die unerwartete Entdeckung gelang Walukiewicz und seinen Kollegen, als sie ein zur Solarzelle komplementäres Bauelement untersuchten: die Leuchtdiode. Deren Aufbau ist ganz ähnlich, doch anstelle Strom zu produzieren, nutzt sie die elektrische Energie, um Licht zu erzeugen. Gerade den Halbleitern aus Indium-Gallium-Nitrid ist es zu verdanken, dass es seit Anfang der neunziger Jahre auch Leuchtdioden mit blauem Licht gibt. Doch auch langwelligeres Licht sollte damit möglich sein, wenn der Anteil an Indium entsprechend erhöht wird. "Aber obwohl für Indium-Nitrid eine Bandlücke von zwei Elektronenvolt festgestellt wurde, konnte niemand Strahlung mit dieser Energie messen", erzählt Walukiewicz. "Auch unsere Anstrengungen waren vergebens."

Untersuchungen an hochreinen Indium-Nitrid-Proben brachten nun die Wahrheit ans Licht: Zwar emittierten auch diese Kristalle kein Licht bei zwei Elektronenvolt. "Aber als wir auf kleinere Bandlücken achteten, war da auf einmal Licht", erinnert sich Walukiewicz.

Da sich durch die Gallium-Konzentration leicht die Größe der Bandlücke einstellen lässt, kann man vergleichsweise einfach eine zweikomponentige Solarzellen herstellen, die einen großen Teil des Sonnenspektrums abdeckt. So eine Zelle würde mit einer Bandlücke von 1,1 und 1,7 Elektronenvolt dann sogar an den theoretischen Maximalwert für den Wirkungsgrad solcher Doppelzellen heranreichen: 50 Prozent. Zum Vergleich: Die besten zweilagigen Solarzellen erreichen heute gerade mal 30 Prozent – und deren Herstellung ist ungleich schwieriger, da die Kristallgitter der unterschiedlichen Lagen häufig so gar nicht zueinander passen wollen.

Neben den guten elektrischen Eigenschaften bietet Indium-Gallium-Nitrid einige weitere Vorteile: Seine Wärmekapazität ist so schlecht, dass große Wärmeverluste nicht zu befürchten sind. Ferner ist das Nitrid äußerst strahlungsbeständig – ideal geeignet also für die Solarpaneele von Satelliten und Raumfahrzeugen. Da laut Walukiewicz auch die Herstellungskosten moderat zu sein scheinen, stünde dem Siegeszug der Indium-Gallium-Nitrid-Solarzelle wohl nichts im Wege. Doch erst muss das Material beweisen, dass es tatsächlich so gut Strom erzeugt wie Licht.

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